Hausgemachte Naturkatastrophe
Warum Andalusien beim Wassermangel nicht auf Notfallgelder aus der EU hoffen kann
Brüssel/Sevilla – mar. Weil die Dürre die andalusische Wirtschaftsleistung 2023 um 4,3 Milliarden Euro oder 2,1 Prozent der Wirtschaftsleistung geschmälert habe, fordert Landesministerpräsident Juanma Moreno die Aktivierung des Solidaritätsfonds der Europäischen Union für Naturkatastrophen und damit eine Kompensation des Schadens aus EU-Mitteln. Diesen Antrag reichte er vorige Woche persönlich in Brüssel beim Vizepräsidenten der Europäischen Kommission, Maroš Šefčovič, ein, der auch der Verantwortliche für den „Grünen Pakt“ist.
Belehrung aus Madrid
Während Brüssel den andalusischen Hilferuf zunächst reserviert annahm und prüfen will, hat die Regierung in Madrid gleich abgewunken. Moreno kenne sich mit den Mechanismen der EU nicht aus und wisse offenbar nicht, was eine Naturkatastrophe ist, belehrte ihn Umweltministerin Teresa Ribera. Dürre und Wassermangel in Andalusien hätten viele Faktoren, wie den Klimawandel, die übermäßige Ausbeutung, den illegalen Raubbau sowie Defizite sowohl beim technischen Management (marode Leitungssysteme, zu wenig Aufbereitung) als auch bei der Zuteilung durch politische Entscheidungen, lies: Privilegien für
Tourismus, Industrie und Teile der Landwirtschaft. Der Soli-Fonds der EU reagiere aber auf außerordentliche, einmalige Ereignisse, die auf höhere Gewalt (Fluten, Erdbeben, Feuer) oder Fremdeinwirkung (Terrorismus) zurückzuführen seien, nicht auf das Versagen der (regionalen) Politik. Zudem würden Mittel aus dem Fonds an den Staat gezahlt und von dort nach Andalusien gelangen. Seine Reise nach Brüssel war also sinnlos, er hätte nach Madrid fahren müssen.
Andalusien argumentiert zudem damit, dass aus der Region „Lebensmittel für 500 Millionen
Menschen“exportiert würden, „unsere Landwirtschaft also ein Problem von internationalen Ausmaßen“darstelle. 2023 ging die Produktion von Getreide um 35, jene von Feldgemüse um sieben, die von Obst und Zitrusfrüchten um fast zehn Prozent zurück.
Produktion sinkt wegen Dürre
Der Wassermangel und höhere Produktionskosten führen auch zum Abbau der Landwirtschaft unter Planen, die vor allem von großen Agrarunternehmen gesteuert wird. Das Warenvolumen der Lebensmittelproduktion in Andalusien sank im Vorjahr um 12,3 Prozent,
spanienweit nur um 2,2 Prozent. Andalusien verweist auf zwei Präzedenzfälle, als die EU wegen Dürre helfend einschritt: 2012/13 in Rumänien und 2015/16 in Zypern. Der Inselstaat beantragte damals 181 Millionen Euro Hilfen und bekam schließlich 7,3 Millionen, bei Rumänien waren es 2,4 von 800 beantragten Millionen. Bereits 2017 beantragte Andalusien Geld aus dem EU-Solidaritätsfonds, wegen des Großfeuers im Nationalpark Doñana. Der Schaden wurde mit 118 Millionen Euro beziffert. Es gab kein Geld, die Summe lag unter der Mindestschwelle von 1,5 Prozent des BIP.