Der Widerspenstigen Zähmung
Kompetenzen gegen Stimmen – Katalonien darf bei Einwanderungspolitik mitreden
Madrid – sk. Bei der ersten Feuerprobe für die auf sehr wackligen Beinen stehende Regierungskoalition hätte sich Ministerpräsident Pedro Sánchez beinahe die Finger verbrannt. Erst in aller letzter Minute konnte er die katalanische separatistische Partei Junts umstimmen und so drei der zwei Dekrete mit knapper Mehrheit wider aller Prognosen durch das Parlament bringen. Die Verordnung über die Arbeitslosenhilfe scheiterte dennoch an Unidas Podemos.
Umsonst bekamen die Sozialisten und Sumar aber keine Schützenhilfe von Junts-Führer Carles Puigdemont. Kompetenzen in der Einwanderungspolitik sollte die Regierung an Katalonien abtreten. Welche genau, wurde nicht konkretisiert. Einwanderungspolitik ist eigentlich Staatssache und wird obendrein auch und immer mehr von der EU mitbestimmt.
Die Abschiebung illegaler Einwanderer bliebe staatliche Kompetenz, versicherte denn auch Ministerpräsident Pedro Sánchez. Lediglich eine soziale Betreuung und Begleitung habe man Katalonien zugestanden, also Aspekte wie Intergration, Arbeits- und Wohnungssuche für Betroffene, und werde sie auch anderen Regionen anbieten. Keinesfalls aber stünde der Grenzschutz oder die Einwanderungspolitik zur Debatte, die legt die Verfassung in staatliche Hände.
Denn Junts schlachtete die gewonnene politische Schlacht entsprechend aus und stieß mit rechten Parolen wie der Forderung nach Abschiebung straffälliger Immigranten
die ERC, ihren liebsten Feind im Streben nach der Unabhängigkeit Kataloniens, vor den Kopf. Junts und ERC wollen eigentlich alle staatliche Kompetenzen nach Katalonien abziehen, aber die Separatisten sind nur eines von Sánchez’ Problemen.
Die fünf Abgeordneten von Podemos könnten der Regierung das politische Überleben nicht nur schwer, sondern unmöglich machen. Die Mehrheiten sind so
knapp, dass PSOE und Sumar fast alle Stimmen außer denen der PPund Vox-Abgeordneten brauchen. Acht verschiedene politische Gruppierungen also. Dass ausgerechnet Podemos die Arbeitslosenhilfe kippt, dürfte zwar nicht weiter tragisch sein, aber ein Wink mit dem Zaunpfahl und ein Racheakt gegen Arbeitsministerin Yolanda Díaz ist es wohl. Podemos wird genau wie die ERC das Bündnis vor jedem politischen Entscheid ins Schwitzen bringen. Mit anderen Worten, auch die Hilfe von Podemos werden sich PSOE und Sumar mit Zugeständnissen in Form von Abkommen erkaufen müssen.
Die Regierung wird in dieser Legislatur ihre Taktik ändern, weniger Dekrete auf den Weg bringen und dafür mehr Gesetzesentwürfe einbringen müssen, bei denen sie bei der Verabschiedung nicht alles auf eine Karte setzen muss.
Verhandlungen gehen weiter
Regierung braucht Hilfe von acht politischen Gruppen
Am Mittwoch ging es weiter in dem Verhandlungsreigen zwischen Regierung und Junts. Diesmal standen die Änderungsanträge für das Amnestiegesetz, der Haushalt und die Regelung auf dem Programm, die Kataloniens Kompetenzen in der Einwanderungspolitik definieren soll.