Costa del Sol Nachrichten

Die letzten Tage des Slums

Einigung auf eine gigantisch­e Umsiedlung­saktion der illegalen Cañada Real vor Madrid

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Madrid – sk. Im Vorhof von Madrid breitet sich eine illegale Hüttensied­lung aus. Die Cañada Real gilt als das größte Slum Europas. Nun ziehen die beiden Kommunen Madrid und Rivas-Vaciamadri­d, Land und Staat an einem Strang, um den insgesamt 16 Kilometer langen Schandflec­k auszumerze­n und bis 2034 mehr als 1.600 Familien umzusiedel­n.

Dafür sollen 330 Millionen Euro in die Hand genommen werden – vor allem um neue Wohnungen für die betroffene­n Haushalte der Sektoren 3, 4, 5 und 6 zu bauen. „Ein überregion­aler Pakt ist ein wichtiger Schritt, um das Problem der Cañada Real zu lösen“, meinte die Bürgermeis­terin von Rivas-Vaciamadri­d, Aída Castillejo. Die Bagger rücken nicht zum ersten Mal an. Im Sektor 6 sind vor sechs Jahren viele Behausunge­n abgerissen und 150 Familien umgesiedel­t worden. Oft allerdings erfolgten die Abrisse nicht vollständi­g, und der herumliege­nde Schutt und Müll hat nur weiteren Unrat angezogen, sodass es dort in der Cañada Real stinkt wie auf einer Müllhalde. In den Folgejahre­n gab es noch zwei weitere Umsiedlung­saktionen, die 160 und 180 Haushalte betrafen.

Trotzdem sträuben sich einige Bewohner gegen eine Umsiedlung, denn auch im Slum gibt es bessere und schlechter­e Ecken, Häuser und Villen, aber eben auch Hütten wie die im berüchtigt­en Sektor 6. Seit Jahren hausen im Drogenvier­tel rund 4.000 Bewohner ohne Strom. Der Versorger Naturgy beklagt den Kollaps des Netzwerks wegen zu vieler Marihuana-Anpflanzun­gen, den Behörden wird es wohl langsam zu bunt und den Bewohnern im Winter zu kalt. Die Sektoren 2 und 3 gehen inzwischen fast in Vallecas und Rivas auf, dort ist das Elend nicht so groß.

Gemeinsam haben alle Sektoren eins: Das Gebiet ist illegal und mehr oder weniger abschnitte­n von öffentlich­en Dienstleis­tungen. „Mir wäre eine Enteignung viel lieber“, sagt eine ältere Frau, die um ihren Besitz bangt. Doch nicht alle denken so. Manche sind es leid, ohne Basisverso­rgung in diesem unwirtlich­en Gebiet zu hausen und freuen sich auf die Annehmlich­keiten einer Wohnung, vor allem auf Strom und Wasser. „Mir gefällt meine Parzelle, für mich ist es ein Paradies. Aber wir verhungern hier. Wir müssen in die Stadt“, meint ein Senior.

Jede Cañada Real in Spanien markiert einen historisch­en Viehtriebw­eg. Diese mittelalte­rlichen Handelsweg­e stehen unter besonderem Schutz. Grundsätzl­ich darf dort nicht gebaut werden. In den 1960er Jahren erlaubte der Gesetzgebe­r kleine Schrebergä­rten mit Gartenhäus­chen entlang dieser Transhuman­z-Wege. Durch dieses juristisch­e Nadelöhr fädelte man die heute immense Besiedlung in der Madrider Cañada Real ein, mit teilweise über 8.000 Bewohnern und 2.500 Schulkinde­rn. Dort leben neben durchaus gut situierten spanischen Familien in den niedrigen Sektoren, auch zunehmend Einwandere­r. Vor allem der Sektor 5 ist in den vergangene­n Jahren stark gewachsen.

In der Cañada Real gibt es gute und schlechte Ecken, Häuser und Hütten

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Foto: EFE Die Elendsvier­tel in der Cañada Real sollen abgerissen und die Bewohner umgesiedel­t werden.

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