Bescheidener Tiefstapler
Flamencogitarrist Tomatito tritt in Málaga auf, wo er einst zum Konzertmusiker heranwuchs
Almería/Málaga – jan. Der Werdegang des Flamencogitarristen Tomatito aus Almería kann sich wahrlich sehen lassen. Zwei Latin Grammy stehen in seiner Vitrine, zig Tourneen hat er in seiner bereits mehr als fünf Jahrzehnte währenden, erfolgsgekrönten Karriere absolviert, von Amerika bis Japan. Im Jahr 2003 trat er als erster Solist an der Flamencogitarre in der Royal Albert Hall in London auf, vor fast 2.000 Zuschauern. Und neben zahlreichen weiteren Auszeichnungen wurde ihm 2018 vom spanischen König Felipe VI. die goldene Medaille der spanischen Künste verliehen.
Trotzdem sieht sich José Fernández Torres, wie Tomatito mit bürgerlichem Namen heißt, noch immer nicht als einer der ganz Großen des Flamenco. Vielmehr stellt er sich selbst immer in den Schatten zweier anderer Interpreten des Genres, und zwar seines Vorbildes, des Gitarristen Paco de Lucía, und seines Mentors, Sänger Camarón de la Isla.
Solist wider Willen
Als zwei unerreichbare Genies definiert er die beiden Musiker. Paco de Lucía (1947-2014), an dessen Seite er in mehreren Alben und zahlreichen Konzerten spielen durfte, ist für ihn der beste Gitarrist in der Geschichte des Flamenco und einer der besten Weltmusiker, den Spanien hervorgebracht hat. Und Camarón de la Isla (19501992), den er 18 Jahre lang als Gitarrist begleitete, schreibt er das Verdienst zu, den Flamenco revolutioniert und erneuert zu haben.
Er wäre nie Sologitarrist geworden, wenn Camarón de la Isla nicht so früh verstorben wäre, beteuert Tomatito immer wieder. Dem Sänger würde er bis heute als
Begleitgitarrist treu zur Seite stehen, ohne dass er dies bedauern würde. So sehr miteinander harmoniert hatte das Duo damals, dass ihn nach dem Tod von Camarón de la Isla auch keine anderen Flamencosänger als Begleitgitarristen nachgefragt hätten. Weshalb er seinem Vorbild Paco de Lucía folgend, der in jungen Jahren übrigens auch Camarón de la Isla an der Gitarre begleitet hatte, ebenfalls eine Solo-Karriere startete, quasi notgedrungen.
Neun Alben hat er als Solist bislang herausgebracht, darunter „Sonanta Suite“, das er 2010 mit dem Klassiklabel „Deutsche Grammophon“produzierte und für dessen Aufnahme ihn das Orquesta
Nacional de España begleitete. Sein zehntes Album, das noch keinen Titel hat, kündigt Tomatito für kommenden September an. Es werde eine Hommage an Paco de Lucía sein, schickt der Musiker voraus. Eine Single aus dem Album hat der Gitarrist bereits veröffentlicht. Diese trägt den Titel „El sabio“(Der Weise) und ist Camarón de la Isla gewidmet. So wie jedes seiner Alben enthalte es Lieder, mit denen er seinem Mentor gedenke, versichert Tomatito.
Ausflüge in den Jazz
Vorher schon, im März, kommt noch ein weiteres Album heraus, und zwar eines, das er mit dem dominikanischen Jazzpianisten Michel
Camilo aufgezeichnet hat, mit dem Tomatito schon seit 25 Jahren kooperiert. Nach den Alben „Spain“, „Spain Again“und „Spain Forever“haben sich Tomatito und Camilo für „Spain Forever Again“erneut zusammengefunden. Musikalische Ausflüge hat der Flamencogitarrist wiederholt nämlich nicht nur in die Klassik unternommen, sondern – wie Paco de Lucía – auch in den Jazz.
Sein Musikertraum, den er sich ob seiner prall gefüllten Konzertagenda so bald aber nicht wird erfüllen können, sei nämlich, als Jazzgitarrist in den USA Sänger des Genres zu begleiten. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten wird Tomatito bald auch schon wieder auf der Bühne stehen, wenn auch mit seiner Flamencogitarre. In New York tritt er nämlich Anfang März im Rahmen eines Flamenco-Festivals auf.
Danach geht es zurück nach Europa, zunächst für Solo-Konzerte in Polen und den Niederlanden, bevor er dann am 15. Mai schließlich im Münchner Prinzregententheater zusammen mit Michel Camilo auftreten wird. Und noch vor seiner Atlantik-Überquerung stehen für Tomatitio Konzerte in Sevilla, Porto und Lissabon an.
Sein nächster Auftritt wird jedoch in Málaga sein, dort wo er Anfang der 1970er Jahre seine musikalische Laufbahn begann. Tomatito – Sohn, Enkel und Neffe von Flamencogitarristen aus Almerías Fischerviertel Pescadería – ging nämlich in sehr jungen Jahren an die Costa del Sol, um in den dortigen Flamenco-Tavernen zum Musiker heranzureifen. Nun kehrt er zurück, für ein Konzert am 10. Februar im Rahmen eines Flamenco-Zyklus, der im Teatro del Soho in Málagas Altstadt geboten wird.