Bauern aller Länder
Auch Spaniens Landwirte sind auf der Straße – Forderung nach Sofortplan
Madrid – tl. Europas Bauern sind stinkig. Auf die EU-Kommission und deren angeblich zu „grüne“Agrarpolitik sowie auf die eigenen Regierungen. Eine bäuerliche Protestwelle schwappt über den Kontinent hinweg und hat auch Spanien erreicht. Vergeblich hatte die Regierung versucht, die Landwirte von ihren Protestaktionen abzuhalten. Das Beispiel der Nachbarn dürfte den spanischen Bauern Mut gemacht haben. Viele Regierungen sind angesichts der Proteste eingeknickt, haben beschlossene Kürzungen zurückgenommen und Zusagen erhalten.
Am stärkten eingeknickt ist wohl die französische Regierung, aber auch das Gesetz für die Verringerung des Pestizideinsatzes in der Europäischen Union ist vom Tisch. Schließlich steht im Juni die EU-Parlamentswahl an, für den Umweltschutz scheint danach Zeit genug zu bleiben. Der Umweltverband Global 2000 hielt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor, das wichtigste umweltpolitische Ziel „beerdigt“zu haben. Die Bauernfreunde feiern das Ende einer realitätsfernen
Maßnahme. Überbrücken wird die EU den Widerspruch wie üblich mit einem Griff ins Portemonnaie.
Das tut ohnehin dem Protest in Spanien bisher keinem Abbruch. Von Huelva über Sevilla nach Kastilien-León und ganz Spanien breiteten sich die Traktoren aus, die Bauern machten Zaragoza und Valladolid dicht, auch an der Mittelmeerküste kam es zu Blockaden. Und nach Barcelona soll es auch noch gehen, wie zur Rosi, aber über die Autobahn.
„Der Agrarsektor wird auf die Straße gehen und sich den ganzen Monat über zu unserem Beruf und zur Landwirtschaft bekennen,“meint Asaja-Vizepräsident José Manuel Cebollada. Die Zusagen von Agrarminister Luis Planas waren den drei Verbänden nicht gut genug, sie fordern einen Sofortplan, der Maßnahmen sowohl auf EUEbene als auch spanienweit und in den autonomen Regionen umfasst.
In der Bauernschaft herrscht Frust über die erschwerten Bedingungen und die erdrückende Bürokratie infolge der EU-Vorschriften. Und obendrein die Konkurrenz. „Die Landwirte sind mit einem deregulierten Markt konfrontiert, der landwirtschaftliche Produkte aus Drittländern zu niedrigen Preisen importiert, was einen Preisdruck auf Produkte aus der EU und aus Spanien ausübt. Diese Nicht-EUProduktionen entsprechen nicht den EU-internen Vorschriften“, ließen die drei Verbände verlauten.
Für spanische Bauern geht es konkret um Produkte aus Ägypten und Marokko. In dem Sofortplan sollen auch die Probleme infolge der Dürre in Spanien behandelt werden. Ferner die Konsequenzen für den Agrarsektor aus dem Krieg in der Ukraine. Zudem müsse über Preis und Produktionskosten geredet werden. Was die gemeinsame EU-Agrarpolitik anbetrifft, plädieren die Verbände für Vereinfachung und Flexibilität. Auch das geplante EU-Lieferkettengesetz sehen die Verbände kritisch. Außerdem gelte es, die schwierige Situation der Viehzüchter zu lösen.
Auch Arbeits- und Sozialversicherungsfragen wollen die Verbände mit der Regierung klären.
An einer Sache wird der Protest allerdings nicht liegen: am Geld. Aus dem Topf der gemeinsamen Agrarpolitik erhält die spanische Landwirtschaft zwischen 2023 und 2027 insgesamt 47,7 Milliarden Euro. Das ist der drittgrößte Posten nach Frankreich und Deutschland. Zusätzlich gibt es Geld vom Staat. Das steht in keinem Verhältnis zur Wirtschaftsleistung. In Spanien hat die Landwirtschaft einen Anteil am Bruttoinlandsprodukt von 2,7 Prozent. Im Vergleich dazu der Tourismus: 12,8 Prozent. Dennoch haben die Bauern eine Macht, vor der alle Regierungen zittern.
Und diese Macht nutzen sie auch. Über kurz oder lang aber wird auch die Landwirtschaft auf den „Green Deal“in der EU einschwenken müssen. Noch findet sich ein nachhaltiger und klimaneutraler Umbau der Wirtschaft in Europa nicht in der gemeinsamen Agrarpolitik wider. Dabei ist die Landwirtschaft für ein Zehntel des Ausstoßes der Treibhausgase verantwortlich.
Die Landwirtschaft wird auf den Green Deal in der EU einschwenken müssen.