Liebe Leser,
können Sie sich noch an dieses Kinderspiel „Ich sehe was, was du nicht siehst“erinnern? Dieses lustige Spiel lässt sich auf verschiedene Ebenen heben. So sehen Sie vielleicht, wie Ministerpräsident Pedro Sánchez Ihnen zeigen will, dass seine Regierung eine der letzten linken Bastionen in Europa gegen einen scheinbar nicht aufzuhaltenden Ruck nach rechts ist. Aber sehen Sie auch die Gefahr, dass diese Regierung von innen verfault und zerfällt? Sie stützt sich auf eine rechte Partei wie Junts, die ein Mitspracherecht in der Immigrationspolitik für Katalonien abgerungen hat. Nun erklingen von den rechten Separatisten Parolen wie von Vox, die Einwanderung mit Sicherheit in Verbindung bringen und suggerieren, dass Kriminalität „eingeschleust“wird. Wie Sie sehen, verschärft der Nachbar Kataloniens, Frankreich, sein Einwanderungsgesetz nach Gusto von Le Pen, aus Italien erklingen von Giorgia Meloni stramme Töne. Einwanderung dient Rechten als ein Stimmenfänger für die Europawahl. Sie sehen, wie die AfD Umfragen zufolge in einigen Bundesländern zulegt, in denen Regionalsender Programme wie „Sport aus dem Osten“ausstrahlen? Gefahr sehe ich im Anzug, Sie auch?
Nun, spielen wir das Spiel mit dem Thema Gleichberechtigung. Diese Woche führt uns das Meinungsforschungsinstitut CIS vor Augen, dass 44 Prozent der Männer (und 32 Prozent der Frauen) meinen, Spanien ist zu weit gegangen und benachteilige nun Männer statt Frauen. Scheinbar kümmern sich auf einmal Männer mehr um Kindererziehung und Hausarbeit und werden als Belohnung seltener befördert und schlechter bezahlt. Diese Entwicklung muss die Redaktion verpennt haben. Eigentlich schwingt das CIS die moralische Keule und führt uns vor Augen, dass Spanien voller zurückgebliebener Gleichberechtigungs-Leugner ist. Auch Quatsch. Schauen Sie mal auf die andere Seite, also auf die, wenn man 44 von 100 abzieht. Eine „absolute Mehrheit“steht nach einer Legislatur mit Irene Montero hinter der Gleichstellungspolitik. Vielleicht sollte man ein Lied von Grönemeyer ins Spanische übersetzen und mal zugeben, dass Spanien auf dem rechten Weg ist.