Die Hypothek der Regierungsbildung
Vor welchen ersten Herausforderungen die Minister und Ministerinnen stehen
Madrid – tl. Die neue Regierung ist kaum im Amt, da geht’s schon los: Finanzministerin María Jesús Montero will noch einen Haushalt 2024 auf die Beine stellen und steht dabei vor zwei Herausforderungen. Zum einen gelten auf EU-Ebene wieder die Defizitregeln. Um das Haushaltsdefizit auf drei Prozent zu reduzieren, müsste Spanien rund zehn Milliarden Euro einsparen. Dann ist fest damit zu rechnen, dass die regionalen Parteien ihre Forderungen stellen werden. So gesehen, wird die Abstimmung über den Haushalt noch vor März zur ersten echten Nagelprobe für die Regierung.
Die überfällige Neuregelung der Länderfinanzierung steht ebenfalls auf der Tagesordnung. Die Mehrheit der autonomen Regionen sind in der Hand der oppositionellen Volkspartei (PP). Aus den PSOE-Reihen muss Ministerin Montero mit Vorbehalten rechnen. Eifersüchtig blicken die „Barone“auf die Zugeständnisse an die Katalanen. Die Steuerreform zählt ebenfalls zu den unerledigten Hausaufgaben. Dazu existiert bereits das Weißbuch einer Expertengruppe. Die zentrale Empfehlung: mehr Umweltsteuern.
Verkehrsminister Óscar Puente hat gleich eine undankbare Aufgabe: Er muss die Übergabe des Eisenbahn-Nahverkehrs an die Katalanen abwickeln. Das betrifft alle Züge der Staatsbahn Renfe und Infrastruktur wie Schienenwege und Bahnhöfe. Ferner müssen 3.500 staatliche Mitarbeiter in den Dienst der katalanischen Regionalregierung wechseln. Dagegen ist der Widerstand groß.
Mit einer weiteren Hypothek aus den Verhandlungen über die
Regierungsbildung muss sich die neue Ministerin für Sozialversicherung, Elma Saiz, herumschlagen. Binnen zwei Jahren soll das regionale wirtschaftliche Management der Seguridad Social an das Baskenland übergehen. Damit wurde eine alte Forderung der BaskenPartei PNV erfüllt.
Arbeitsministerin Yolanda Díaz will die Erhöhung des Mindestlohns für 2024 in Angriff nehmen. Derzeit beträgt dieser 1.080 Euro bei 14 Monatszahlungen im Jahr. Wobei zu bemerken ist, dass die Regierung Sánchez ihn in den vergangenen
fünf Jahren um 47 Prozent angehoben hat. Die Arbeitgeberseite plädiert für eine Anhebung um drei Prozent. Damit käme er auf 1.112 Euro monatlich. Die Gewerkschaftsverbände UGT und CC.OO. erinnerten an die Europäische Sozialcharta und deren Empfehlung, dass der Mindestlohn 60 Prozent des Durchschnittslohns betragen soll. In Spanien wären das 1.200 Euro. So gehen die Arbeitnehmervertreter mit einer Forderung von plus zehn Prozent in die Verhandlungen. Arbeitsministerin Díaz schweben plus 3,7 Prozent vor, da sie sich an der Inflationsrate und an den Renten orientiert.
Der Mindestlohn dürfte aber noch das kleinere Problem für die Arbeitsministerin sein. Die versprochene Reduzierung der gesetzlichen
Mindest-Wochenarbeitszeit schrittweise von 40 auf 37,5 Stunden muss gegen Widerstände durchgesetzt werden. Außerdem will Yolanda Díaz das Beschäftigtenstatut reformieren, mitsamt einer Neuregelung für die Abfindungen bei Entlassungen, die sich nicht mehr nur an der Dauer der Betriebszugehörigkeit orientieren sollen.
Zwei Entscheidungen muss Energieministerin Teresa Ribera treffen. Sollen die Steuerreduzierungen auf Strom und die staatliche Subvention für den Gastarif TUR über das Jahr hinaus verlängert werden? Auch wie es mit der Sondersteuer, die Energieunternehmen auf ihre Umsätze zahlen, nach 2024 weitergehen soll, muss entschieden werden.
Mindestlohn soll hoch,die Wochenarbeitszeit runter auf 37 Stunden