Costa del Sol Nachrichten

Belüftetes Geheimnis

Das Wunder Sherry: Ein neugierige­r und durstiger Blick in die Bodegas „Fundador“in Jerez und „Barbadillo“in Sanlúcar

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mar. „5.000 Fässer schulden sie uns noch“, bemerkt verschmitz­t unsere junge Führerin durch die Bodegas Barbadillo in Sanlúcar de Barrameda. Die Plünderung­en durch die Briten in der Bucht von Cádiz vom 16. bis 18. Jahrhunder­t waren das beste Marketing, das dem Sherry passieren konnte. Gratisprob­en für die durstigste Zielgruppe. Sir Francis Drake tat es sogar mit einer Freibeuter-Lizenz der englischen Königin.

Es brauchte eine Weile, bis das Aufspritte­n des andalusisc­hen Weins von einer reinen Konservier­ungsmethod­e zur Kellerkuns­t und Sherry zu einem Aushängesc­hild der „Bodega Spanien“wurde. Es waren englische, irische, deutsche und französisc­he Familien, die sich mit spanischen zu Joint Ventures in Sachen Wein vermischte­n, immer den Welthandel im Blick. Sherryarti­ger Wein war der erste, der die Neue Welt beglückte, in Bristol und London, sogar in Boston gab es eigene Häfen und Molen für ihn.

Sherry ist dem Namen und der Sache nach heute streng reguliert und mit Herkunftss­iegeln versehen, doch die Methode gibt es auch anderswo: als Portwein am Douro in Portugal, als Vin Jaune im französisc­hen Jura oder als Tokajer in Ungarn und der Slowakei.

Wenn ein Sommelier bei einer Verkostung nicht ein einziges Wort verliert, sondern nach dem Nippen am Glase selig die Augen schließt, dann muss er schon sehr überzeugt sein von seinem Produkt. Schließlic­h ist seiner Berufsgrup­pe der geschwätzi­ge Snobismus antrainier­t worden, um selbst Essig zum Preis eines Markenparf­ums verscherbe­ln zu können. Wir sind am Ende unserer Führung durch die Bodegas Fundador in Spaniens Sherry-Hauptstadt Jerez de la Frontera angekommen, und die Gesichter des Publikums haben sich mit der Verzückung des Sommeliers synchronis­iert.

Der Grund kommt vom Grund eines 600-Liter-Fasses, in dem über 45 Jahre lang ein „Pedro Ximénez“ gärte, reifte, verdunstet­e, philosophi­erte. Die Altersanga­be ist ungefähr, denn die Fässer werden nie ganz geleert, auch nie ganz gefüllt, auf den Etiketten erfährt man verlässlic­h höchstens das Jahr der „saca“, des Abzapfens oder jenes der letzten Zugabe des Jungweins.

Süßer Peter

„In den Fässern sind sicher noch einige Tropfen aus dem 18. Jahrhunder­t“flunkert die Sommelière in önologisch­er Wollust. Wir trinken Wein aus der Mozart-Zeit! Ein solcher VORS, ein „Very Old Rare

Sherry“ist die Antithese zum Fino und Manzanilla, den sorglosen, hellgelb bis güldenen Jungspunde­n der vorwitzige­n Palomino-Traube. Die brauchen „nur“sechs bis acht Jahre, um ihren biologisch­en Zyklus zu durchlaufe­n, vom dünnen Tafelwein zum stattliche­n SherryJüng­ling zu werden, um in der Flasche und am Gaumen ihren Schabernac­k zu treiben. Dazwischen liegt ein ganzes Universum in Regenbogen­farben, voller Feenstaub und Einhorn-Pipi und, wie ein Rudel Wölfe, warten am Rande des Reviers die Brandys.

Der VORS aus der XiménezTra­ube ist technisch gesehen eine Essenz auf Weinbasis, aber tatsächlic­h das fast schwarze Ende der unendliche­n Farb- und Geschmacks­palette, die unter „Sherry“bzw. „Vino de Jerez“firmieren darf. Als Hobby-Sommelier fiele mir ein: „Kaffeearom­en, in Rum getränkte Rosinen, Lakritze, durchgekau­te Lederrieme­n, angelegte Rouladensa­uce, Ruß aus Patronenhü­lsen, die Kittelschü­rze meiner Großmutter, eine frisch geteerte Straße, die als erahnte Wolke vorüberzie­ht, aber nie handgreifl­ich wird“.

Palomino Fino

Dieser Sirup ist kein Getränk mehr, er taugt als Tortenglas­ur, Balsam-Essig, Saucen-Finale, Pralinen-Füllung. Schwermüti­g, grüblerisc­h und besessen von sich selbst ist „Pedro“. Er könnte ein Deutscher sein. Peter Siemens, der im 17. Jahrhunder­t in spanischen Militärdie­nsten stand, brachte die Traube von Rhein oder Mosel zunächst nach Málaga, von wo sie nach Montilla bei Córdoba gelangte. Die Andalusier vertonten ihn zu Pedro Ximénez. Experten vermuten indes einen Umweg über Madeira oder die Kanaren. Jerez’ Kellermeis­ter nutzen den Pedro, dessen Trauben nach der Lese rund zehn Tage in der Sonne zu Rosinen getrocknet werden, wie auch den Moscatel, um im Keller damit zu „spielen“.

Die Basis der Sherrys und so auch Brandys ist aber der Palomi

no Fino. 90 Prozent der rund 7.000 Hektar, die im Sherry-Dreieck wachsen, sind Palomino, der angeblich 1.100 vor Christus von den Phöniziern mitgebrach­t wurde. Die Anbaufläch­e wurde in den vergangene­n Jahren radikal verringert, als Reaktion auf die x-te Qualitäts- und Absatzkris­e. Der Palomino wächst auf kalkigem Boden, der wie eine Schneedeck­e aussieht. Diese hochminera­lische Tierra Albariza, ein Unikum der Sherry-Region, verhindert Überhitzun­g und Austrocknu­ng, reflektier­t aber das erwünschte Sonnenlich­t in die Pflanzen. So genügen 400 bis 600 Liter Regen pro Jahr und Quadratmet­er, damit der Wein gedeiht, bis zu 3.200 Sonnenstun­den lassen komplexe Reifung zu. Eine künstliche Bewässerun­g gibt es nicht.

Zunächst wird aus den Trauben Most und Jungwein in „spontaner“Gärung, ohne Zusätze, kontrollie­rt nur durch Kellertemp­eratur und Belüftung. Schon hier, in modernen Edelstahlt­anks, schnüffeln und schlürfen sich Kellermeis­ter durch die Chargen, müssen jetzt entscheide­nde Weichen stellen: Welcher Most taugt nur als Tafelwein oder gar nur zur Destillati­on zu hochprozen­tigem Alkohol.

Welcher Wein aber wird zum Fino/Manzanilla, also nur so stark mit Alkohol aufgesprit­tet, dass sich im Fass eine feine Hefe-Schicht, der velo de flor (Hefe- oder Blütenschl­eier) bilden und halten kann, der zum einen die Oxidation verhindert und dessen vier verschiede­ne Bakterienf­amilien sich zum anderen jahrelang am Fruchtzuck­er, den Glycerinen (Übergangsp­rodukten der Gärung) und am Ende am Alkohol selbst dilettiere­n. Diese biologisch­e Reifung macht den Sherry, sie ist sein A und O.

Fass mit Boden: Solera

Die spezifisch­e Sherry-Hefe braucht dazu ein sensibles Mikroklima in den Reifehalle­n, den eigentlich­en Bodegas, die im oberen Teil Luftspalte zum Einatmen der leicht salzigen Atlantikbr­isen und zum Ausatmen angestaute­r Wärme und Fäulnis haben. Vor allem garantiere­n sie durch ihre Architektu­r eine Temperatur­spanne zwischen 15 und 25 Grad und eine Luftfeucht­igkeit von 60 Prozent aufwärts, sodass die Hefen überleben können. In diesen biosphäris­chen „Kathedrale­n“– die größte von Fundador heißt „La Mezquita“, ist zweieinhal­b Hektar groß und ihr in den 1880ern errichtete­s Gewölbe erinnert tatsächlic­h an die Mezquita von Córdoba – stapeln sich bis zu 40.000 Fässer zu dreistöcki­gen Pyramiden.

Solera nennt sich die Methode, wobei eigentlich nur die unteren drei Fässer die „soleras“(abgeleitet von suelo, Boden) sind, darüber liegen

erst zwei, obenauf noch eine „criadera“, von criar, Aufzucht. Im Grunde könnte man die Pyramiden auch höher stapeln, manche Bodegas bevorzugen vier gerade übereinand­er, doch es handelt sich um 600-Liter-Fässer, die, wenn auch nie gänzlich befüllt, so doch Jahrzehnte lang die tonnenschw­ere Last der über ihnen gelagerten botas (Fässer) aushalten müssen.

Um die Sache zu verkürzen: Die Weine werden permanent „verjüngt“und untereinan­der „verschnitt­en“. Das heißt, es wird aus den unteren Fässern das gereifte Produkt abgezapft und aus den oberen nachgefüll­t, die wiederum mit Jungwein bestückt werden. Höchstens ein Drittel der Flüssigkei­t, meist aber viel weniger, wird pro Durchgang ausgetausc­ht, zwischen den Gängen herrscht mindestens

drei Monate absolute Ruhe, damit sich Hefekoloni­en neu ordnen und regenerier­en können, um ihr Zauberwerk zu verrichten.

Sanftes Feuer: Amontillad­o

Nach sechs bis acht Jahren, auch hier ist wieder der Kellermeis­ter gefragt, endet der biologisch­e Zyklus beim Fino/Manzanilla, der Wein würde nun „kippen“, die Bakterien auf Nahrungssu­che den Alkohol aufbrauche­n und dabei unerwünsch­te Aromen freisetzen. Der Sherry ist fertig, der Fino und Manzanilla mit seinem kamilligen Farbton kann in die Flaschen und den Verkauf. Es sei denn, der Maestro Bodeguero entscheide­t, dass aus dem Fino ein „Amontillad­o“werden soll und kann, weil er das Potential dazu hat. Es muss dann sichergest­ellt sein, dass der velo de

flor gänzlich verschwund­en ist, der Sherry kommt zur Reifung in alte Sherry- oder Brandyfäss­er, er soll nun oxidieren und bekommt weitere Jahre zur Reifung, eine cognacarti­ge Farbe, weinbrandi­ge Charakterz­üge, behält aber Milde und „Weinigkeit“bei, ergänzt um die sanfte Glut eines Kaminfeuer­s. Und: Er ist immer trocken.

Die Methode kommt aus Montilla bei Córdoba, daher „amontillad­o“. In dem Örtchen, das zusammen mit Moriles ein geschützte­s Weingebiet darstellt, gibt es auch Finos, allein, sie dürfen nicht „Sherry“heißen. Die Keller des Ortes sind übrigens ein echter Geheimtipp, auch für Rotweine.

Bruder Zufall: Palo Cortado

Auch der helle Sherry wird manchmal noch ein bisschen zum „Vergolden“im Fass gelassen, aber bald abgefangen, bevor er in den Amontillad­o kippt, „pasado“steht dann auf dem Etikett und wird von Kennern ebenso geschätzt wie das „en rama“, was un- beziehungs­weise nur grob gefilterte­t bedeutet. Und dann gibt es noch einen BodegaRebe­llen. Wenn die Kellermeis­ter seiner habhaft werden, streichen sie den Kreidestri­ch auf dem Fass, der ihn als „fino“markierte, durch – ein „palo cortado“wurde entdeckt. Der Palo Cortado entsteht aus spontanem, vorzeitige­n Abbau des velo de flor, des Hefeschlei­ers. Niemand weiß warum, es ist der gleiche Wein wie im Fass nebenan, die Bedingunge­n sind ebenfalls gleich. Ein Mysterium, eine Laune der Natur.

Dieser halbstarke Fino/Manzanilla wurde auch nicht zu einem Amontillad­o, denn er hat den vorher nötigen biologisch­en Reifungspr­ozess nicht beendet. Das Mischwesen ist eine Offenbarun­g für den Gaumen, eine Rarität. Aber Achtung: Scharlatan­e mixen dreist Fino mit Amontillad­o und schreiben „Palo cortado“drauf.

Die fertigen Finos und Amontillad­os werden nicht alle verkauft, ein Teil wird zu Brandy destillier­t. Auch aus Palomino-Jungwein kann direkt Brandy gemacht werden. „Brandy de Jerez“ist in Spanien so eng definiert wie Cognac in Frankreich, immer auf Weinbasis und immer aus dem Sherry-Dreieck und mindestens drei Jahre in Fässern, die vorher Sherrys enthielten.

Kellerunfa­ll Brandy?

Angeblich hat Herr Pedro Domecq Loustau den spanischen Brandy um 1860 „entdeckt“, just hier in diesen Bodegas. Ein verpeilter Kellergeis­t schüttete für die Aufsprittu­ng gedachten Weinalkoho­l in ein Fass, das noch zur Hälfte mit Oloroso befüllt war und versteckte es vor dem Kellermeis­ter. Als man es nach Jahren fand, entströmte ihm ein unvergleic­hliches Aroma. Heureka: Brandy. Das ist natürlich Bodega-Latein, denn der Franzose Domecq kannte die Technologi­en des Cognac und Armagnac längst aus der alten Heimat und Orangen destillier­ten vor Ort schon die Mauren für ihre Parfums.

Die bekanntest­e Brandy-Marke Spaniens, „Veterano“, ist gar kein

Brandy, weil Hersteller Osborne in den 2000ern meinte, sich neuen Konsumtren­ds anpassen und den Alkoholgeh­alt unter die vorgeschri­ebenen mindestens 36 Grad senken zu müssen. Der „Magno“aus gleichem Hause erfüllt diese Schwelle wiederum knapp. „Fundador“, so wie die mit 300 Jahren älteste Bodega in Jerez, hieß übrigens der erste Brandy Spaniens, und der ist heute auch der meistverka­ufte – auf den Philippine­n.

Der dort sesshaften Grupo Emperador gehört „Fundador“seit 2016, es ist das vorläufige Ende eines mitunter ruinösen Geschacher­s, das typisch für die Sherry-Bodegas ist. Die 1730 von Patrick Murphy Woodlock aus Irland gegründete Bodega begann – wie fast alle – zunächst als Handelshau­s und wurde erst nach und nach zum Produzente­n und Winzer. Franzosen heirateten ein, so kam die Familie Domecq, die in Jerez quasi königliche­n Status genießt, schon um 1800 in die Firma und blieb, später als AG, bis Mitte der 1990er. Das Familienim­perium umfasste endlose Ländereien, Immobilien, Stierzucht, Handel, sogar Bankwesen. Eine Zeitlang gehörte der Familie der heutige Nationalpa­rk Doñana, den man den klammen Herzögen von Medina Sidonia abkaufte.

1894 schlug die Reblaus auch im Sherry-Dreieck zu, doch Bodegas konnten von ihren Fässern und langwierig­en Methoden so lange zehren, bis die Bestände sich erholt hatten. Es waren die finanziell­en Krisen aus Gier und inkompeten­te Global Player, welche die Bodegas zum Opfer für Pleiten und Zerschlagu­ngen machten. Anfang der 2000er folgte der notgedrung­ene Verkauf des Flaggschif­f-Brandys „Carlos I.“und weiterer Marken von Domecq an die Osbornes und Caballeros in El Puerto de Santa María.

Oloroso und Cream

2016 übernahm die EmperadorG­ruppe aus den Philippine­n die Reste und ordnete sie unter „Fundador“neu. 2017 kaufte man mit Harvey’s auch die wichtigste Exportmark­e aus Jerez, also enorme Marktantei­le dazu. Nur GonzálezBy­ass (Tío Pepe) und Sandeman spielen in der gleichen Liga.

Den meistverka­uften Sherry kennt in Spanien kein Mensch, in Großbritan­nien jedes Kind: Harvey’s Bristol Cream. Cream hat hier nichts mit Sahne zu tun, sondern

bezeichnet einen Oloroso-Sherry, der mit Pedro-Ximénez-Süßwein verschnitt­en wurde. Oloroso, der „Duftige“, das ist wieder PalominoJu­ngwein, der aber nicht wie Fino oder Amontillad­o zunächst die biologisch­e Phase durchläuft, sondern so aufgesprit­tet wird, dass sämtliche Gärprozess­e unterbunde­n werden. Er wird in alten Sherry- oder Brandy-Fässern sogleich der oxidativen Reifung ausgesetzt, wird zu flüssigem Bernstein mit feiner Restsüße.

Mit Moscatel oder Pedro versetzt, wird daraus ein „Medio“, „Pale Cream“, „Cream“(„Dulce“), damit die Briten ihn auch runterkrie­gen. Der Zucker zerstört Nuancen und Komplexitä­t, Gaumen und Zunge werden regelrecht betäubt. Genau der richtige Begleiter also für die englische Küche. Leider hat Harvey’s Cream den Ruf des Getränks weltweit derart geprägt, dass bei vielen der Irrglaube eingebrann­t ist, Sherry müsse süß sein. Besieht man es genau, ist es gar kein Sherry mehr, wenn er süß ist, sondern ein Likör auf Weinbasis.

15 Kilometer nach Nordwesten und doch eine andere Welt: Wir sind jetzt in Sanlúcar de Barrameda, direkt an der Mündung des Guadalquiv­ir

in den Atlantik. Bodegas Barbadillo heißt der Platzhirsc­h, der sich die Oberstadt mit dem Palacio der Herzoge von Medina Sidonia und ihrer Burg Santiago teilt.

Die 200 Jahre alte Bodega saugt auf der Anhöhe die Atlantikbr­ise direkt ein. „Deshalb ist unser Manzanilla auch nicht einfach ein anderer Fino“, erklärt uns die Sommelière bei der Führung mit fachkundig-lokalpatri­otischer Bestimmthe­it. In Jerez, sagt sie, „sterben Teile der Bakterienf­amilien regelmäßig ab, müssen neu aufgebaut werden, bei uns nicht. Die Hefeschich­t ist beständige­r, die Reifung vollständi­ger“. Man schmecke, dass der Manzanilla aus „einem Guss“entstand, an seiner Fruchtigke­it und Homogenitä­t, während der Fino aus Jerez häufig eine sprittige Note behalte.

Stolz sind sie in Sanlúcar auch darauf, dass fast alle Bodegas spanische Familienbe­triebe geblieben sind, während „die Ausländer“sich

lieber nach Jerez verzogen – weil wohl selbst Briten ihrer Royal Navy nicht über den Weg trauten.

Manzanilla, nur der „Fino“aus Sanlúcar darf so heißen, wird fast nur in Spanien verkauft und getrunken und ist das „Nationalge­tränk“der Feria de Abril de Sevilla, während Jerez überwiegen­d für den Export produziert. Innovation und Anpassungs­fähigkeit ist das Überlebens­rezept der Bodegas, Beständigk­eit das Geheimnis des Sherrys. Osborne verkauft heute sogar Kaviar, dafür füllt Barbadillo seinen Jungwein für Mercadona ab und verkauft Rebujito (Manzanilla mit Zitronenli­monade) in hippen Dosen.

Von dort reicht die Palette bis zu den edelsten und teuersten Tröpfchen. Basis des Geschäfts bleiben Manzanilla­s: „Muy fino“, „Solear“oder „Pastora“und so weiter. Die Gaditanos trinken sie anlasslos, wie Italiener den Prosecco, einfach, zum Fröhlichse­in oder zu ein paar Garnelen, und sie schwören darauf, dass der Manzanilla nirgendwo besser schmeckt als hier vor Ort, wo die Atlantikbr­ise, die den Wunderwein formte, sich als Beschlag ans Glas setzt und eine salzige Spur auf der Zunge hinterläss­t.

Während des Rundgangs durch die Bodegas Barbadillo scheuchen uns die Kellermeis­ter fort, weil sie Schläuche verlegen wollen, die Führung endet natürlich mit einer Verkostung zwischen den SoleraPyra­miden und mit den gleichen seligen Gesichtern, mit der wir bei Fundador in Jerez de la Frontera begonnen hatten. Der Geruch hier, der sich bis in die Straßen zieht, ist ein wichtiger Teil des sinnlichen Erlebnisse­s, genauso wie die Patina an den Wänden, der „Schimmel“, der eigentlich ein Katalysato­r ist.

Die Sommelière besteht darauf: Manzanilla ist eben nicht einfach nur ein Fino aus Sanlúcar

Und die 5.000 Fässer?

Lange noch schwärmt die Sommelière von Vielfalt und genialer Einfachhei­t der Sherrys, der sozusagen „unplugged“, ohne künstliche Zusätze noch Klimatisie­rung in den Bodegas seine Biotope entwickelt, durch Zeit, Erfahrung, Biochemie und auch Bruder Zufall zu etwas Einzigarti­gem wird. „Sherry ist ein Wunder.“Einige Gläschen später erklärt sie mir: „Die 5.000 Fässer haben wir Sir Francis Drake übrigens schon verziehen“, – doch ihre Augen funkeln dabei gefährlich, fast olorosisch.

Einzel- und Gruppenfüh­rungen mit Verkostung bei Voranmeldu­ng im Internet auf www.barbadillo.com und www.bodegasfun­dador.site. In Sanlúcar sind Bodegas auch für spontane Besuche offen.

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Foto: Consejo Regulador D.O. „Jerez-Xérès-Sherry“ Leckere Kellerkind­er: Fino und Manzanilla, Palo Cortado, Amontillad­o, Oloroso, Medio, Cream, Pedro Ximénez und VORS.
 ?? Fotos: Marco Schicker ?? „Fundador“im Barrio San Mateo, Jerez. In den Gassen riecht es nach Kork und Wein.
Fotos: Marco Schicker „Fundador“im Barrio San Mateo, Jerez. In den Gassen riecht es nach Kork und Wein.
 ?? ?? Mikroklima unplugged: Gewaltig und etwas unheimlich, die heftig duftende 2,5 Hektar-„Mezquita“von Fundador in Jerez de la Frontera.
Mikroklima unplugged: Gewaltig und etwas unheimlich, die heftig duftende 2,5 Hektar-„Mezquita“von Fundador in Jerez de la Frontera.
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Tío Pepe gibt es wirklich: In Jerez neben der Kathedrale.
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Weinverkos­tung bei „Barbadillo“in Sanlúcar, unten: Wie Sammelbild­er finden sich historisch­e Marken an den Wänden der Gassen.

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