Allein im Redaktionsschluss
Schneechaos im Redaktionsschluss – Als sich alles um die Kanne Kaffee des Chefs drehte
Es scheint zum Wesen einer Wochenzeitung zu gehören, dass Katastrophen immer am Redaktionsschlusstag passieren. Die Terroranschläge vom 11. März 2004 rissen an einem Donnerstagmorgen in der Madrider Metro fast 200 unschuldige Menschen in den Tod. In der Redaktion der CBN mischten sich Bestürzung und Hektik, um die dramatischen Ereignisse – oder zumindest das, was zu diesem Zeitpunkt darüber bekannt war – noch bis zum Redaktionsschluss am Mittag in die aktuelle Ausgabe zu bringen, die eigentlich so gut wie fertig gewesen war.
Ein damit gemessen eher unbedeutendes Ereignis, aber doch eine mittlere Herausforderung für eine gerade frisch gebackene CBNRedakteurin war auch ein heute kaum noch vorstellbarer Wintereinbruch, der die Costa Blanca über Nacht in eine Schneelandschaft verwandelte.
Es ist Donnerstag, 27. Januar 2005. Ich bin die Einzige, die in Benissa wohnt und zu Fuß in die Redaktion schlittern kann. Um 9.15 Uhr kommt der erste Anruf von Kollege Kippes. „Anne, ich stehe bei Teulada im Stau. Es kann sich nur um Stunden handeln.“Nicht gerade eine beruhigende Aussage, wenn in fünf Stunden die CBN-Seiten in der Druckerei sein müssen. Niemand ist da, niemand fährt die gefilmten Seiten in die Druckerei nach Finestrat. Ja, so lief das damals, als die digitale Datenübertragung
noch in den Kinderschuhen steckte.
Es folgen drei Anrufe vom Chef, der zwischen Calp und Benissa feststeckt. Der erste: „Pass auf, du bist wahrscheinlich die Einzige im Haus. Schick’ an Seiten
raus, was du kannst.“Der zweite: „Ach, du könntest ja schon mal mit der Seite 3 anfangen“, damals unsere Glosse. Und der dritte Anruf von Liebelt: „Ich will dich ja net nerven, aber könntest du dafür sorgen, dass ’ne volle Kanne Kaffee auf dem Tisch steht, wenn wir kommen?“
Es ist 9.25 Uhr, Kippes steht immer noch im Stau auf der N-332 Richtung Benissa, aber immerhin 200 Meter weiter als noch um 9.15 Uhr. Ein deutscher Scherzkeks sei auf der Gegenfahrbahn vorbeigeschlichen und hätte sein Fenster runtergekurbelt. „Wärst wohl besser in den Schwarzwald gefahren!“, breites Grinsen inklusive. Kippes dreht um und eiert hinter zwei Geländewagen die vereisten Nebenstraßen von Teulada bis Benissa hinterher, vorbei an überzuckerten Traumlandschaften.
10.45 Uhr. Jubelndes Gebrüll im Hausflur des CBNGebäudes. Ich bin nicht mehr allein. Anruf von den Kolleginnen aus Torrevieja. „Wisst ihr, wo unsere Seiten abgeblieben sind?“Negativ. „Gibt es diese Woche überhaupt eine CBN?“Zweifel. Die ersten Redakteure kommen an. Noch drei Stunden bis Redaktionsschluss. Jutta hat es als Erste von Calp nach Benissa geschafft. Und das mit dem alten Seat Marbella. Steffi hat zwei Stunden für die Strecke gebraucht. Um 11 Uhr schneit auch der Chef herein, reibt sich die Hände. „So, servus.“Der Kaffee steht bereit.
Jede Woche ein gutes Gedicht würde ich mir wünschen. Manche Gedichte, die ab und zu im Rastro publiziert werden, sind Gereimtes, die kein Verleger ernst nehmen würde.“(Germain Droogenbroodt)