Fasziniert festgestellt
Halb Spanien lachte um Ostern, und zwar nicht über einen Aprilscherz. Sondern über Madrids Krawallregionalpräsidentin. Auf einem Chile-Trip erzählte Isabel Díaz Ayuso von ihrer ersten Südamerika-Reise. Mit 22 Jahren hätte sie dort festgestellt, „dass wir dieselbe Sprache sprechen“. Fasziniert habe sie dieser (eigentlich selbstverständliche) Umstand! Das passte ins Bild der mutmaßlich Verwirrten. Ein Sturm der Häme ergoss sich sogleich über die Reizfigur, bestärkt durch Medien aus ihrem Gegnerlager. Doch diesmal war der Versagensvorwurf plump und fies.
Im (weniger beachteten) Kontext der Aussage nämlich nannte die Promipolitikerin vorherige Reisen, auf denen sie viele unbekannte Sprachen gehört hatte. In Ecuador war es anders. Alle sprachen ihre Muttersprache. Ein erhellender Moment für die damals junge Erwachsene, die mal vor Ort erleben wollte, was man so in Büchern liest.
Es ging also um ein Entdecken im tieferen Sinne. Ein authentisches Herausfinden. Eine wertvolle Erfahrung des Lebens, wobei selbst Tausendmalgehörtes mit neuen Augen, neuen Ohren erkannt wird.
Wer jung bleiben und nicht altern will, sollte sich diese offenen Sinne bewahren. Doch scheint die Fähigkeit in Spanien aktuell nicht so angesagt zu sein. Stärker ist der Filter aus Vorurteilen, durch den höchstens Wortfetzen gelangen, die ins vorgefertigte eigene Weltbild passen. Statt vom Gegenüber zum Nachdenken gebracht zu werden, statt sich überraschen zu lassen, läuft schon der Motor des Gegenangriffs. Auch immer wieder seitens der nun 45-jährigen Ayuso. Schade. Denn bei einer authentischen Begegnung mit dem Gegnerlager würden sie wohl auch heute verblüfft feststellen, „dass wir dieselbe Sprache
sprechen“.