Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?
Vorgezogene Landtagswahl in Katalonien – Kommt jetzt Carles Puigdemont zurück?
Barcelona/Madrid – sk/ dpa. Politiker fürchten ihn wie die Pest, seine Rückkehr und die vorgezogenen Landtagswahlen in Katalonien am 12. Mai läuten für die Konservativen bereits das Ende der Legislatur von Pedro Sánchez ein. Das Comeback des Justizflüchtlings Carles Puigdemont und damit vielleicht des einzigen Politikers, der Ministerpräsident Pedro Sánchez mit seinem Verhandlungsgeschick und dessen eigenen Waffen schlagen kann, steht also unmittelbar bevor.
Die Madrider Regierung hängt derzeit in den Seilen. Die EUKommission beziffert den Schaden durch den Korruptionsfall „Koldo“und den Ankauf defizitärer Atemschutzmasken auf 17,7 Millionen Euro. An die Verabschiedung des Staatshaushalts ist nicht zu denken, da in Katalonien die ERC und Junts im Wahlkampf aufeinander, aber trotzdem in Eintracht gegen die Sozialisten vorgehen. „Ich wäre an der Stelle von Pedro Sánchez ziemlich verärgert. Spanien bleibt ohne Haushalt und Katalonien auch“, sagte ERC-Chef Pere Aragonès. Ein Schelm, wer Böses denkt, schließlich hat Aragonès seine Landesregierung gegen die Wand laufen lassen und Neuwahlen ausgerufen, wohl auch um seinem Lieblingsfeind Carles Puigdemont eins reinzuwürgen.
Carles Puigdemont ist wohl so etwas wie die stille Eminenz in Katalonien. Bevor der Separatistenführer 2017 ins Exil flüchtete, führte er die liberal-separatistische Landesregierung, die das Unabhängigkeitsreferendum und die Unabhängigkeitserklärung Kataloniens anstrengte. Nun will Puigdemont nach Spanien zurückkehren und sich unter dem Schutz der Amnestie als Spitzenkandidat von Junts präsentieren. „Er ist bereit, zurückzukommen und sich verhaften zu lassen. Aber sie werden
nicht verhindern können, dass er Präsident wird“, versicherte sein Anwalt Gonzalo Boyé. Mit den vorgezogenen Neuwahlen wollte ERC-Chef Aragonès Puigdmeont wohl ausbremsen, denn bis 12. Mai tritt die Amnestie nicht in Kraft. Der Senat blockiert mit konservativer Mehrheit den Gesetzesentwurf so lange er irgendwie kann – doch nach zwei Monaten dürfte der Text wohl zurück zur Verabschiedung im Parlament gehen, also eher Ende als Mitte Mai.
Die politische Situation in Katalonien ist so verkorkst wie im ganzen Land. Die Mehrheit halten die Sozialisten unter Salvador Illa, ein gemäßigter und kompromissbereiter Politiker, der Spanien als Gesundheitsminister durch die
schlimmste Zeit der Covid-Pandemie führte. Nur an die Macht kommt er nicht, obwohl er ideologisch der ERC nahesteht. Doch die Linksrepublikaner ziehen unter der Flagge des Separatismus in den Wahlkampf. „Unsere Wähler werden am 12. Mai entscheiden, ob sie einen Präsidenten aus Katalonien haben wollen oder einen Abgesandten aus der Moncloa“, schwadronierte Aragonès.
Die ERC tagträumt lieber von der Unabhängigkeit und lässt sich auf den politischen Albtraum mit den liberalen Junts ein, als Realpolitik an der Seite der Sozialisten zu betreiben. Anders als die ERC, hält Junts an dieser abstrusen Idee einer einseitigen Unabhängigkeit für Katalonien fest, was 2017 in diese traumatische Zwangsverwaltung der Region mündete. PP-Sprecher Borja Sémper sprach von einem „Problem für alle Spanier“, „vor allem aber für die Regierung“. Beim ganzen „Theater“gehe es in erster Linie darum, dass Ministerpräsident Pedro Sánchez die Separatisten mit dem Versprechen einer Amnestie gekauft habe. Damit habe er die Unabhängigkeitsbefürworter wieder stark gemacht, und die hätten nun auch in Madrid „alles unter Kontrolle“.
Auf Gedeih und Verderb
Fällt Spanien der Himmel auf den Kopf, wenn Puigdemont nach Spanien zurückkehrt? Schwer zu sagen was passiert, aber die Kolumnistin Lola García bringt es in der Zeitung „La Vanguardia“gut auf den Punkt. Puigdemont provoziert „Fassungslosigkeit“. Auf sein Plazet ist die Minderheitsregierung von Pedro Sánchez im Parlament angewiesen, wenn sie ein Gesetz durchbringen will. Ebenso wie auf die Hilfe der ERC. Das ist bereits seit den Wahlen so. Woran sich auch nichts ändert: Puigdemont ist auf Gedeih und Verderb Sánchez ausgeliefert.
Verkorkste politische Situation in Spanien und Katalonien