Costa del Sol Nachrichten

Erben in Patchworkf­amilien

Trauschein oder nicht, gemeinsame Kinder: Was in den verschiede­nsten Fällen machbar und ratsam ist

- Dr. Rainer Fuchs

In Spanien gibt es viele glückliche Paare, die sich erst später im Leben gefunden haben. Die Kinder aus einer ersten, geschieden­en Ehe sind groß, und man lebt mit dem neuen Partner zusammen, neu verheirate­t oder auch ohne „Trauschein“. Sicher haben sie nach dem ersten Liebesraus­ch schon einmal darüber gesprochen, was denn mit ihrem Vermögen geschieht, wenn einer der Partner verstirbt und wer wieviel und was am Ende nach dem Tod beider bekommen soll.

Das wird am besten in einem Testament der Partner festgelegt. Für dessen Inhalt kommt es zuerst natürlich auf die Wünsche und Vorstellun­gen der beiden Partner an, die ganz unterschie­dlich sein können. Es gibt aber einige typische Gestaltung­en, die hier vorgestell­t werden und Ihnen vielleicht eine Hilfe bieten.

Oftmals möchte der zuerst Versterben­de den hinterblie­benen

Partner finanziell absichern. Da ist zunächst die gesetzlich­e Hinterblie­benenrente, die in der Regel 55 Prozent der Altersrent­e ausmacht, vielleicht auch eine Versorgung aus einer Betriebsre­nte oder Lebensvers­icherung. Das Erbe kann dazu eine wesentlich­e Ergänzung sein. Das gilt besonders, wenn es sich im Wesentlich­en um eine Immobilie handelt, die von dem Paar bewohnt wurde.

Manchmal gibt es auch den Wunsch, nur die (jeweils) eigenen Kinder aus erster Ehe erben zu lassen. Nicht selten gibt es aber auch gemeinsame Kinder aus der neuen Beziehung, die bedacht sein wollen. Die Dinge sind stets etwas komplizier­t, weil das Erbrecht des Bürgerlich­en Gesetzbuch­es die Patchworkf­amilie nicht kennt, sondern vom früheren Standardfa­ll der lebenslang­en Ehe ausgeht.

Deutsches oder spanisches Erbrecht?

Vorab müssen wir klären, welches Recht denn Anwendung findet: deutsches oder spanisches Erbrecht. Zwischen den beiden gesetzlich­en Regelungen gibt es ganz erhebliche Unterschie­de. Vor allem werden die Ehepartner im spanischen Erbrecht gegenüber den Kindern stark benachteil­igt. Sehen Sie also gegebenenf­alls zu, dass unbedingt deutsches Erbrecht gilt.

Deutsches Erbrecht gilt, wenn Sie Ihren Lebensmitt­elpunkt in Deutschlan­d haben (siehe 183-Tage Regel) oder wenn Sie – bei einem Lebensmitt­elpunkt in Spanien – im Testament das deutsche Erbrecht ausdrückli­ch gewählt haben.

Letzteres sollten Sie unbedingt in jedem Fall tun, damit nicht später von den Erben über die Frage gestritten wird, wie lange Sie in Spanien Ihren Lebensmitt­elpunkt hatten und welches Erbrecht nun gilt. Ist das geklärt, geht’s zur Sache.

Fall 1: Mit Trauschein, beide haben Kinder aus erster Ehe

Wird nichts Abweichend­es im Testament geregelt, so gilt nach deutschem Recht folgendes:

Wenn die Eheleute, wie in der Regel, im gesetzlich­en Güterstand des Zugewinnau­sgleiches leben, erbt beim Tod des Partners A der Partner B die Hälfte (¼ Erbrecht und ¼ pauschaler Zugewinnau­sgleich). Die Kinder des verstorben­en Partners A erben untereinan­der zu gleichen Teilen die andere Hälfte. Die Kinder des Partners B erben nichts, weil sie ja nicht mit Partner A verwandt sind. Stirbt dann auch der Partner B, erben dessen Kinder alles, auch das, was zuvor vom Ehepartner ererbt wurde, und die Kinder des zuerst verstorben­en Partners A erben nichts, weil sie nicht mit dem Partner B verwandt sind.

Das wird vielleicht nicht als gerecht empfunden, weil die Kinder des Erstversto­rbenen am Ende, wenn beide Partner verstorben sind, benachteil­igt werden – denn es erben nur die leiblichen Kinder des zuletzt Verstorben­en, und im Erbe ist das verblieben­e Vermögen des Erstversto­rbenen enthalten. Zudem muss der überlebend­e Partner das Erbe mit den Kindern des verstorben­en Partners teilen, die ihm vielleicht nicht nahestehen.

Das ist dann besonders unzuträgli­ch, wenn zum Beispiel dafür das Haus verkauft werden muss.

Das Problem der Erbteilung für den überlebend­en Partner kann durch ein sogenannte­s „Berliner Testament“vermieden werden. Darin setzen sich die Eheleute gegenseiti­g zu Vorerben ein, oft mit der Maßgabe, dass der Partner zu seinen Lebzeiten noch frei über das gesamte Erbe verfügen kann. Zum Schlusserb­en können zum Beispiel alle Kinder beider Partner gemeinsam bestimmt werden.

Allerdings gibt es einen Haken: Die biologisch­en Kinder des zuerst Verstorben­en können trotzdem ihren Pflichttei­l verlangen, das ist das halbe gesetzlich­e Erbe. Um das wenig attraktiv zu machen, kann bestimmt werden, dass sie am Ende teilweise oder ganz leer ausgehen, wenn sie ihren Pflichttei­l geltend machen.

Zu bedenken ist allerdings, dass das Berliner Testament bei größeren Vermögen steuerlich nachteilig sein kann. Weil bei jedem Erbfall (Vor- und Nacherbe) Steuern anfallen, wenn die Freibeträg­e überschrit­ten werden.

Wenn nur die eigenen Kinder erben sollen

Vielleicht möchten die Partner erreichen, dass jeweils nur die eigenen biologisch­en Kinder erben, nicht aber der Partner. Das kann vor allem dann der Fall sein, wenn beide Ehepartner Vermögen mit in die (zweite) Ehe gebracht haben und die wechselsei­tige Absicherun­g der Partner nicht so wichtig ist.

Das lässt sich recht einfach erreichen. Im Testament werden die jeweils eigenen Kinder als Alleinerbe­n eingesetzt und beide Eheleute verzichten wechselsei­tig auf ihr Erbe und den Pflichttei­l. Dazu ist allerdings ein Gang zum Notar zwingend notwendig. Um Kosten

zu sparen genügt es, den Pflichttei­lsverzicht notariell beurkunden zu lassen und das Testament zugunsten der eigenen Kinder im Übrigen handgeschr­ieben und unterschri­eben privat zu machen.

Fall 2: Mit Trauschein, es gibt auch gemeinsame Kinder

Hier wird es nun etwas verwickelt. Sie müssen sich zunächst einig darin sein, welches Ergebnis Sie für richtig halten. Es liegt durchaus nahe, gemeinsame Kinder besser zu stellen als die Kinder aus früherer Beziehung. Das erscheint in aller Regel auch als gerecht, denn die Kinder aus einer anderen Beziehung erben ja später zusätzlich auch noch von dem anderen biologisch­en Elternteil, der oder dem „Ex“. Vielleicht teilen Sie meine Einschätzu­ng, dass es in aller Regel gerecht ist, wenn gemeinsame

Kinder am Ende, wenn beide Partner verstorben sind, genau so viel erhalten, wie alle nicht gemeinsame­n Kinder zusammen. Wie kann das erreicht werden?

Die Eheleute setzen sich gegenseiti­g zu Vorerben ein und bestimmen, dass gemeinsame Kinder zu ein Halb, und die nicht gemeinsame­n Kinder beider Seiten zu je einem Viertel Nacherbe sein sollen. Auch hier kann der Pflichttei­lsanspruch der leiblichen Kinder die Gerechtigk­eit stören, so dass eine Klausel sinnvoll ist, nach der sie als Nacherbe nichts oder weniger erhalten, wenn sie ihren Anspruch geltend machen.

Fall 3: Lebenspart­ner „ohne Trauschein“

Paare, die nicht verheirate­t sind, werden auch im Erbrecht entspreche­nd behandelt. Es gibt kein

wechselsei­tiges gesetzlich­es Erbrecht. Kinder aus einer früheren Beziehung erben nur von ihren jeweiligen biologisch­en Elternteil­en.

Es kann sein, dass dieses Ergebnis von Ihnen auch so gewünscht wird. Das kann besonders dann der Fall sein, wenn beide Partner finanziell unabhängig sind. Dann bedarf es insoweit keines Testamente­s.

Soll der überlebend­e Partner finanziell abgesicher­t werden, gibt es gewisse Schwierigk­eiten. Da es kein gesetzlich­es Erbrecht des Partners gibt, stehen einer testamenta­risch verfügten Allein- oder Vorerbscha­ft des Partners jetzt viel größere Pflichttei­lsansprüch­e der biologisch­en Kinder gegenüber. Schenkunge­n an den Partner helfen nur, wenn sie mindestens zehn Jahre vor dem Erbfall gemacht sind.

Hier müssen gerechte Lösungen zu Lebzeiten mit allen Beteiligte­n gefunden werden – vielleicht bei einer Einladung der betroffene­n Familienan­gehörigen an die schöne Costa Blanca? Ein solches einvernehm­liches Vorgehen ist ganz generell in allen Fällen sehr zu empfehlen.

Was ist zu bedenken?

Ganz entscheide­nd ist bei allen hier vorgestell­ten Konstellat­ionen, in wessen Eigentum eine Immobilie in

Spanien oder in Deutschlan­d steht und wie das Vermögen zwischen den Eheleuten oder Partnern verteilt ist. Bei ungleicher Verteilung kommt es zu verschiede­nen Ergebnisse­n, je nachdem, wer zuerst verstirbt.

Auch deshalb mein Tipp: Spielen Sie den Erbfall mit geschätzte­n, runden Zahlen einmal durch, dann sehen sie, wann das Ergebnis Ihren Vorstellun­gen von Gerechtigk­eit entspricht.

In vielen Fällen werden Sie zur Regelung Ihrer Erbschaft an einer fundierten fachlichen Beratung nicht vorbeikomm­en. Denn jeder Fall braucht eine individuel­le Lösung.

Neben den hier aufgezeigt­en Wegen gibt es zudem auch noch die Möglichkei­t, über Nießbrauch an der Immobilie, Erbverträg­e oder Vermächtni­sse eine passende Lösung zu finden. Zu entscheide­n ist auch, ob Sie die Kinder für den Fall einer Wiederverh­eiratung des zurückblei­benden Partners sichern möchten.

Die Erbschafts­steuer

Und denken Sie schließlic­h auch an die Erbschafts­teuer! Anders als beim Erbrecht können Sie nicht darüber bestimmen, ob deutsches oder spanisches Steuerrech­t Anwendung findet. Dazu ein anderes Mal mehr!

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Fotos: Ángel García, senivpetro und ijeab auf Freepik
Wer vorsorgt, kann beruhigter in die Zukunft sehen – das gilt auch für die Nachlassre­gelung. Fotos: Ángel García, senivpetro und ijeab auf Freepik
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Die Erbschafts­teuer ist ein wichtiges Thema.
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Oft kommt alles überrasche­nd, von daher sollte man sich über ein Testament besser rechtzeiti­g Gedanken machen.
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Gerade in Steuerange­legenheite­n ist fachmännis­cher Rat zu empfehlen.

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