Niemand dreht Urlaubern den Hahn zu
Trotz Dürre: Noch bleibt der Tourismus vom Wassersparen verschont
Barcelona – tl. Am Flughafen in Barcelona ist der große Bildschirm nicht zu übersehen. Dort steht auf Englisch: „Dürre-Alarm: Sparen Sie Wasser während Ihres Aufenthalts.“Fraglich, ob die Botschaft bei Touristen ankommt. Niemand ist ernsthaft daran interessiert, einem Sektor, der 85 Millionen Urlauber aus dem Ausland angezogen hat, Einschränkungen zuzumuten. Das Thema birgt aber sozialen Konfliktstoff.
Der Klimawandel, die Dürre und was das für den Tourismus bedeuten könnte, hat ausländische Zeitungen beschäftigt. „Adiós für den Sol-y-Playa-Tourismus?“titelte die französische Finanzzeitung „Les Echos“. Auch das Auswärtige Amt in Berlin thematisiert die Dürre in den Reise- und Sicherheitshinweisen: „Aufgrund anhaltender Trockenheit gilt in Teilen Kataloniens der Wassernotstand. Dieser betrifft derzeit mehr als 200 Gemeinden, darunter Barcelona, Girona und Gemeinden an der Costa Brava. Es gelten damit unter anderem Höchstgrenzen beim Wasserverbrauch pro Kopf. Einschränkungen gelten unter anderem auch für den Betrieb von Schwimmbecken in Hotelanlagen und Strandduschen.“
Da der Tourismus zwölf Prozent zum Bruttoinlandsprodukts (BIP) beisteuert, trauen sich Behörden bis auf marginale Maßnahmen nicht an das Thema. Es herrscht eine Art Schweigekartell, meint die Zeitung „El País“. Weder das Umweltministerium, noch das Tourismusinstitut Turespaña, noch das Nationale Statistikinstitut (INE) können sagen, wie viel Wasser ausländische Urlauber verbrauchen. „Es ist sehr schwierig, den Verbrauch des Tourismussektors zu bestimmen. Oft
wird er dem städtischen Verbrauch gleichgestellt. Auch gibt es unterschiedliche Unterkünfte – vom Fünf-Sterne-Hotel bis zum Campingplatz“, sagt David Saurí, Professor an der Autonomen Uni in Barcelona und Wasserexperte. Laut Untersuchungen liegt der durchschnittliche Verbrauch in Spanien bei 131 Litern pro Kopf und Tag.
Eine Studie auf den Balearen während der Corona-Pandemie 2020 stellte fest, dass in jenen drei Monaten des Lockdowns der Verbrauch um 24,1 Prozent unter dem üblichen Niveau lag. „Die Studie berücksichtigte den direkten Verbrauch
und den indirekten wie Pools, Gärten und Golfplätze“, berichtet Tolo Deyá, Dekan der Tourismus-Fakultät der Uni der Balearen (UIB). Dabei habe man fünf Urlauber-Typen unterschieden. „Wir stellten fest, dass die Party-Touristen sowie die Sol-y-Playa-Urlauber am meisten verbrauchen. Während Touristen, die an Natur, Sport oder Kultur interessiert sind, deutlich weniger verbrauchen.“
Macià Blázquez, Professor für geographische Analyse an der Uni der Balearen, ist Co-Autor einer anderen Studie zum Thema. „Wir haben den Verbrauch des intensiven Sol-y-Playa-Tourismus der Marke Magaluf und den in Urbanisationen mit Chalets und Golfplatz untersucht. Im ersten Fall hatten wir einen Verbrauch von 200 Litern pro Übernachtung. Im zweiten
Fall von 1.100 Litern.“
Landwirtschaft verbraucht mehr
Estanislao Pujades, Forscher am Institut für Umwelt-Diagnostik und Wasserstudien (IDAEACSIC) in Barcelona, relativiert den Wasserverbrauch im Tourismus: „Am meisten Wasser verbraucht die Landwirtschaft. Um die 75 Prozent. Allerdings konzentriert sich der Tourismus entlang der Küste, wo es mehr Wasserstress gibt. Dort hat der Tourismus einen großen Anteil am Verbrauch.“Wie in Andalusien, wo die Regionalregierung erlaubte, dass Hotels im Sommer ihre Pools füllen dürfen, was Privatleuten und Eigentümergemeinschaften verboten ist. Auf Dauer ist zu befürchten, dass die Bevorzugung von Touristen bei Einheimischen nicht gut ankommt.
Auf Dauer kommt die Bevorzugung der Touristen nicht gut an