Erben in Patchworkfamilien
Trauschein oder nicht, gemeinsame Kinder: Was in den verschiedensten Fällen machbar und ratsam ist
In Spanien gibt es viele glückliche Paare, die sich erst später im Leben gefunden haben. Die Kinder aus einer ersten, geschiedenen Ehe sind groß, und man lebt mit dem neuen Partner zusammen, neu verheiratet oder auch ohne „Trauschein“. Sicher haben sie nach dem ersten Liebesrausch schon einmal darüber gesprochen, was denn mit ihrem Vermögen geschieht, wenn einer der Partner verstirbt und wer wieviel und was am Ende nach dem Tod beider bekommen soll.
Das wird am besten in einem Testament der Partner festgelegt. Für dessen Inhalt kommt es zuerst natürlich auf die Wünsche und Vorstellungen der beiden Partner an, die ganz unterschiedlich sein können. Es gibt aber einige typische Gestaltungen, die hier vorgestellt werden und Ihnen vielleicht eine Hilfe bieten.
Oftmals möchte der zuerst Versterbende den hinterbliebenen
Partner finanziell absichern. Da ist zunächst die gesetzliche Hinterbliebenenrente, die in der Regel 55 Prozent der Altersrente ausmacht, vielleicht auch eine Versorgung aus einer Betriebsrente oder Lebensversicherung. Das Erbe kann dazu eine wesentliche Ergänzung sein. Das gilt besonders, wenn es sich im Wesentlichen um eine Immobilie handelt, die von dem Paar bewohnt wurde.
Manchmal gibt es auch den Wunsch, nur die (jeweils) eigenen Kinder aus erster Ehe erben zu lassen. Nicht selten gibt es aber auch gemeinsame Kinder aus der neuen Beziehung, die bedacht sein wollen. Die Dinge sind stets etwas kompliziert, weil das Erbrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches die Patchworkfamilie nicht kennt, sondern vom früheren Standardfall der lebenslangen Ehe ausgeht.
Deutsches oder spanisches Erbrecht?
Vorab müssen wir klären, welches Recht denn Anwendung findet: deutsches oder spanisches Erbrecht. Zwischen den beiden gesetzlichen Regelungen gibt es ganz erhebliche Unterschiede. Vor allem werden die Ehepartner im spanischen Erbrecht gegenüber den Kindern stark benachteiligt. Sehen Sie also gegebenenfalls zu, dass unbedingt deutsches Erbrecht gilt.
Deutsches Erbrecht gilt, wenn Sie Ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben (siehe 183-Tage Regel) oder wenn Sie – bei einem Lebensmittelpunkt in Spanien – im Testament das deutsche Erbrecht ausdrücklich gewählt haben.
Letzteres sollten Sie unbedingt in jedem Fall tun, damit nicht später von den Erben über die Frage gestritten wird, wie lange Sie in Spanien Ihren Lebensmittelpunkt hatten und welches Erbrecht nun gilt. Ist das geklärt, geht’s zur Sache.
Fall 1: Mit Trauschein, beide haben Kinder aus erster Ehe
Wird nichts Abweichendes im Testament geregelt, so gilt nach deutschem Recht folgendes:
Wenn die Eheleute, wie in der Regel, im gesetzlichen Güterstand des Zugewinnausgleiches leben, erbt beim Tod des Partners A der Partner B die Hälfte (¼ Erbrecht und ¼ pauschaler Zugewinnausgleich). Die Kinder des verstorbenen Partners A erben untereinander zu gleichen Teilen die andere Hälfte. Die Kinder des Partners B erben nichts, weil sie ja nicht mit Partner A verwandt sind. Stirbt dann auch der Partner B, erben dessen Kinder alles, auch das, was zuvor vom Ehepartner ererbt wurde, und die Kinder des zuerst verstorbenen Partners A erben nichts, weil sie nicht mit dem Partner B verwandt sind.
Das wird vielleicht nicht als gerecht empfunden, weil die Kinder des Erstverstorbenen am Ende, wenn beide Partner verstorben sind, benachteiligt werden – denn es erben nur die leiblichen Kinder des zuletzt Verstorbenen, und im Erbe ist das verbliebene Vermögen des Erstverstorbenen enthalten. Zudem muss der überlebende Partner das Erbe mit den Kindern des verstorbenen Partners teilen, die ihm vielleicht nicht nahestehen.
Das ist dann besonders unzuträglich, wenn zum Beispiel dafür das Haus verkauft werden muss.
Das Problem der Erbteilung für den überlebenden Partner kann durch ein sogenanntes „Berliner Testament“vermieden werden. Darin setzen sich die Eheleute gegenseitig zu Vorerben ein, oft mit der Maßgabe, dass der Partner zu seinen Lebzeiten noch frei über das gesamte Erbe verfügen kann. Zum Schlusserben können zum Beispiel alle Kinder beider Partner gemeinsam bestimmt werden.
Allerdings gibt es einen Haken: Die biologischen Kinder des zuerst Verstorbenen können trotzdem ihren Pflichtteil verlangen, das ist das halbe gesetzliche Erbe. Um das wenig attraktiv zu machen, kann bestimmt werden, dass sie am Ende teilweise oder ganz leer ausgehen, wenn sie ihren Pflichtteil geltend machen.
Zu bedenken ist allerdings, dass das Berliner Testament bei größeren Vermögen steuerlich nachteilig sein kann. Weil bei jedem Erbfall (Vor- und Nacherbe) Steuern anfallen, wenn die Freibeträge überschritten werden.
Wenn nur die eigenen Kinder erben sollen
Vielleicht möchten die Partner erreichen, dass jeweils nur die eigenen biologischen Kinder erben, nicht aber der Partner. Das kann vor allem dann der Fall sein, wenn beide Ehepartner Vermögen mit in die (zweite) Ehe gebracht haben und die wechselseitige Absicherung der Partner nicht so wichtig ist.
Das lässt sich recht einfach erreichen. Im Testament werden die jeweils eigenen Kinder als Alleinerben eingesetzt und beide Eheleute verzichten wechselseitig auf ihr Erbe und den Pflichtteil. Dazu ist allerdings ein Gang zum Notar zwingend notwendig. Um Kosten
zu sparen genügt es, den Pflichtteilsverzicht notariell beurkunden zu lassen und das Testament zugunsten der eigenen Kinder im Übrigen handgeschrieben und unterschrieben privat zu machen.
Fall 2: Mit Trauschein, es gibt auch gemeinsame Kinder
Hier wird es nun etwas verwickelt. Sie müssen sich zunächst einig darin sein, welches Ergebnis Sie für richtig halten. Es liegt durchaus nahe, gemeinsame Kinder besser zu stellen als die Kinder aus früherer Beziehung. Das erscheint in aller Regel auch als gerecht, denn die Kinder aus einer anderen Beziehung erben ja später zusätzlich auch noch von dem anderen biologischen Elternteil, der oder dem „Ex“. Vielleicht teilen Sie meine Einschätzung, dass es in aller Regel gerecht ist, wenn gemeinsame
Kinder am Ende, wenn beide Partner verstorben sind, genau so viel erhalten, wie alle nicht gemeinsamen Kinder zusammen. Wie kann das erreicht werden?
Die Eheleute setzen sich gegenseitig zu Vorerben ein und bestimmen, dass gemeinsame Kinder zu ein Halb, und die nicht gemeinsamen Kinder beider Seiten zu je einem Viertel Nacherbe sein sollen. Auch hier kann der Pflichtteilsanspruch der leiblichen Kinder die Gerechtigkeit stören, so dass eine Klausel sinnvoll ist, nach der sie als Nacherbe nichts oder weniger erhalten, wenn sie ihren Anspruch geltend machen.
Fall 3: Lebenspartner „ohne Trauschein“
Paare, die nicht verheiratet sind, werden auch im Erbrecht entsprechend behandelt. Es gibt kein
wechselseitiges gesetzliches Erbrecht. Kinder aus einer früheren Beziehung erben nur von ihren jeweiligen biologischen Elternteilen.
Es kann sein, dass dieses Ergebnis von Ihnen auch so gewünscht wird. Das kann besonders dann der Fall sein, wenn beide Partner finanziell unabhängig sind. Dann bedarf es insoweit keines Testamentes.
Soll der überlebende Partner finanziell abgesichert werden, gibt es gewisse Schwierigkeiten. Da es kein gesetzliches Erbrecht des Partners gibt, stehen einer testamentarisch verfügten Allein- oder Vorerbschaft des Partners jetzt viel größere Pflichtteilsansprüche der biologischen Kinder gegenüber. Schenkungen an den Partner helfen nur, wenn sie mindestens zehn Jahre vor dem Erbfall gemacht sind.
Hier müssen gerechte Lösungen zu Lebzeiten mit allen Beteiligten gefunden werden – vielleicht bei einer Einladung der betroffenen Familienangehörigen an die schöne Costa Blanca? Ein solches einvernehmliches Vorgehen ist ganz generell in allen Fällen sehr zu empfehlen.
Was ist zu bedenken?
Ganz entscheidend ist bei allen hier vorgestellten Konstellationen, in wessen Eigentum eine Immobilie in
Spanien oder in Deutschland steht und wie das Vermögen zwischen den Eheleuten oder Partnern verteilt ist. Bei ungleicher Verteilung kommt es zu verschiedenen Ergebnissen, je nachdem, wer zuerst verstirbt.
Auch deshalb mein Tipp: Spielen Sie den Erbfall mit geschätzten, runden Zahlen einmal durch, dann sehen sie, wann das Ergebnis Ihren Vorstellungen von Gerechtigkeit entspricht.
In vielen Fällen werden Sie zur Regelung Ihrer Erbschaft an einer fundierten fachlichen Beratung nicht vorbeikommen. Denn jeder Fall braucht eine individuelle Lösung.
Neben den hier aufgezeigten Wegen gibt es zudem auch noch die Möglichkeit, über Nießbrauch an der Immobilie, Erbverträge oder Vermächtnisse eine passende Lösung zu finden. Zu entscheiden ist auch, ob Sie die Kinder für den Fall einer Wiederverheiratung des zurückbleibenden Partners sichern möchten.
Die Erbschaftssteuer
Und denken Sie schließlich auch an die Erbschaftsteuer! Anders als beim Erbrecht können Sie nicht darüber bestimmen, ob deutsches oder spanisches Steuerrecht Anwendung findet. Dazu ein anderes Mal mehr!