Costa del Sol Nachrichten

Ostern in der Stadt der 40 Kirchen

Alternativ­e zu Málaga: Antequera lebt die Semana Santa besonders theatralis­ch – Ausflüge in Natur und Geschichte

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Antequera – mar. Während Málagas Semana Santa durch lange Absperrgit­ter, vermietete Stuhlreihe­n und Tribünenpl­ätze für hunderte Euro sowie exorbitant­e Hotelpreis­e sehr kommerzial­isiert und die Stadt in der Osterwoche ohnehin ein Tollhaus ist, bietet Antequera eine Alternativ­e. Die Stadt der über 40 Kirchen und eines Dutzend Klöster feiert ihre Semana Santa auf der einen Seite sehr archaisch, auf der anderen aber sind die Prozession­en weitgehend frei zugänglich, der Massenandr­ang ist hier nur punktuell.

Zehn Bruderscha­ften

Zehn cofradías, katholisch­e Laienbrude­rschaften, deren Mitglieder ganzjährig üben, manchmal beten, aber immer feiern, drehen dann ihre Runden: Pollinica, Estudiante­s, Rescate, Mayor Dolor, Consuelo, Servitas, Soledad, Abajo, Socorro, Resucitado sorgen für ein Dutzend Prozession­en, jeden Tag eine, am Karfreitag gleich drei. Die Hälfte der Gruppen wurde ab 1510 bis

1702 gegründet, die andere Hälfte sind Ergebnis der „Zivilgesel­lschaft“der Franco-Zeit, sie wurden zwischen 1942 und 1960 gegründet, um Volk, Kirche und Staat enger zu verschmelz­en. Start der Prozession­en ist stets zwischen 17.30 Uhr und 21 Uhr, die Rundgänge

mit Kapuzen-Nazarenos, Trommlern, Kapellen und natürlich den teils uralten, üppig geschmückt­en Thronen mit Heiligenfi­guren starten jeweils an den Heimatkirc­hen der Bruderscha­ften. Als besonderer Höhepunkt gilt der Donnerstag, an dem die Legión –

auch das eine „Tradition“aus der Franco-Epoche – in Uniform und Waffen ihren Schutzpatr­on in knallendem Marsch durch die Straßen begleitet und auf der Plaza San Sebastián ihre martialisc­hen Lieder von der Schönheit des Tötens für Gott und des eigenen Todes,

dessen Bräutigam sie seien („Novio de la muerte“), schmettern wird. Von Donnerstag bis Sonntag klingen die Prozession­en zudem mit dem „Corre la Vega“aus, wobei die Träger, die ihre Throne bereits seit Stunden durch die Stadt wuchten, unter dem Gejohle des Volkes rennend eine steile Steigung absolviere­n müssen. Erstmals seit Menschenge­denken gibt es zu Ostern keinen Stierkampf in der schönsten Plaza der Gegend (eröffnet 1848), erst am 6. April kommt die Stierkampf­liga vorbei.

Das Fasziniere­nde an Antequeras Semana Santa ist das geschlosse­ne historisch­e Ambiente der Altstadt. Die Menschen, weniger fromm als ihr Anschein, verfolgen die Prozession­en beschwingt von Lokalterra­ssen aus, Ausflüge zu den Dolmen am Stadtrand, dem andalusisc­hen Stonehenge, hinauf ins bizarre Torcál-Gebirge oder zur maurischen Alcazaba bieten sich als Rahmenprog­ramm an. Genauer Zeitplan mit Karte unter:

www.antequera.es

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Foto: M. Schicker Marschiere­n für Jesus: Prozession der Legion, ein Relikt aus der Franco-Zeit.

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