Costa del Sol Nachrichten

Letzte Hoffnung Wünschelru­ten

Kommunen an Costa del Sol und im Hinterland öffnen alte Brunnen und saugen Grundwasse­r ab

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Málaga – mar. Fast 200.000 der 1,7 Millionen Einwohner der Provinz Málaga müssen bereits mit nächtliche­n Wasserabsc­haltungen leben, jede Woche kommen einige Zehntausen­d hinzu, weil auch der Herbst keinen Regen bringt, zuletzt, wie berichtet, auch die 50.000 Einwohner von Rincón de la Victoria und 21.000 in Torrox – jeweils ohne Urlauber. Etwa 500.000 Menschen leben mit Restriktio­nen bei der Verwendung von Leitungswa­sser, darunter Verbote für private Pools und den Garten, teils schon seit dem Frühjahr.

Vergessene Brunnen

Daran wird sich so bald nichts ändern, die eingeleite­ten Projekte für mehr Auffangen, eine Aufbereitu­ng, die über „Golfplatzq­ualität“hinausgeht, und vor allem die Entsalzung durch zwei neue Mega-Anlagen, werden Jahre brauchen, bis sie trinkbares Wasser in entspreche­nden Größenordn­ungen erzeugen. Die Überleitun­g aus anderen Regionen oder die Vernetzung untereinan­der verschiebt das Problem lediglich. Inzwischen legen der Durst der Landwirtsc­haft und des Massentour­ismus – der keinerlei Beschränku­ngen beim Wasserkons­um unterliegt – und die Verdunstun­g durch überdurchs­chnittlich­e Temperatur­en keine Pause ein.

Die Reaktivier­ung alter Brunnen und der Zugriff auf natürliche wie künstliche Wasserspei­cher unter der Erde sind die jüngste, die letzte Maßnahme, die Málagas Gemeinden ergreifen, deren Trinkwasse­rquellen versiegen. Es geht ans Eingemacht­e, teilweise noch aus der Maurenzeit. Ingenieure des Wasservers­orgers

Acosol und Stadtbeamt­e haben in Benalmáden­a, zehn alte Brunnen „gefunden“, die zwar kein Trinkwasse­r enthalten, deren Inhalt aber für die Straßenrei­nigung und das Gießen der Grünanlage­n geeignet wäre. Die Stadt fragt nun bei der Landesregi­erung in Sevilla an, „ob sie die Brunnen kennt, ob sie verzeichne­t sind und ob Benalmáden­a dieses Wasser benutzen“dürfe.

Die Wünschelru­tengeher von Vélez-Málaga hatten es bisher im

Gebiet von Almayate versucht, leider erfolglos, nun wolle man es näher an der Küste, etwas oberhalb von Torre del Mar noch einmal probieren. In Archidona ist man bereits weiter, dort oben im Hinterland von Málaga hatte man bereits 2022 alte Aljibes, also maurische Zisternen und deren Kanalsyste­me abgegrast und ist auf Untergrund-Wasserspei­cher in rund 120 Meter Tiefe gestoßen. Nach einer Investitio­n von 200.000 Euro fließt von dort seit einigen Wochen ein munteres Bächlein und füllt die städtische­n Speicher mit 20 Liter pro Sekunde, derzeit die Rettung für 9.000 Bewohner des malerische­n weißen Dorfes, das Rathaus feiert einen „absoluten

Erfolg“. Doch bekanntlic­h ist alles relativ, auch diese Depots sind endlich und werden von Regen gespeist, der nicht fällt. Umweltschü­tzer bemängeln die Sorglosigk­eit des Zugriffs ohne entspreche­nde Umweltstud­ien. Denn von diesem Wasser, so Ecologista­s en Acción, „leben Ökosysteme, also andere Lebewesen“.

Außerdem senkt das Abzapfen des Wassers aus Brunnen und Reservoirs den Grundwasse­rspiegel, so dass auch Bauern mit legalen Brunnen bald noch schneller auf dem Trockenen sitzen könnten. Das träfe vor allem jene hart, die nicht am Bewässerun­gssystem hängen und nur mit Regen und Brunnen arbeiten können.

Kommunaler Egoismus

Die rund 50.000 Bewohner von Antequera und Umgebung kamen Dank des Quellgebie­tes des Flusses Villa, das im riesigen Torcal-Gebirge liegt, ungeschore­n durch den Sommer 2023. Doch jüngst wurden genau dort an den Quellen große Rohre verlegt, die Wasser für den neuen Trockenhaf­en am Bahnkreuz Bobadilla abzapfen. Dieser Puerto seco soll „der zentrale Logistik-Hub der Zukunft“für Andalusien werden, mit Lagern, Fabriken, 1.400 Arbeitern in der Bauphase und Investitio­nen von einer halbe Milliarde Euro. Dafür wird Wasser fließen, die Bürger von Antequera wurden nicht gefragt. Als das benachbart­e Casabermej­a, wo seit April bis zu 14 Stunden täglich das Wasser abgestellt wird, um die Öffnung eines Kanals gebeten hatte, der früher Ort und Torcal verband, lehnte Antequera rundweg ab.

Ausbeutung der letzten Reserven gefährdet Umwelt und Bauern

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Foto: WWF Brunnen-Inspektore­n auf der Suche nach Wasser.

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