Auf einmal sind alle dafür
Andalusiens Großstädte planen Touristensteuer – Sevilla deckelt Zahl der Touristenapartments
Málaga/Sevilla – mar. Plötzlich will er „immer dafür gewesen“sein. Málagas Bürgermeister Francisco De la Torre, für den eine Touristensteuer, also ein paar Euro pro Kopf und Nacht in Hotels, Pensionen, Ferienwohnungen oder Campimngplätzen, vor kurzem noch sozialistisches Teufelszeug war und „ein Wettbewerbsnachteil für den Tourismusstandort“darstellte, sieht darin jetzt eine „sinnvolle Entlastung der Bürger Málagas, auf deren Kosten sich Touristen an der Stadt erfreuen“dürften, „auch wenn die Besucher indirekt über Steuern zur Finanzierung beitragen“, wie er gastfreundlich nachschiebt. Die Kehrtwende vollführt er mit seinen Amts- und Parteikollegen aus Córdoba und Sevilla, Schwergewichten des Städtetoruismus.
Angestoßen wurde die erneute Debatte über ein in Andalusien von der konservativen Volkspartei eigentlich als erledigt angesehenes Thema, durch das Vorhaben von Sevillas Bürgermeister José Luis Sanz, die berühmte Plaza de España abzusperren und dafür Eintritt zu verlangen, wir berichteten. Die Zentralregierung in Madrid, die „jeden Versuch ablehnt, öffentlichen Raum zu privatisieren“, knallte Sanz die Touristensteuer um die Ohren: „Was Sie so verbissen ablehnen, ist genau die Lösung für Ihr Problem“.
Steuer auch für Spanier
Und das ist sie tatsächlich, glaubt jetzt sogar Sanz, denn die Steuer wird nur von denen bezahlt, die eine zusätzliche Belastung der Infrastruktur bedeuten, Touristen also. Und die Einnahmen daraus dürfen nach EU-Normen nur im gleichen Sektor ausgegeben werden und bliebe den Gemeinden erhalten. Die Balearen und Katalonien sind Zeugen, dass die Steuer keinen Rückgang des Tourismus bedeutet.
Nun, da Málaga plötzlich „immer
schon“dafür ist, dürften auch die Gemeinden an den Mittelmeerküsten, überwiegend PP-regiert, nichts gegen eine zusätzliche Einnahmequelle haben, auch wenn die Touristen schon jetzt für jährliche Millionenüberschüsse in den Stadtkassen sorgen. Málagas Stadtchef glaubt zudem, dass eine Touristensteuer den „Qualitätstourismus“fördere, Reisende anlocke, die möglichst in 4- und 5-Sterne-Hotels absteigen, von denen Dutzende geplant und im Bau sind.
Für Hotels der Massenabfertigung entlang der Costa, die vor allem von Reisebüro-Giganten befüllt werden, ist indes jeder Euro mehr ein Problem. Sie stehen in direktem Konkurrenzkampf mit der Türkei oder Marokko. Was spanische Reisende aus anderen Regionen davon halten, die vor allem auch die Nebensaison und das Billigsegment bespielen, bliebe zudem abzuwarten, denn aus Antidiskriminierungsgründen dürften sie von einer Touristensteuer
nicht ausgenommen bleiben. Für die EU ist ein Madrilene an der Costa del Sol genauso ein „Binnentourist“wie ein Berliner.
Eine Abstufung nach dem Preis der Übernachtung gibt es nicht und so ist klar, dass der „kleine Mann“mal wieder verhältnismäßig mehr bezahlt. Bei angenommenen 4 Euro pro Nacht und Erwachsenen, die Hälfte für Kinder, kommt eine vierköpfige Familie bei 14 Tagen Urlaub auf Zusatzkosten von 168 Euro. Die tun nur „normalen“Menschen weh, doch die will Málaga gar nicht, frei nach Marie Antoinette: wer sich die Costa del Sol nicht leisten kann, der soll doch an die Cote d’Azur fahren.
Noch vor wenigen Monaten lehnte Andalusiens Tourismusminister
Arturo Bernal es rundweg ab, auch nur eine Studie zur Touristensteuer anzustrengen, „der Sektor will nicht ein Wort davon hören“. Das gleiche galt für die Begrenzung der Zahl von Touristenapartments, gegen die die Junta bis in die letzte Instanz klagte - und verlor. Sevilla auch PP regiert - hat jetzt beschlossen, den Anteil von Touristenapartments bei zehn Prozent der verfügbaren Wohnungen pro Barrio zu deckeln, nach Cádiz die zweite Großstadt Andalusiens, die das macht. Die 34 Prozent Anteil, die Airbnb und Co. schon jetzt in der Sevillaner Altstadt haben, werden freilich rückwirkend nicht angetastet. In Málagas Altstadt liegt dieser Anteil bei 54 Prozent. Bis dato war Málagas Stadtchef immer der Überzeugung, dass der Markt alles regeln würde. Es würde kaum überraschen, wenn er schon bald „schon immer“für eine Begrenzung gewesen sein wird. Seine Leute arbeiteten derzeit an „einem Szenario“.
Andalusien sucht nach einheitlicher Lösung – die Küste ist skeptischer