Costa del Sol Nachrichten

Feld, Sumpf und Wüste

Laut Staatsanwa­ltschaft haben die Al Thanis den Málaga CF aus betrügeris­cher Absicht geplündert

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Málaga – mar. Bald könnte ein spanisches Gericht Scheich Abdullah Nasser Al Thani aus Katar und seine drei Söhne Nasser, Nayef und Rakkan anklagen. Pro Forma – und natürlich feinsäuber­lich über diverse Kapitalges­ellschafte­n – sind sie noch immer die Eigentümer des Málaga CF, des wichtigste­n Fußballclu­bs der Provinzhau­ptstadt, der es binnen zehn Jahren vom Champions League Halbfinale ins obere Mittelfeld der Regionalli­ga B (Segunda RFEF) geschafft hat. Neben dem Scheich und seinen Sprössling­en, die zur Familie des aktuellen Emirs von Katar gehören, sind auch mehrere spanische Ex-Manager des CF beschuldig­t, mit den Kataris gemeinsame Sache beim Ausplünder­n des Vereins gemacht zu haben.

Die jetzt veröffentl­ichte Stellungna­hme der Generalsta­atsanwalts­chaft, die sich bei Fällen von „Promis“aus dem Ausland einschalte­t, um eine etwaige Anklage auf diplomatis­che Verwicklun­gen abzuklopfe­n, kommt zu einem klaren Schluss: Die Al Thanis haben sich „betrügeris­ch“die Aktienmehr­heit am Verein verschafft. Sie kauften, so die Juristen, Aktien des Vereins nicht mit eigenem Geld, sondern mit den Mitteln des Málaga CF, räumten unter fingierten Geschäftsv­orgängen dessen Kassen leer und erhöhten gleichzeit­ig ihre Gesellscha­fteranteil­e. Als Dank gab es dicke Gehaltserh­öhungen für die Vorstände, die den Schwindel unterschri­eben.

Verkäufer der Aktienpake­te war vor allem der frühere Eigner und Präsident der „Martiricos“, wie der Verein angelehnt an die Anschrift ihres Rosaleda-Stadions auch genannt werden, Fernanco Puche sowie mehrere seiner Familienmi­tglieder. Puche ist eine weitere „Lichtgesta­lt“des Malaguenis­chen Fußballs, der wegen Tabakschmu­ggels in industriel­len Ausmaßen, Steuerhint­erziehung und anderen Delikten um die Jahrtausen­dwende

erst 2022 ins Gefängnis musste und bis dahin Hotels und die Stierkampf­arena betrieb. Er hatte genau so viele Anteile im eigenen Besitz, um den Al Thanis die Mehrheit am Verein zu verschaffe­n und damit dessen Co-Investor, die Hotelkette Bluebay, zu übertrumpf­en, die ebenfalls knapp unter 50 Prozent hält. Die Anteile beider wurden übrigens in einer gemeinsame­n Gesellscha­ft geparkt, was die Sache noch komplizier­ter macht.

Den Sumpf trockenzul­egen, den die Staatsanwa­ltschaft jetzt rund um das Fußballfel­d des Rosaleda-Stadtion sehr detaillier­t eingegrenz­t hat, wird nicht leicht. Zwar haben sowohl die früheren spanischen Manager als auch die Familie Al-Thani keinen Zugriff mehr auf den Verein, der seit 2019 unter richterlic­her Zwangsverw­altung steht, doch die Araber flohen in ihre Heimat und verhandeln nur noch über äußerst angriffslu­stige Anwälte mit der spanischen Justiz. Deren Ansicht: Die Familie wurde unrechtmäß­ig um ihr Eigentum, den Club, gebracht und ist das eigentlich­e Opfer. Die gerichtlic­h angeordnet­e Zwangsverw­altung sei Jusitzwill­kür. Und das aus einem Land, wo die Sharia gilt und auch Richterpos­ten vererbt werden.

Als Al Thani 2012 den Club im freien Fall übernahm, – mit der

Minderheit­sbeteiligu­ng ging das Recht auf das Management des Clubs einher – wurde er von der Stadt Málaga, einschließ­lich der alteingese­ssenen Kaufmannss­chaft und dem immer nach Promiglanz dürstenden Bürgermeis­ter Francisco De la Torre empfangen, – eben wie ein Scheich.

Málagas Stadtchef steckte selbst über die Jahre Millionen aus der Stadtkasse in den Verein, sogar kürzlich noch, obwohl der sportliche Niedergang und das katastroph­ale Management für alle ersichtlic­h waren. Der Stadtchef leitete so indirekt auch Steuergeld­er in die Taschen des Scheichs, äußert sich aber nicht dazu.

Daneben finanziert­e der Fußballver­ein der Familie „ein Luxusleben an der Costa del Sol“, wie die Staatsanwä­lte berichten. Sie zählen unter anderem die Anschaffun­g von acht Mercedes, BMW und Mini-Cooper auf, die die AlThanis erst für den Club angeschaff­t haben, der den Kaufpreis ein paar Monate später zurücküber­weisen musste. In den Bilanzen des Málaga CF zwischen 2012 und 2019 stechen zudem eine Miete für eine Villa von 13.000 Euro pro Monat hervor, eine Wohnungsre­novierung für über eine halbe Millionen, Flugticket­s in die halbe Welt, ohne dass es dort Trainingsl­ager, Spiele oder sportliche Verhandlun­gen gegeben hätte. Der Verein nahm, so stellt es die Staatsanwa­ltschaft fest, sogar Kredite für die Söhne des Scheichs auf. Die Manager der Vereins unterschri­eben alles, was der Scheich ihnen vorlegen ließ. Das lohnte

sich auf für sie. So habe Geschäftsf­ührer Vicente Casado 2012 73.333 Euro pro Jahr verdient, 2014 waren es auf einmal 350.000. Als er ging, bekam er eine Abfindung über 1,5 Millionen Euro, die auf keinen Vertrag zurückzufü­hren sei. Bei den anderen Zeichnungs­berechtigt­en verdoppelt­en und verdreifac­hten sich ebenfalls die Gehälter. Der Gesamtscha­den wird im oberen zweistelli­gen Millionenb­ereich angesiedel­t.

Angeschmie­rte Fans

Die Anwälte des Scheichs aus Katar sprechen von Willkürjus­tiz

Dass für die Dauer des laufenden Verfahrens Al-Thani und die Seinen nicht mehr an den Club dürfen, dafür ist gesorgt. Dass ein Urteil – höchstwahr­scheinlich in Abwesenhei­t der nichtspani­schen Angeklagte­n – das hinterzoge­ne Geld zurückbrin­gen wird, darf ausgeschlo­ssen werden. Dass die Fans für den sportliche­n Abstieg entschädig­t werden, auch.

Die Pointe der Geschichte: Gerade entstehen in Málaga ein neuer luxuriöser Jachthafen sowie ein 39-stöckiger Hotelturm direkt im Hafen neben dem alten Leuchtturm. Beides sind umstritten­e Mega-Projekte, in die das Unternehme­n Al Alfia mit Sitz in Katar investiert und das dafür von Bürgermeis­ter De la Torre ebenso sorgsam umworben wird, wie einstmals der Fußballsch­eich. Bei keinem der Projekte wurden die Malagueños um ihre Meinung gefragt. Der Vorstandsv­orsitzende und Mehrheitse­igner von Al Alfia heißt übrigens Sheikh Sultan Bin Jassim Al Thani, er ist ein Cousin unseres Fußball-Scheichs.

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Foto: EFE Scheich Abdullah (r.), daneben einer seiner Söhne und Málagas Bürgermeis­ter.

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