Inferno vor meiner Haustür
Katastrophen-Journalismus in eigener Sache – Für die CBN auf Reportage bei den großen Waldbränden in Pego
Natürlich gehört es auch zu der Arbeit von Journalisten, über Katastrophen zu berichten. Meist sind diese, zum Glück, in weiter Ferne. Was aber, wenn man die Katastrophe praktisch vor der Haustüre hat? Wenn Leute aus dem eigenen Bekanntenkreis dabei ihr Hab und Gut verlieren? Mir persönlich ist das im Laufe meiner Zeit bei der CBN zweimal passiert. Zweimal war mein Wohnort Pego von Großbränden betroffen, die zwar nicht bis ins Dorf vorrückten, aber die Berglandschaft rundherum vernichteten. Der erste im Mai 2015, der zweite im Sommer 2022.
Der erste begann an einem Donnerstagvormittag, CBNRedaktionsschlusstag. Als ich morgens bei bereits über 30 Grad und Wind ins Büro fuhr, schoss mir noch der Gedanke durch den Kopf, dass das einer dieser Tage ist, an dem ein kleiner Funke eine Katastrophe auslösen könnte. Und so kam es tatsächlich – auch wenn der Brand, von dem mein Mann mir eine Minute vor Redaktionsschluss am Telefon berichtete, in der aktuellen
Ausgabe nur als kleine Meldung auf einer Lokalseite landete. Das wahre Ausmaß wurde erst klar, als die Zeitung schon im Druck war.
Als ich an diesem Nachmittag vom Büro wieder nach Hause fuhr, wurde ich mit apokalyptischem Ascheregen begrüßt und erfuhr dankbar, dass meine Schwägerin meine Kinder vorzeitig aus der Vorschule abgeholt hatte – zu viel Qualm in der Luft für die kleinen Kinderlungen.
Dann ging es zur Berichterstattung direkt ins Brandgebiet, der einzige Vorteil war wohl die kurze
Anfahrt. Und die Tatsache, unseren Fotografen dabei zu haben, der sich für unsere Leser näher an die
Flammen wagte, als ich es je getan hätte. Meine Aufgabe war leichter, aber nicht unbedingt angenehmer, hatten doch meine in den Bergen lebenden Bekannten, deren innerhalb von kürzester Zeit verkohlte
Existenz ich beschreiben sollte, die wohl schlimmsten 24 Stunden ihres Lebens hinter sich. Menschen im Schockzustand Informationen zu entlocken, zählt nicht zu den angenehmsten Aspekten der journalistischen Arbeit.
Gut 1.700 Hektar Bergland sind damals verbrannt. Als sich die Berge gefühlt gerade wieder erholt hatten, schlugen im August 2022, ausgehend von Vall d’Ebo, nach einem Blitzeinschlag erneut Flammen zu. Vom Balkon meiner Schwiegereltern aus blickten wir bei Temperaturen von um die 40 Grad geschockt ins Inferno. Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich einen Notfallkoffer packte.
Ich brauchte ihn nicht, rund 1.500 andere mussten dagegen ihre Häuser verlassen. 12.150 Hektar fielen diesem schwersten Waldbrand in der Geschichte der Marina Alta zum Opfer, also eine rund sieben Mal so große Fläche wie sieben Jahre zuvor, als schon von einer der bis dahin schlimmsten Katastrophen in Pegos Bergen die Rede war. Sieben Jahre, in denen sich die Welt verändert und sich die Dimensionen von Katastrophen vervielfacht haben.
Die Infos sind aktuell und sehr gut gemacht für das deutschsprachige Publikum. Ich vermisse mehr Interviews mit bekannten Menschen, die hier leben oder die History der lang ansässigen Firmen.“(Mario Schumacher)