Nach der großen Flut
Hochwasser riss Brücke in Beniarbeig entzwei – Mit gegenseitiger Hilfe wurden viele neue gebaut
„Ich denke, die CBN wurde von der Touristenzeitung zur Informationszeitung, aber ich vermisse etwas mehr Mut zu Diskussionen und unterschiedliche Meinungen zu kritischen Themen wie Ökologie, Massentourismus, Verkehr.“(Barbara Hoffmann)
Die Mischung stimmt, der Proporz auch, ärgerlich sind die oft unpräzisen Formulierungen, der falsche Gebrauch von Fremdwörtern und der wahrscheinlich unfreiwillige Humor in manchen Überschriften: „Unbewusst auf bebender Küste“, „Sexualität bleibt im Klassenzimmer“(Susanne Lücking)
An prägenden Erlebnissen hat es bei der CBN nie gemangelt. Aber eine Zäsur war für mich das Oktober-Hochwasser von 2007. Man watet als Journalist so einige Male mit Block und Kamera durch den Schlamm, schreitet durch verkohlte Landschaften, berichtet über Unwetter, Waldbrände, Unfälle und andere, oft „menschliche“Katastrophen. Aber im Laufe der Jahre verschwimmt das alles. Blickt man zurück, bleibt wenig mehr als „da war ich auch“. Nicht so bei dieser Flut, die die Brücke in Beniarbeig mit sich riss, bei der eine Frau in El Verger ertrank, die Autowracks in die Gärten der Chalets von Els Poblets trieb und in der Calp schier versank.
Ich kann mich an eine alte, resolute Frau erinnern, die die UMESoldaten von ihrem zerstörten Haus und Hof scheuchte, weil sie im Schlamm nach dem alten Familienschmuck wühlte – ihr einziges Hab und Gut, das diese Naturgewalt hätte überstehen können. Jenen Samstagmorgen in El Verger hab ich bis heute vor Augen: Das ganze Dorf auf den Beinen, zwischen angeschwemmten und sich stapelnden Schilfrohren und von Schlamm und Wasser durchtränkten Möbeln. Viele hatten alles verloren, Verzweiflung, Wut und Fassungslosigkeit stand in den Gesichtern der Menschen, aber auch Tatendrang.
Alle packten an, jeder schien über sich selbst hinauszuwachsen. Auch die Ausländer. Die Nationalität spielte keine Rolle mehr, was zählte, war Solidarität.
Die zerstörte Dorfbrücke von Beniarbeig und der in zwei Teile gespaltene Ort galt in den Wochen darauf als Symbol für die Katastrophe. Für mich war sie das nicht. Tausende von Brücken entstanden in diesen Tagen, überall in der Marina Alta, von einem Menschen zum anderen.
In Els Poblets schippte Sabine Kuster mit ihren Kindern den Schlamm von Gehsteigen. Das zerstörte kleine Lokal Baret del Bus in Beniarbeig brachten ausländische Residenten wieder eigenhändig in Schuss. Schon eine Woche später gab es wieder Pizza.
Hilfsaktionen liefen an. Ausländische Vereine, die Evangelische Kirche Costa Blanca und Unternehmen vom Costa Blanca Network schlossen sich auf Initiative der Konzertfreunde zusammen, eröffneten ein Spendenkonto, machten Haushaltsauflösungen zugunsten Geschädigter und veranstalteten einen gigantischen Aktionstag Hochwasserhilfe, an dem sich 20 Vereine beteiligten.
So konnten sie 20.000 Euro zusammentrommeln, die Geschädigten direkt zugute kamen. Zahlreiche Privatpersonen, Verbände und Unternehmen leisteten schneller und direkter Hilfe als die offiziellen Stellen es konnten.
Eine vergleichbare Solidarität seitens der Ausländer und ein derart ausgeprägtes Gemeinschaftsgefühl habe ich seitdem an der Costa Blanca nicht mehr erlebt. Das ist mir von dieser Katastrophe in Erinnerung geblieben und vielen damals betroffenen Spaniern glaube ich auch.