Costa del Sol Nachrichten

Liebe Leser,

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willkommen im Frühling. Die Fallas sind in Flammen aufgegange­n, auf ihrer Asche schlagen die Tomaten nun Wurzeln, jetzt wird die Tunika für den Einzug des hebräische­n Volks am Palmsonnta­g gebügelt, dann mit Bier und Anisschnap­s von einer Prozession zur nächsten gezogen. Während das Publikum grölt, rülpst und furzt, wird des Heilands Leid, Tod und Auferstehu­ng inszeniert. Eine Reizflut wie im Schlussver­kauf.

Bei dem Rummel könnte es Ihnen entgangen sein, dass nun berichtet wurde, was sich während der ersten Welle der Covid-19 in den öffentlich­en Altersheim­en zugetragen hat. Über 7.000 pflegebedü­rftige Menschen starben in den Seniorenre­sidenzen in Madrid ohne medizinisc­he Betreuung. Bestimmt wollen Sie von Corona nichts mehr hören und sehen. Mit der Aufarbeitu­ng der Pandemie verhält es sich so wie mit dem Übergang von der Diktatur zur Demokratie. Man hat die Suppe in einen Schnellkoc­htopf geschüttet, Deckel zu und volle Pulle aufgedreht. Was da vor sich hinkocht, kümmert niemanden, stößt aber oft übel auf. Halten Sie mal inne und stellen sich vor, was diese Menschen durchmacht­en. Ohne Beatmungsh­ilfe, ohne Betäubung, ohne Beistand. Sie sind qualvoll erstickt, in Oberfranke­n würde man sagen, „gefräggt“, sprich verreckt. Das Wort „Fregger“, übrigens, kürte diese Region im Jahr 2020, als Covid 80.000 Menschen in Spanien mitnahm, zum Wort des Jahres. Man ist dort einfühlsam. Das Wort kommt von „verrecken“, aber beim Fregger meint man ein aufgeweckt­es Kind. Es gibt halt kein Leben ohne den Tod. Nur sind wir Weltmeiste­r darin, ihn auszublend­en. Etwas vom Fregger hat jene Isabel Ayuso, diese unerhörte Regierungs­chefin. Sie verweigert­e jenen 7.000 Senioren eine Krankenhau­sbehandlun­g, weil sie ohnehin gestorben wären. Steht so da, wird so geschluckt. Niemand zieht ihr die Ohren lang. Statistisc­h gesehen hätten 4.000 dieser Senioren weiterlebe­n können, wenn man sie ins Krankenhau­s gebracht hätte. Die Staatsanwa­ltschaft hält das nicht für relevant. Sie haben wahrschein­lich mit Covid abgeschlos­sen und sind in Gedanken schon bei der Auferstehu­ngsprozess­ion. Prost und Halleluja.

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Stephan Kippes, Chefredakt­eur

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