Eine Elbphilharmonie am Mittelmeer
Baubeginn für Málagas 100-Millionen-Auditorium – Startschuss für neue Küsten-Achse
Málaga – mar. Die Stadtoberen Málagas sollten eine kleine Reise nach Hamburg machen. Denn die dortige Elbphilharmonie explodierte kostenseitig von geplanten 77 auf ausgegebene 866 Millionen Euro. Ein paar warnende Lektionen könnte man an die Costa del Sol mitbringen. Die Ambitionen für Málagas neues Auditorium, das ebenfalls direkt am Wasser gebaut werden soll, sind nicht kleiner. 97,7 Millionen Euro sind veranschlagt, um auf dem Gelände am Hafen San Andrés neben der Mündung des Guadalmedina einen futuristisch ausschauenden Konzert- und Veranstaltungspalast für bis zu 1.900 Zuschauer zu errichten, mit großem Konzertsaal, Kammermusiksaal, Probenräumen, Restaurants, Shops und so weiter.
Das Geld dafür kommt vor allem vom Land Andalusien, dem spanischen Staat und natürlich der EU. Das Projekt wurde seit 2008 schon vor Baubeginn mehrfach verschoben, zeitlich wie räumlich. Jetzt beginnen die Arbeiten auf dem drei Hektar großen Gelände, in diesem Jahr gibt es dafür zehn Millionen Euro, eine Fertigstellung ist wohl ab 2027 möglich, kein Politiker wagt aber die Nennung eines Termins.
Beethoven und Gucci
Der neue Sporthafen davor wird gleichzeitig gebaut, die Fischer bekamen ein paar Anlegestellen mit Auktionshalle an der Mündung des Flusses zugewiesen. Ein Investitionsfonds aus Katar der Emir-Familie Al-Thani hat einen Luxushafen angekündigt, gegen den Puerto Banús in Marbella aussehen soll wie ein tröger Bootssteg. Markenshopping mit Gucci & Co sollen die Highlights neben den Jachten werden. Dass Málaga ein großes,
zentrales und zu Fuß erreichbares Veranstaltungs- und Konzerthaus gebrauchen kann, steht außer Frage, das jetzige Auditorium neben dem Feria-Gelände an der MA-20, quasi in einem Industriegebiet liegend, ist alt und hässlich und der Stadt nicht würdig. Das neue Auditorium samt Gucci-Hafen wird zudem den Endpunkt der neuen großen Küsten-Achse Málagas darstellen, die sich bis zum Malagueta-Strand und dem historischen Leuchtturm La Farola über vier Kilometer ziehen wird.
Das Ziel hier: Die Verbindung zwischen Hafen, Meer und Stadt samt seiner Bürger erneuern, nicht nur durch schicke neue Gebäude, mehr Parks, sondern vor allem die Verlegung der Nationalstraße N340 unter die Erde. Bis 2029 soll das geschafft sein, das Projekt wird
mit grob einer Milliarde Euro veranschlagt und Málaga für Jahre in eine riesige Baustelle verwandeln.
Achse in die Zukunft
Auch am anderen Ende der neuen Küstenpromenade verewigen sich die Scheichs. Der Fonds, der den Hafen in San Andrés errichtet, will auch das umstrittene Hotelhochhaus am Kreuzfahrthafen errichten. Die Warnung, dass Málaga an seinem eigenen Erfolg scheitern könnte, ist trotz der exorbitanten Preisentwicklungen und Angebotsschieflagen im Miet- und Kaufmarkt für Immobilien und Geschäfte eine reine Frage der Perspektive. Verlieren werden die „normalen“Malagueños, gewinnen werden Reiche, betuchte Ausländer und Unternehmer der Tourismusindustrie. Málagas Stadtchef
hat an diesen Prioritäten nie einen Zweifel gelassen, die Malagueños wählten ihn trotzdem. Trotz der Niederlage im Ringen um die Weltausstellung 2027 hält Bürgermeister De la Torre an allen seinen Großprojekten fest.
In Hamburg könnte er nicht nur etwas über Kostenfallen lernen, sondern auch, wie man ein Konzerthaus bespielt, weil Formen auch Inhalte brauchen. Während in Spanien nämlich fast alle Auditorien und Theater fremdbespielt sind und daher sehr häufig leer stehen, leistet sich Deutschland den Luxus von hunderten öffentlich finanzierten Orchestern und Ensembletheatern. In Hamburg ist es das NDR-Orchester, das in die Elbphilharmonie einzog. Für Málaga gibt es noch keine inhaltliche Konzeption, außer Gucci.