Viel Nitrat im Grundwasser
EU-Gericht rügt Spanien – Vieh- und Landwirtschaft wichtiger als Wasserschutz
– sk. Spanien klagt über Wassernot, scheint aber nicht sonderlich sorgsam mit dem knappen Gut umzugehen. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat das Land verurteilt, weil es seine Wasserreserven nicht ausreichend vor Nitraten schützt. Die Richter stellten Versäumnisse und Verstöße gegen Vorgaben in acht Regionen fest, in denen nichts oder nicht genug gegen die Verschmutzung des Grundwassers aus Land- und Viehwirtschaft unternommen wird.
Deswegen hatte die EU-Kommission Spanien im Jahr 2022 verklagt. Vorgaben, die auf das Jahr 1991 zurückgehen, werden immer noch nicht erfüllt. Brüssel warnte wiederholt vor Eutrophierung von Gewässern, wie sie etwa im Mar Menor Schlagzeilen gemacht haben, wo sich Algen aufgrund von Nitraten stark ausgebreitet und das maritime Leben in einer grünen Suppe nahezu erstickt hatten. Viele diese Warnungen sind bereits eingetreten, man hat einige davon wohl in den Wind geschlagen.
So schreibt die EU ihren Mitgliedern vor, landwirtschaftliche Gebiete auszuweisen, in denen Nitrate ins Grundwasser eintreten oder sich mit oberflächlichen Gewässern wie Bächen, Flüssen, Seen oder Meeren vermengen können.
Die Landwirtschaft will davon nichts wissen. Dort müssen regelmäßig Wasserproben entnommen werden. Dies hätte in acht Gebieten auf den Balearen, in Madrid und Valencia passieren müssen. Ferner hätten die Regionen Aragón, Kastilien-La Mancha, Kastilien und León sowie die Extremadura und Madrid vorbeugende Maßnahmen zum Schutz vor Nitrat-Eintritten treffen müssen. Außerdem hätten Aragón, KastilienLa Mancha, Kastilien und León sowie Murcia zwingend notwendige Maßnahmen zum Wasserschutz ergreifen müssen.
Die Lage ist ernster, als man glaubt. „Der hohe Nitratgehalt in Flüssen und Quellen zählt zu den großen Problemen der Wasserrreserven im ganzen Land“, teilte auch das Umweltministerium in Reaktion auf das Urteil mit. Ministerin Teresa Ribera setzt auf Reinigung und Aufbereitung und verweist auf ein Gesetz zur Ausweisung sensibler Gebiete. Allerdings kommt bereits in einigen Dörfern mit großen Viehbetrieben in der Nähe kein trinkbares Wasser mehr aus der Leitung. Was dort fließt, enthält mehr als 50 Milligramm Nitrat pro Liter. Rund 214.000 Personen in etwa 170 Ortschaften müssen laut Hochrechnungen des Umweltschutzverbands Ecologistas en Acción mit diesen Einschränkungen bei der Wasserversorgung leben.
Nach Humilladero mit seinen 3.300 Bewohnern fährt seit über einem Jahr ein Lastwagen und bringt den Bewohnern in der tiefsten Provinz von Málaga zweimal pro Woche Trinkwasser. Ihr Grundwasser haben vier Schweinemastfarmen verunreinigt. Obendrein sinkt der Pegel aufgrund der Dürre. Vor den Folgen der Massentierhaltung für die Trinkwasserversorgung hatte der frühere Verbraucherminister Alberto Garzón gewarnt, seine Kabinettskollegen schickten ihm dann Fotos vom Grillen.
Erschwerend kommt auch hinzu, dass die EU-Kommission die Grenzwerte nach unten korrigiert hat und bereits Grundwasser mit einem Nitratgehalt von 37 Milligramm pro Liter für verunreinigt hält. Demnach stuft das Umweltministerium 40 Prozent der unterirdischen Wasserreserven in Spanien als „in einem schlechten Zustand“ein. Die Lösung des Problems sehen Wasserwirtschaftspläne in einer dritten, biologischen Reinigungsstufe, in der gezielt Nährstoffe aus dem Wasser entfernt werden.
170 Dörfer können ihr Leitungswasser nicht mehr nutzen