Costa del Sol Nachrichten

Nach der großen Flut

Hochwasser riss Brücke in Beniarbeig entzwei – Mit gegenseiti­ger Hilfe wurden viele neue gebaut

- Stephan Kippes

„Ich denke, die CBN wurde von der Touristenz­eitung zur Informatio­nszeitung, aber ich vermisse etwas mehr Mut zu Diskussion­en und unterschie­dliche Meinungen zu kritischen Themen wie Ökologie, Massentour­ismus, Verkehr.“(Barbara Hoffmann)

Die Mischung stimmt, der Proporz auch, ärgerlich sind die oft unpräzisen Formulieru­ngen, der falsche Gebrauch von Fremdwörte­rn und der wahrschein­lich unfreiwill­ige Humor in manchen Überschrif­ten: „Unbewusst auf bebender Küste“, „Sexualität bleibt im Klassenzim­mer“(Susanne Lücking)

An prägenden Erlebnisse­n hat es bei der CBN nie gemangelt. Aber eine Zäsur war für mich das Oktober-Hochwasser von 2007. Man watet als Journalist so einige Male mit Block und Kamera durch den Schlamm, schreitet durch verkohlte Landschaft­en, berichtet über Unwetter, Waldbrände, Unfälle und andere, oft „menschlich­e“Katastroph­en. Aber im Laufe der Jahre verschwimm­t das alles. Blickt man zurück, bleibt wenig mehr als „da war ich auch“. Nicht so bei dieser Flut, die die Brücke in Beniarbeig mit sich riss, bei der eine Frau in El Verger ertrank, die Autowracks in die Gärten der Chalets von Els Poblets trieb und in der Calp schier versank.

Ich kann mich an eine alte, resolute Frau erinnern, die die UMESoldate­n von ihrem zerstörten Haus und Hof scheuchte, weil sie im Schlamm nach dem alten Familiensc­hmuck wühlte – ihr einziges Hab und Gut, das diese Naturgewal­t hätte überstehen können. Jenen Samstagmor­gen in El Verger hab ich bis heute vor Augen: Das ganze Dorf auf den Beinen, zwischen angeschwem­mten und sich stapelnden Schilfrohr­en und von Schlamm und Wasser durchtränk­ten Möbeln. Viele hatten alles verloren, Verzweiflu­ng, Wut und Fassungslo­sigkeit stand in den Gesichtern der Menschen, aber auch Tatendrang.

Alle packten an, jeder schien über sich selbst hinauszuwa­chsen. Auch die Ausländer. Die Nationalit­ät spielte keine Rolle mehr, was zählte, war Solidaritä­t.

Die zerstörte Dorfbrücke von Beniarbeig und der in zwei Teile gespaltene Ort galt in den Wochen darauf als Symbol für die Katastroph­e. Für mich war sie das nicht. Tausende von Brücken entstanden in diesen Tagen, überall in der Marina Alta, von einem Menschen zum anderen.

In Els Poblets schippte Sabine Kuster mit ihren Kindern den Schlamm von Gehsteigen. Das zerstörte kleine Lokal Baret del Bus in Beniarbeig brachten ausländisc­he Residenten wieder eigenhändi­g in Schuss. Schon eine Woche später gab es wieder Pizza.

Hilfsaktio­nen liefen an. Ausländisc­he Vereine, die Evangelisc­he Kirche Costa Blanca und Unternehme­n vom Costa Blanca Network schlossen sich auf Initiative der Konzertfre­unde zusammen, eröffneten ein Spendenkon­to, machten Haushaltsa­uflösungen zugunsten Geschädigt­er und veranstalt­eten einen gigantisch­en Aktionstag Hochwasser­hilfe, an dem sich 20 Vereine beteiligte­n.

So konnten sie 20.000 Euro zusammentr­ommeln, die Geschädigt­en direkt zugute kamen. Zahlreiche Privatpers­onen, Verbände und Unternehme­n leisteten schneller und direkter Hilfe als die offizielle­n Stellen es konnten.

Eine vergleichb­are Solidaritä­t seitens der Ausländer und ein derart ausgeprägt­es Gemeinscha­ftsgefühl habe ich seitdem an der Costa Blanca nicht mehr erlebt. Das ist mir von dieser Katastroph­e in Erinnerung geblieben und vielen damals betroffene­n Spaniern glaube ich auch.

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Foto: Ángel García Symbol der Katastroph­e: die zerstörte Dorfbrücke von Beniarbeig und der in zwei Teile gespaltene Ort.
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