Sonne gegen Regen
Als mein Sohn vor langer Zeit mit einem Jahr sein erstes Weihnachten in Deutschland verbrachte, fand ich seine Sonnenstrahlen-Euphorie noch leicht übertrieben. Aufgeregt zeigte er mit seinen kleinen, in lästige Handschuhe gepackten Fingern Richtung Himmel und brabbelte gefühlt so etwas wie „Mira, sol“, „Schau mal, die Sonne!“Es waren die drei einzigen Minuten, in denen sich die Sonne in dem zweiwöchigen Urlaub die Ehre gab.
Vor wenigen Wochen nun habe ich mich im Deutschland-Winterurlaub bei einem ähnlichen Gefühlsausbruch ertappt. Nicht einmal eine Minute war es, in der die Sonne sich etwas Platz am Himmel verschaffte, bevor die Wolken sie wieder ihres Platzes verwiesen und es erneut dunkel wurde über den überfluteten Feldern und Wiesen. Umso heller die Aufregung bei allen, die die Strahlen erblickt hatten. „Schaut mal, die Sonne!“
Zurück in Spanien dann die andere Seite der Wettermedaille. Es muss ja nicht gleich ein überflutetes Land sein, eine Pfütze wäre auch schon was. Aber nix. Monatelang. Doch dann, plötzlich, auch hier ein
Moment der Euphorie, ähnlich des SonnenstrahlenIntermezzos in Deutschland. Ein ungewohnt rauschendes Geräusch und ein Blick aus dem Fenster in den tatsächlich düsteren Himmel bestätigen das Unglaubliche: Wasser fällt hinunter. Regen! Wir reißen die Fenster auf, atmen gierig die feuchte Luft ein – und ja, zugegeben, das war’s auch schon wieder. Wer mehr davon will, muss wohl zurück in den Norden. Am besten mit etwas Sonne im Gepäck, im
Tausch gegen Regen. So schwer kann das doch nicht sein.