Hoch auf das Gesundheitssystem
Wie man als Zugereister ein System erlebt, das hilfsbereit, effizient, kompetent und freundlich wirkt
Eine sich dramatisch schnell verschlechternde Sehfähigkeit auf einem Auge veranlasste mich, die Notfallambulanz in Dénia aufzusuchen. Die mögliche Alternative, mich privat behandeln zu lassen, war für mich keine Option, da ich meine ungenügenden SpanischSprachkenntnisse in dem Untersuchungs-/Behandlungsablauf durch eine langjährige Freundin mit perfekten Spanisch-Kenntnissen kompensieren konnte, insbesondere, weil sie bei allen erforderlichen Terminen mein ständiger Begleiter war und sich gut im spanischen Gesundheitssystem auskannte.
1.Erkenntnis: Schnell und gut.
Über die Notfallambulanz in Dénia wurde ich nach Erstdiagnose zur sofortigen Weiterbehandlung an das Hospital de Dénia überwiesen, in dem offensichtlich ausreichend Kompetenz und technische Einrichtung vorhanden war.
Um es vorweg zu nehmen, um 10 Uhr war ich im Krankenhaus, um 12 Uhr hatte ich nach mehreren Untersuchungen die finale Diagnose „Netzhautablösung“, was eine schnellstmögliche operative Maßnahme erforderte. Um 12.30 Uhr saß ich dem Augenchirurgen, Dr. Ivan Palenco, der sich als mein Operateur vorstellte, gegenüber. Auch er machte sich nochmals ein Bild vom Zustand meines Auges. „Wir operieren Dienstag oder Donnerstag, den Grauen Star machen wir gleich mit“.
Vom Eintreffen in der Notfallambulanz bis zum Zusammentreffen mit dem Operateur waren ganze dreieinhalb Stunden vergangen, in denen die Anmeldung, Erstdiagnose, Überweisung, Klinikum, Übernahme durch Augenchirurgie, finale diagnostische Untersuchungen mit Behandlungsvorgehen des verantwortlichen Augenchirurgen abgearbeitet wurde!
Kann mir mal jemand erklären, wie das in Deutschland so gehen könnte? Und das quasi als Kassenpatient, der über eine private Zusatzversicherung verfügt.
2.Erkenntnis: Ein System, das gut funktioniert.
Wie von einer unsichtbaren Leitzentrale gesteuert, wurden alle notwendigen Prozesse sehr effektiv und professionell geplant, durchgeführt und sofort dokumentiert. Dies gilt insbesondere für die Vorbereitung zur OP, wie auch Blutuntersuchung, Röntgenanalyse und Standard Untersuchungen, wie EKG-Werte, Blutdruck, etc.
Bei einem zweiten Krankenhaus Termin ging es dann um die Anästhesie Besprechung mit Analyse der individuellen Vorgeschichte. Auch Gesprächspartner, die einen kompetenten und zielorientierten Eindruck hinterließen. In Vorbereitung der OP merkte ich deutlich, wie ein Rad in das andere griff und in kurzer Zeit aus vielen Einzelerkenntnissen ein Ganzes an Vorgehensweise entstand!
3. Erkenntnis: Dokumentation und Handlungsanweisung
Zur Vorbereitung auf die OP war die verordnete Medikation durch klare Angabe in Form von Medikamentenauflistung für die Apotheke unmittelbar nach Verlassen des Krankenhauses ausgehändigt worden. Kleine Dosen bzw. Einmal-Verordnung wurden aus KkhBestand sofort mitgegeben. Alle fünf verordneten Medikamente waren in der Apotheke im Zentrum von Dénia vorrätig! Ich kenne es aus Deutschland oft so, dass ich morgens ein Rezept vorlege und die nicht verfügbaren Positionen nachmittags abholen kann.
4. Erkenntnis: Sichere Abläufe und hoch motiviertes Personal
Am Tag der OP lief diese in Vorbereitung, Durchführung und Endkontrolle bemerkenswert gut organisiert und aus meiner Sicht fachlich sehr kompetent ab. Besonders auffallend die freundlichen, hochmotivierten „Hilfskräfte“, denen mit einem gewinnenden Lächeln keine Aufgabe zu schade war, wenn es darum ging, mich für die OP vorzubereiten.
5. Erkenntnis: Persönlichkeit des Chefs ist das A und O
Bei der Durchführung der OP, insbesondere, wenn man nur lokal narkotisiert ist, macht es schon etwas aus, wenn man spürt, dass der behandelnde Operateur und das Team gut eingespielt sind. Der „Dirigent“steht für die Qualität des Orchesters! In dieser psychisch doch auch angespannten Situation über gut 90 Minuten auf dem OPTisch habe ich zu keiner Zeit den Eindruck gehabt, dass hier etwas aus dem Ruder laufen könnte. Dr. Palenco hat in seiner ruhigen Art und mit sparsamen Anweisungen an seine Mit-Akteure dafür gesorgt, dass ich zu keiner Zeit in eine noch größere Stress Situation gekommen bin. Auch das zeichnet Können aus, neben medizinischer Kompetenz ein Umfeld aufzubauen, das völlig stressfrei für den notleidenden Patienten ist.
6.Erkenntnis: Eingespielte Prozesse und gute Kommunikation
Nach überstandener „Tortur“wurde ich zunächst in den Aufwachraum gefahren, um anschließend noch in einem anderen Sammelraum postoperativ unter Beobachtung zu kommen. Auch hier hatte ich den Eindruck, dass das Personal weiß, wie man physisch und psychisch mit frischoperierten Patienten umgeht.
Entlassen wurde ich nach der Beobachtungsphase an meine Begleiterin, wiederum versehen mit allen relevanten Daten zur weiteren Medikation und Verhaltensweise, mit klaren Hinweisen, bei welchen Befindlichkeitsstörungen umgehend die Notaufnahme des Krankenhauses aufzusuchen sei.