Zu viel Blei im Wild
Portugal und Italien weisen Wildbret aus Spanien zurück
Madrid – tl. Just da weite Teile Spaniens unter einer Wildschweinplage leiden und die Jagd dagegen helfen soll, kommt diese Nachricht zur Unzeit: Portugal und Italien haben Chargen von spanischem Wildschweinfleisch wegen zu hohem Bleigehalt zurückgewiesen. Das Europäische Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel (RASFF) ist eingeschaltet und hat Werte festgestellt, die weit über dem EU-Grenzwert liegen. Auch die Spanische Agentur für Lebensmittelsicherheit (Aesan) hat Untersuchungen eingeleitet.
Die Belastung von Wildbret mit Blei ist ein altes Problem. Blei bedeutet generell eine Gesundheitsgefahr für Verbraucher. „Das Risiko kann für die Jäger selbst und deren Familien oder für regelmäßige Wildfleischesser größer sein“, sagt Antonio Juan García Fernández, Professor für Toxikologie an der Uni in Murcia. García Fernández ist auch Co-Autor der Studie „Toxische Risiken von Bleimunition und deren Alternativen für die Jagd“. Dabei geht es um die Risiken von bestimmten Typen von Jagdmunition wie beispielsweise Zerlegungsgeschosse. In diesem Fall zerlegt sich das Geschoss beim Eindringen in den Wildkörper in Einzelteile und verursacht so größere innere Verletzungen. „Es herrscht der Glaube, dass man diese Fragmente entfernen kann“, so der Toxikologie. Aber das gelte nur für größere Teile.
Allerdings gibt es Alternativen zu Zerlegungsgeschossen wie etwa Deformationsgeschosse. Diese Platzen beim Eindringen in den Wildkörper auf und verursachen so einen größeren Wundkanal. Diese Geschosse treten auch wieder aus dem Wildkörper aus. Auch gibt es Alternativen zu Bleimunition, etwa auf der Basis von Kupfer. Diese Munition ist allerdings deutlich
teurer als Blei, weshalb sich der Königlich-Spanische Jagdverband (RFEC) dagegen wehrt.
In Portugal ging es um eine Charge Wildschwein-Filet. Gemessen wurden elf Milligramm Blei pro Kilogramm. Der erlaubte Grenzwert liegt bei 0,10 Milligramm. Der gemessene Wert liegt also um das 110-Fache darüber. Der zweite Fall aus Italien betraf Wildschweingulasch, hier lag der festgestellte Wert um das Dreifache über dem Erlaubten. Die Spanische Agentur für Lebensmittelsicherheit hat ihre Untersuchungen inzwischen abgeschlossen und führt die Bleibelastung in beiden Fällen eindeutig auf die verwendete Jagdmunition zurück.
Unterdessen verteidigte die Interprofessionelle Vereinigung für Wildfleisch (Asiccaza) die Sicherheit ihrer Produkte. Die Wild verarbeitenden Betriebe würden bei der Behandlung der Wundkanäle Metalldetektoren einsetzen und überhaupt ausgedehnte Kontrollen anwenden, damit die Produkte von bester Qualität seien. Asiccaza meinte, dass die Bleibelastung durchaus auch natürlichen Ursprungs gewesen sein könnte – je nachdem, wo die Tiere geschossen worden seien.
Spanien ist ein wichtiger Produzent von Wildfleisch in Europa. 90 Prozent des erlegten Wildes werden exportiert. Pro Jahr werden etwa 350.000 Stück Schwarzwild und 180.000 Stück Rotwild in Spanien erlegt. Der Fleischwert beträgt etwa 57 Millionen Euro. Spanier sind allerdings keine großen Wildbret-Konsumenten. Bei einer Umfrage gaben 75 Prozent der Befragten an, nie Wildfleisch zu essen. 19,6 Prozent bezeichneten sich als gelegentliche Wildlfleischesser. 4,6 Prozent sind es jede Woche. So wird das Problem des bleihaltigen Fleisches relativiert, da in Spanien nur wenig Wild konsumiert wird.
Bleigehalt bei Wildschwein-Filet übersteigt Grenzwert
Viel Blei, wenig Wild-Esser
Gleichwohl empfiehlt die AesanAgentur, dass Kinder unter sechs Jahren, Schwangere und Frauen, die schwanger werden wollen, kein Wildfleisch essen sollten. Für Erwachsene wird eine maximale Ration von 150 Gramm pro Woche empfohlen. Aesan spricht sich für eine Einschränkung der Nutzung von Bleimunition in der Jagd aus. In Feuchtgebieten und deren Umgebung ist die Verwendung von Bleimunition EU-weit verboten. Auf ein vollständiges Bleiverbot in der Jagd konnte man sich noch nicht einigen.