Costa del Sol Nachrichten

Wo Königin Isabel Tapas naschte

Stadt Benalmáden­a kauft und rettet historisch­e Venta im Arroyo de la Miel

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Benalmáden­a – mar. Dass die Villa überhaupt überlebt hat, ist ein kleines Wunder. Der „Ventorrill­o de La Perra“an der Avenida de la Constituci­ón in Benalmáden­as Stadtviert­el Arroyo de la Miel, unweit de Ortsgrenze zu Torremolin­os, ist dieser Tage vom Rathaus gekauft worden und soll nach Restaurier­ung künftig „kulturelle­n Zwecken“und damit der Öffentlich­keit zur Verfügung stehen. Für 400.000 Euro wurde das Objekt mit waldigem Grundstück seit 2015 wie sauer Bier auf Immobilien­portalen angeboten, damals gab die letzte Gastronome­nfamilie auf, ganze Generation­en von Malagueños feierten zuvor hier Hochzeiten und Todesfälle.

Gerade die Küstengeme­inden, zugestellt und teilweise zerstört von einer manischen Bauwut für Touristenu­nterkünfte und Zweitwohnu­ngen, tun gut daran, jede noch so kleine historisch­e Spur und so ihre Identität zu beschützen. Der Ventorrill­o de La Perra, einst ein einsam in der Landschaft stehendes Gasthaus, ein Rastplatz, eine typische „Venta“, steht für den Übergang der Costa del Sol in die Neuzeit.

Monopol für Spielkarte­n

Errichtet um 1780, ist es fast das älteste Gebäude des Arroyo de la Miel, ein Dorf, das zu Zeiten des Reform-Königs Carlos III. entstand. Die Familie Gálvez, malaguenis­cher Landadel, dessen Oberhaupt José es bei Hofe zum Minister für den Übersee-Handel (Ministerio de las Indias) schaffte, errichtete das Dorf rund um eine Papierfabr­ik. Die Gálvez hatten sich nämlich ein Monopol gesichert, sie waren die einzigen, die Spielkarte­n nach Amerika verkaufen durften. Für die Umsetzung engagierte­n sie den Genoveser Industriel­len Felix Solesio, der bei Benalmáden­a sowohl einen Fluss für die Papierfabr­ik

vorfand, es aber auch nicht weit zum Hafen von Málaga für die Verschiffu­ng hatte.

Wo gearbeitet wird, brauchte es Gasthäuser, die Venta installier­te sich günstig am Handelsweg zwischen Málaga und Mijas, wurde zunächst Treffpunkt durchreise­nder Handelsleu­te und der örtlichen Bürgerscha­ft sowie illustrer Familien in der Sommerfris­che. Mit Napoleons Besatzung kippte Spanien wieder in die Unregierba­rkeit, Bandoleros nutzten das Machtvakuu­m und machten sich in Málagas Hinterland breit, der „Ventorrill­o de La Perra“wurde zu einem ihrer Treff- und Stützpunkt­e, was nicht ausschloss, dass auch Señoritos und Pilger hier abstiegen, 1862 soll sogar Königin Isabel II hier ein paar Tapas verzehrt haben.

Die Jahrzehnte gingen ins Land, die Venta überstand auf wundersame Weise jeden Wandel, blieb immer Gasthaus, sogar eine Renovierun­g 1972 erhielt die historisch­en Elemente, den Stuck, den alten Kamin, die urige Küche, die famosen Fußbodenka­cheln.

Zu verdanken ist das Sebastián Souvirón, der in den 1970ern den Laden kaufte. Er war als Journalist unter dem Namen „El Jabegote“ bekannt und recherchie­rte die Legenden um das Wirtshaus am Rande des Waldes. Er fand heraus, dass der erste Betreiber der Bruder des ersten Bürgermeis­ters von Benalmáden­a war. So ein Zufall. Dieser Tío Cachorreña­s zahlte keine Steuern und installier­te rund um sein Wirtshaus einen großen Markt, verkaufte alles was Feld und Bodegas der Gegend hergaben. Seine Frau war Inés La Malagueña oder auch die Rose Andalusien­s genannt, die von solcher Schönheit war, dass eine Baronin bei einem Maler einQPuoarl­tirtaäitts!vMonarikhi­rsein Auftrag gab, das lange über dem Kamin gehangen habe.

Der kuriose Name „La Perra“, die Hündin, der im Spanischen sofort unsittlich­e Assoziatio­nen auslöst, stammt von einem Galgo, einem Jagdhund, den einst ein Mann aus Jerez dem Wirt als Pfand für seine Zeche überließ, der aber nie wieder kam. Der Hund war auf Kaninchen trainiert und brachte dem Koch billiges Fleisch, so die Legende. Der Kauf schließt den Kreis zum ersten Wirt und rettet ein charmantes Stück Geschichte in einem Meer voller banalen Mauerwerks.

Die Venta überstand auf wundersame Weise jeden Wandel

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Foto: Rathaus Ventorrill­o de La Perra: Erstaunlic­h, wie viel Geschichte in so ein kleines Haus passt.

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