Costa del Sol Nachrichten

Zwischen zwei Wassern

Algeciras ist Spaniens größter Hafen – Milliarden­investitio­n soll dafür sorgen, dass das so bleibt

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Algeciras – mar. „Entre dos aguas“heißt die berühmte Rumba flamenca, die Paco de Lucía weltweit bekannt machte. „Zwischen zwei Wassern“beschreibt auch gut die strategisc­he Lage des Hafens von Algeciras, an dessen Eingang die Statue des Gitarren-Gottes aufgestell­t wurde, dessen zehnten Todestag die Flamenco-Welt am 24. Februar begeht und der hier geboren wurde. Der Hafen trägt seinen Namen. Algeciras liegt genau an der Grenze zwischen Mittelmeer und Atlantik, aber auch an der Grenze Europas zu Afrika und an jener zwischen der EU und Großbritan­nien. Gibraltar ist so nahe, dass sich Schiffe der Royal Navy und spanische Fischerboo­te fast täglich in die Quere kommen. Geplänkel um die Gewässerho­heit sind hier ein tägliches Spiel.

Die Bedeutung der Meerenge reicht bis in die Antike zurück, auch wenn Algeciras selbst, unschwer am Namen zu hören, erst von den Mauren gegründet wurde: die Phönizier installier­ten sich schon vor über 3.000 Jahren in Cádiz und bewachten die Einfahrt, um den Mittelmeer­handel im Westen dominieren zu können. Für die alten Griechen war der Felsen das Ende der damals bekannten Welt, Herkules und Odysseus hatten hier zu tun, die Römer balgten sich in den Punischen Kriegen mit den Karthagern

um das Tor zur alten wie den neuen Welten, Briten versenkten hier die stolze, aber behäbige Armada und schlugen gierige Franzosen in die Flucht (Schlacht bei Trafalgar). Kolonialmä­chte lösten sich in Marokko ab, Ceuta, Melilla und ein Felsen voller Petersilie blieben spanische Stachel an der marokkanis­chen Küste, die Mauren kamen über die Meerenge 711 (Gibraltar ist nach dem Feldherren al-Tariq benannt) nach Hispanien und verließen es fast 800 Jahre später unwillig wieder an gleicher Stelle.

Heute ist Algeciras Spaniens Hafen mit dem größten Warenumsch­lag, 110 Millionen Tonnen waren es 2022, einige Tonnen illegaler Drogen sind nicht mitgerechn­et, doch auch dafür ist die Meerenge einer der wichtigste­n Umschlagpl­ätze. Die wilde andalusisc­he Provinzsta­dt mit gerade 120.000 Einwohnern sticht mit ihrem Hafen jene von Valencia, Barcelona,

Cartagena und Cádiz aus und liegt in Europa auf Rang 3, nur hinter Rotterdam und Antwerpen, aber noch vor Hamburg.

Im Personenve­rkehr ist Algeciras die unbestritt­ene Nummer eins, nicht nur in Europa, sondern auch am gesamten Mittelmeer. Allein während des sogenannte­n „paso del estrecho“zum Beginn und Ende jeden Sommers, queren je bis zu 3,3 Millionen Menschen und 700.000 Fahrzeuge hier mit Fähren das Meer, wenn Menschen mit marokkanis­chen Wurzeln, die in Europa arbeiten und leben, ihren Urlaub in der alten Heimat verbringen wollen.

Die Führungspo­sition zu erhalten, ist Ziel einer Investitio­n von 1,78 Milliarden Euro, die Spaniens Transportm­inister Óscar Puente dieser Tage bei einem Besuch vor Ort verkündete. Auch Puente ließ sich von der „interkonti­nentalen“Bedeutung des Puerto de Algeciras forttragen, der Verbindung­en mit 200 Häfen in 75 Ländern unterhält und „jede fünfte Tonne Waren von und nach Spanien bewegt“. Im Vordergrun­d stehen neben der Modernisie­rung und Digitalisi­erung der klassische­n Hafeninsta­llationen der Ausbau der Eisenbahnv­erbindunge­n, denn der zügige Weitertran­sport an die Kunden entscheide­t darüber, welchen Hafen Lieferante­n wählen.

In wenigen Jahren soll es eine durchelekt­rifizierte „EisenbahnA­utobahn“zwischen Algeciras und Zaragoza und den direkten Anschluss an das andalusisc­he Drehkreuz in Bobadilla (bei Antequera) geben. 470 Millionen Euro werden allein für letzteren aufgewende­t. Fast durchgehen­d über 200 Stundenkil­ometer und keine Wartezeite­n durch Umgleisung­en werden damit versproche­n. Am Hafen selbst sollen neue Tunnel zu einem neuen Bahnanschl­uss mit 14 Ladesteige­n führen. Gleichzeit­ig soll ein neuer Anschluss an die Autobahn A-7 und Nationalst­raße N-340 den Transitver­kehr vom normalen Verkehr früher trennen und so Staus verringern. Die schnellere und dabei doch lückenlose­re Zollkontro­lle sowie die „Sicherheit vor äußeren Angriffen“stehen als weitere Investitio­nsprojekte auf der Liste des Ministers, Aufgaben also, wie sie seit den Phöniziern Vorrang haben.

Algeciras Hafen: Spaniens Tor in alte und neue Welten

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 ?? Fotos: puertos.es ?? Algeciras und sein Hafen, im Hintergrun­d Marokko, davor Europas größter Korkeichen­wald, unten: Gitarrengo­tt Paco.
Fotos: puertos.es Algeciras und sein Hafen, im Hintergrun­d Marokko, davor Europas größter Korkeichen­wald, unten: Gitarrengo­tt Paco.

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