Liebe Leser,
am Sonntag kommt der Osterhase, die
Menschheit kann irgendwann in Frieden leben und vor dem Gesetz sind alle gleich.
Welcher dieser Illusionen würden Sie sich am liebsten immer noch hingeben? Letztere jedenfalls wurde am Montag mal wieder mit
Füßen getreten, als der Vergewaltiger Dani
Alves – nachdem seine Anwälte eine
Million Euro hinblätterten – das Gefängnis in Barcelona verließ. 15 Monate, nachdem er eine 23-jährige Frau in einer Diskothek brutal missbrauchte. Das ist erwiesen. Doch mit einer Schadensersatzzahlung von 150.000 Euro für eine deutliche Haftminderung und mit einer Million Euro Kaution ist der brasilianische Fußballprofi jetzt wieder draußen. Vor dem Gesetz sind alle gleich, nur, machen wir uns keine Illusionen, manche sind eben gleicher als andere. Und jetzt? Geben wir uns der Illusion hin, dass Alves von nun an in der Welt (des Fußballs) geächtet werden wird? In diesem testosterongeschwängerten Ambiente, in dem Typen, die einfach nur gut mit einem Ball umgehen können, wie Götter verehrt werden und die so absurd viel Geld verdienen, dass sie sich im Zweifelsfall die Freiheit erkaufen können? Wahrscheinlich würden manche Fans ihrem Idol noch auf die Schulter klopfen – erst für die Tat und dann für seinen Coup vor Gericht.
Also vielleicht doch der Frieden in der Welt? Wohl kaum, nachdem am Freitag in der Crocus City Hall in Moskau mindestens 137 unschuldige Zivilisten niedergemetzelt wurden, weil sie einer anderen Religion angehörten. In einem Land, das seit zwei Jahren einen Angriffskrieg gegen einen Nachbarstaat führt, in dem bereits tausende unschuldige Zivilisten bei Bombenangriffen getötet wurden. In einer Welt, in der diese terroristischen Akte nur zwei von vielen sind. John Lennon und Yoko Ono gaben sich mit „Imagine“einer Illusion hin und wussten selbst ganz genau, wie naiv sie dabei waren. Ich höre das Lied trotzdem gerne. Obwohl es mir in C-Dur- und d-moll-Akkorden vor Augen führt, wie auch diese Illusion zerschellt. Wissen Sie was? Ich nehme den Osterhasen.