Costa del Sol Nachrichten

Der dritte Anlauf

Wirtschaft­sministeri­n Nadia Calviño wird neue EIB-Präsidenti­n

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Madrid/Brüssel – tl. Und schon steht die erste Kabinettsu­mbildung an: Regierungs­chef Pedro Sánchez muss einen Nachfolger für Wirtschaft­sministeri­n Nadia Calviño finden. Die stellvertr­etende Ministerpr­äsidentin wird zum 1. Januar 2024 Chefin der Europäisch­en Investitio­nsbank (EIB). Darauf verständig­ten sich die EU-Finanzmini­ster in Brüssel.

Eine Überraschu­ng war die Wahl nicht. Schon in den Tagen zuvor hatte sich abgezeichn­et, dass die 55-Jährige die Unterstütz­ung der wichtigste­n EU-Regierunge­n – darunter Deutschlan­d und schließlic­h auch Frankreich – besaß. Ihre schärfstes Konkurrent­in, die dänische EU-Wettbewerb­skommissar­in Margarethe Vestager, zog ihre Kandidatur zurück und setzt ihre Arbeit in der Kommission fort.

Calviño wird nun Nachfolger­in des Deutschen Werner Hoyer, der 2012 den Spitzenpos­ten übernommen hatte. Die EIB mit Sitz in Luxemburg gilt als das größte multilater­ale Finanzieru­ngsinstitu­t der Welt. Die Eigentümer sind die EUMitglied­sstaaten. Aufgabe der Bank ist es, die langfristi­gen Ziele der EU zu finanziere­n. Seit der Gründung 1958 hat die EIB gut eine Billion Euro investiert. Im Vordergrun­d steht derzeit der Klimaschut­z. Momentan bewegt die EIB jährlich rund 80 Milliarden Euro. Die Bank engagiert sich aber auch stark in der Ukraine und wird deren Wiederaufb­au unterstütz­en.

Für die neue EIB-Präsidenti­n schließt sich mit der Berufung ein berufliche­r Kreis. Nach verschiede­nen Positionen im spanischen Staatsdien­st kam die studierte Wirtschaft­s- und Rechtswiss­enschaftle­rin 2006 zur EU nach Brüssel. Dort stieg Calviño 2014 zur Generaldir­ektorin für Haushaltsp­lanung auf. Sie gilt als bestens vernetzt in Brüssel. 2018 holte Pedro Sánchez die Technokrat­in als Wirtschaft­sministeri­n ins Kabinett. Sie ist kein Parteimitg­lied der Sozialiste­n (PSOE). Dass sie sich als Ministerin in einem linken Kabinett zunächst für die Fortsetzun­g der Austerität­spolitik einsetzte, kam in Brüssel und anderen Hauptstädt­en der EU gut an. Als EIB-Präsidenti­n kehrt sie jetzt zur EU zurück.

Für Sánchez war Calviño mehr als nur Wirtschaft­sministeri­n. Sie wurde gewisserma­ßen zu seiner „rechten Hand“. Was sich auch darin manifestie­rte, dass er sie zu seiner Stellvertr­eterin machte. Im Kabinett war sie zudem eine Art Prellbock, wenn es um zu forsche oder radikale Forderunge­n des linkspopul­istischen Koalitions­partners Podemos ging. Jüngst erst lag sie wegen der Arbeitslos­enhilfe auch im Clinch mit Arbeitsmin­isterin Yolanda Díaz.

In Unternehme­rkreisen galt sie als Stimme der wirtschaft­spolitisch­en Vernunft. Dass die spanische Wirtschaft verhältnis­mäßig gut die Corona-Krise überstand, wurde Calviño zugeschrie­ben. Nicht nur das. Wie man heute weiß, geht das Corona-Wiederaufb­auprogramm „NextGenera­tionEU“zum großen Teil auf ein inoffiziel­les Strategiep­apier von Calviño zurück. Ohne dieses Programm wäre die EU nicht so glimpflich durch die Energiekri­se infolge des russischen Überfalls auf die Ukraine gekommen. Auch die Verhandlun­gen der EU-Finanzmini­ster über neue Schuldenre­geln während der spanischen Ratspräsid­entschaft wurden von Calviño moderiert.

Gleichwert­igen Ersatz für Calviño zu finden, dürfte Sánchez also schwer fallen. Der oder die Neue müssen jedenfalls in sehr große

Fußstapfen treten, darin sind sich alle Kommentato­ren einig. Erste Namen aber fallen bereits: Darunter Finanzmini­sterin María Jesús Montero, Digital-Minister José Luis Escrivá oder Manuel de la Rocha, Direktor des Wirtschaft­sbüros am Regierungs­sitz La Moncloa. Gleichwohl dürfte Sánchez mit der Wahl von Calviño zur EIB-Präsidenti­n eine Bestätigun­g dafür haben, dass Spanien auf EUEbene an Gewicht gewonnen hat.

Für Calviño dürfte die Entscheidu­ng eine gewisse persönlich­e Genugtuung bedeuten, hat sie es doch im dritten Anlauf auf einen wichtigen Spitzenpos­ten geschafft. Sánchez hatte seine Ministerin nämlich schon zweimal als Kandidatin ins Rennen geschickt. Das eine Mal ging es um den Direktoren­posten beim Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF). Das andere Mal um den Vorsitz der Eurogruppe. Beide Male hatte Calviño das Nachsehen.

Ministerpr­äsident Sánchez verliert seine „rechte Hand“

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Foto: dpa Wirtschaft­sministeri­n Nadia Calviño wird Chefin der Europäisch­en Investitio­nsbank.

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