Klein, rund, gesund
Linsen sind außerordentlich vielseitig verwendbar und wahre Kraftpakete der Natur
red. „Lentejas, si quieres las comes y si no las dejas“ist ein altes spanisches Sprichwort, das in etwa besagt: Es gibt Linsen, iss sie oder lass es sein. Vereinfacht heißt das: Es gibt nichts anderes. Natürlich sollte man zugreifen, denn die Hülsenfrüchte haben’s in sich: Sie liefern hochwertiges Eiweiß, reichlich Ballaststoffe und lebensnotwendige Mineralstoffe und Vitamine, haben aber kaum Fett.
Für eine optimale Proteinzufuhr empfiehlt sich die Kombination mit Getreide oder tierischem
Eiweiß wie Milch, Fleisch und Eiern. Das wusste man schon immer und aß Linsen mit Spätzle oder Reis und gab Wurst oder ein Ei dazu. Ein Teller in der Woche reicht, um Eisen- und Kalziummangel vorzubeugen und die Abwehrkräfte zu steigern. Wer allerdings von Gicht geplagt ist, muss aufgrund des enthaltenen Purins langsam tun mit den Linsen. Übrigens: Von allen Hülsenfrüchten sind Linsen die am besten verdaulichen. Und wer Angst vor Blähungen hat: langes Einweichen, gut weich kochen und Kräuter und Gewürze wie etwa Koriander, Majoran, Thymian, Ingwer oder Fenchel machen die Kraftpakete der Natur bekömmlicher.
Eine lange Geschichte
Linsen gehören zu den ältesten Kulturpflanzen der Erde. Hat nicht Esau in alttestamentarischen Zeiten sein Erbrecht auf die Herden seines Vaters für ein Linsengericht an seinen kleinen Bruder Jakob verscherbelt?
Niemand weiß, ob Esau eine große Leidenschaft für Linsen empfand oder einfach nur einen Bärenhunger hatte und alles für diesen Teller Linsen gegeben hätte.
Die alten Ägypter bauten Linsen in großem Ausmaß an. Und auch die Römer wussten sie zu schätzen – so wurde überliefert, dass auf einem speziellen Schiff, das einen Obelisken von Ägypten nach Rom transportierte, nicht weniger als 840 Tonnen Linsen mitgeführt wurden. Heute werden Linsen unter anderem in Spanien, Russland, Chile, Argentinien, den USA, Kanada und Vorderasien angebaut.
„Die guten ins Töpfchen“
Die böse Stiefmutter aus dem Märchen der Brüder Grimm trägt Aschenputtel auf, Linsen aus der Asche zu lesen. Dies gelingt Aschenputtel mit Hilfe der von ihr herbeigerufenen Tauben nach dem Motto: „...die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen!“.
Heute enthalten Linsen in der Regel keine Verunreinigungen mehr, empfohlen wird aber, sie an einem frischen Ort in einem hermetisch verschließbaren Glas lichtgeschützt aufzubewahren. Ein altes Hausmittel gegen den Befall von Insekten ist, eine Knolle Knoblauch zu den Linsen zu geben.
Ob blond, grün oder braun
Linsen in Spanien teilt man vornehmlich in helle beziehungsweise blonde (rubias), braune (pardinas) und grüne (verdes) ein.
● Lenteja castellana – die größte einheimische Linse. Man kennt sie auch als „reina“, oder „rubia castellana“. Sie wird vornehmlich in Salamanca, Granada und Cuenca kultiviert. Diese große helle Linse wird auch als Tellerlinse bezeichnet, das Einweichen über Nacht wird empfohlen. Die Garzeit beträgt dann etwa 45 bis 60 Minuten. ● Die Rubia de la Armuña mit eigener Denominación de Origen, die einen Durchmesser bis zu neun Millimetern erreichen kann, kommt ausschließlich aus Salamanca.
● Die grüne Verdina, die man in Frankreich als Puy-Linse kennt, ist sehr klein und wird in Spanien in León, Palencia, Burgos und Cuenca angebaut. Sie ist in der Qualität
der kleinen Pardina-Linse oder der türkischen Berglinse ähnlich.
● Die rötlich-braune Pardina ist mittelgroß und wird in der Tierra de Valladolid, León, Palencia, Burgos und Cuenca kultiviert. Sie muss nicht eingeweicht werden und ist in 20 bis 30 Minuten gar. ● Die Lenteja Rapida oder Lenteja americana ist eine sehr beliebte Linse, weil sie nicht eingeweicht werden muss und in 20 bis 30 Minuten gekocht ist. In Größe und Farbe ist sie der „castellana“ähnlich. ● Daneben gibt es gelbe und rote Linsen. Sie sind bereits geschält und auch bei empfindlichem Magen gut verträglich. Nach zehn bis 15 Minuten zerkochen sie schon zu Brei, weshalb man sie gern für Pürees verwendet. Für diese Art Linsen muss der Topf groß genug sein, damit sie nicht überkochen. ● Die kleinen schwarzen BelugaLinsen mit ihrem milden Aroma sind in 20 Minuten gar und eignen sich gut für Vorspeisen und Salat. ● Die Puy-Linsen aus Frankreich gelten mit ihrem nussigen Aroma als die schmackhaftesten der Welt. Sie sind kochstabil und in 20 Minuten gar.
● Zu erwähnen sind ebenfalls die feinen Champagner-Linsen aus der französischen Region Champagne und die Umbrische Berglinse, eine der wertvollsten Linsensorten, die beim Garen nicht die Schale verliert und immer bissfest bleibt.
Linsen „a la hortelana“
Eigentlich braucht es bei den Linsen keine Mengenangaben. Gemüse, Speck, Paprikawurst oder vielleicht noch Rippchen richten sich nach dem persönlichen Geschmack: Pardina-Linsen (lentejas pardinas de Tierra de Campos, die muss man nicht unbedingt einweichen, wenn, dann für ein paar Stunden, Einweichwasser wegschütten), nach Belieben Speck, Paprikawurst Chorizo, Möhre (zanahoria), Lauch (puerro), Kartoffel (patata), wenn man möchte, Sellerie (apio), Knoblauch (ajo), Lorbeer (laurel), Olivenöl „virgen extra“, Paprikapulver süß (pimentón dulce), evtl. Thymian (tomillo), Salz
Linsen in einen Topf geben, mit Wasser bedecken, Salz zufügen, kurz aufkochen, die Flüssigkeit noch mal wegschütten.
Klein geschnittenen Speck, Chorizo, Möhre, Sellerie, Lauch, Paprika und zerdrückte Knoblauchzehe und, wenn man hat, einen Thymianzweig in Olivenöl anschwitzen. Zu den Linsen geben, zweieinhalb bis dreifache Menge Wasser angießen, Lorbeerblatt zufügen, die Linsen auf ganz kleinem Feuer weich köcheln. Gegebenenfalls in Stücke geschnittene Kartoffeln dazugeben. Wenn alles gar ist, abschmecken. Sollten die Linsen zu flüssig sein, einen Teil abnehmen, pürieren und wieder zufügen. Das war es schon.
Tipp: Linsen machen sich auch gut mit Pilzen, mit kleinen Calamares oder in einem Escariol-Salat mit Ziegenkäse angerichtet.
Mangold-Linsen
Zutaten für 2 bis 4 Pers.: 200 g Linsen (lentejas), 200 g Mangold (acelgas), das Weiße und Hellgrüne von einer Stange Lauch (puerro), 1 1/2 EL gehackte weiße Zwiebel (cebolla blanca), 1 EL Tomatenmark (tomate concentrado), 1/2 g Safran in Fäden (azafrán en hebras), 80 g Butter (mantequilla), Olivenöl (aceite de oliva)
Linsen waschen und mit 1,5 l Wasser zum Kochen bringen, dann circa 40 Minuten simmern lassen.
Die dicken Rippen aus dem Mangold herausschneiden. Grüne Blätter aufeinander legen, zweimal der Länge nach und einmal quer in ganz feine Streifen schneiden. Mangold gut waschen. Lauch auf der hellen Seite über Kreuz einschneiden, so lässt er sich besser waschen, in Scheiben schneiden.
In einem Bräter oder einer sehr großen Pfanne Butter mit zwei Esslöffeln Olivenöl heiß werden lassen, Zwiebelwürfel auf mäßigem Feuer ein paar Minuten andünsten, ohne dass sie Farbe nehmen. Lauch und Mangold zufügen, Hitze vergrößern, eventuell noch Öl zugeben. In etwa zehn Minuten gar dünsten. Vorsichtig salzen, pfeffern und das Tomatenmark unterrühren.
Wenn die Linsen gar sind – vielleicht muss auch mehr Wasser nachgegossen werden –, die Hälfte mit dem Mixstab pürieren und wieder zurück in den Topf geben. So wird das Ganze sämig. Das gegarte Gemüse zufügen, den Safran dazu und die Suppe noch ein paar Minuten köcheln lassen. Nochmals abschmecken, denn die Linsen waren ja noch nicht gewürzt.
Wer’s scharf mag, gibt einen bis zwei Teelöffel Curry dran. Das Tomatenmark kann man in diesem Fall weglassen, der Safran darf aber nicht fehlen. Heiß servieren.
Gelbe-Linsen-Creme mit Schnittlauch
Für 6 Pers.: 340 g gelbe Linsen (lentejas amarillas), 4 Scheiben geräucherter Speck (bacon ahumado), 2 mittelgroße Zwiebeln (cebollas), 3 Stangen Sellerie (apio), 3 Knoblauchzehen (ajo), 50 ml Olivenöl (aceite de oliva), 1 Lorbeerblatt (laurel), 1 EL gehackte Petersilie (perejil), 4 Kardamomkapseln (granos de cardamomo), 2 EL Curry, Salz (sal),
Pfeffer (pimienta); Garnitur: ein Bund Schnittlauch (cebollino), 3 EL Olivenöl
Linsen während einer halben Stunde in heißem Wasser einweichen. In einem Topf den gewürfelten Speck leicht in Öl anbraten. Wenn er Farbe nimmt, das geputzte und klein geschnittene Gemüse sowie den grob zerkleinerten Knoblauch zufügen. Linsen abgießen und zusammen mit den Kräutern und dem Kardamom zum Gemüse geben. 1 1/2 Liter Wasser zugießen, zum Kochen bringen, Hitze verringern, die Linsen in etwa 30 Minuten auf kleinem Feuer weich kochen. Curry zufügen, drei Minuten weiterköcheln, dann den Topf vom Herd nehmen.
Das Lorbeerblatt und die Kardamomkapseln herausfischen, Linsen zum feinen Püree mixen. Vor dem Servieren die Linsencreme nochmals erhitzen, den Schnittlauch in Olivenöl knusprig braten und die Creme damit garnieren.
Spanischer Linseneintopf mit Schweinbäckchen
Zutaten: 500 g Linsen Pardinas, 1 kg Schweinbäckchen (carilleras de cerdo), 1 süße Paprikawurst (chorizo dulce), 1 Flasche kräftiger, guter Rotwein, am besten Rioja, 2-3 rote Zwiebeln (cebollas rojas), 3-4 Knoblauchzehen (ajo), einige Karotten (zanahorias), etwas Sellerieknolle (raíz de apio), 4-5 Kartoffeln (patatas), 3-4 Chilischoten (chile), süßer, ungeräucherter Paprika (pimentón dulce), Kreuzkümmel (comino, optional), Salz, Pfeffer, Balsamico-Essig, Honig, Petersilie (perejil), Rosmarin (romero), Lorbeerblätter (laurel).
Schweinebäckchen mit Senf, Rosmarin und Rotwein eine halbe Stunde marinieren. Linsen waschen und in kaltem Wasser zum Kochen ansetzen, Einweichen ist bei der Pardina nicht nötig, Kochzeit zirka 3/4 bis 1 Stunde, noch „al dente“abgießen.
Chorizos in kleinen Stücken in einer Pfanne schmelzen, dann etwas Olivenöl dazu, Zwiebeln, Chili, Knoblauch, Karotten, Kartoffeln in kleinen Spalten hinzu, würzen, kurz angehen lassen (sofrito), mit dem restlichen Rotwein ablöschen, einkochen lassen, etwas Wasser hinzugeben, langsam köcheln, nur bis die Kartoffeln halbgar sind.
Schweinbäckchen trocknen und sehr sanft in Olivenöl anbraten, mit Marinade ablöschen, mit Wasser knapp bedecken, zirka 45 Minuten köcheln. Am Ende alles zusammengeben, auf Mini-Flamme vereinen. Ausbalancieren zwischen Säure, Süße, Salzigkeit, mit Hilfe von Balsamico, Honig und Salz. Ziehen und abkühlen lassen. Kalorienwert pro Teller stattliche 450 kcal – aber ich kann Ihnen garantieren, bei einem Teller bleibt es nicht.