Klein, aber oho!
Erbsen: Von der Notration zum Luxus-Süppchen
red. Wer kennt das noch? – Erbswurst, eines der ältesten industriell hergestellten Instantprodukte. In Wasser aufgekocht, ergaben die traditionell in eine Papierrolle gewickelten Portionstabletten aus unter anderem Erbsenmehl, Speck, Zwiebeln und Gewürzen in kurzer Zeit eine sämige Erbsensuppe – einst eiserne Ration nicht nur für Soldaten, sondern auch als Notbehelf in jedem deutschen Haushalt vorrätig. Denn die Erbswurst war billig, nahrhaft, nahezu unbegrenzt haltbar und einfach zuzubereiten. Erbswurst wurde bis 2018 von der Marke Knorr angeboten.
Erbsen sind ein uraltes Nahrungsmittel; in wilder Form schon von Steinzeitvölkern kultiviert. Auch Moor- und Pfahlbauern kannten die Erbse.
Im Alten Ägypten und später auch in Mitteleuropa galt sie als Totenspeise; Erbsensuppe wurde als Leichenschmaus und bei der Totenwache gereicht. Erbsen kamen aber auch als Fruchtbarkeitsbringer und Hochzeitsspeise zum Einsatz.
Im 16. Jahrhundert waren Erbsen eines der gebräuchlichsten Gemüse. Das hat sich in der Literatur bei den Märchen und Sagen niedergeschlagen. Wer kennt nicht Aschenputtels: „Die Schlechten ins Kröpfchen, die Guten ins Töpfchen.“
Oder die Prinzessin auf der Erbse, die durch 20 Matratzen und 20 Daunendecken noch eine harte Erbse spürte.
Denn früher handelte es sich nicht um die uns heute bekannten grünen Erbsen, bis weit ins Mittelalter hinein aß man nur die Hülsenfrucht, das reife Korn. Grüne, also unreife, Erbsen kamen erst ab dem 16./17. Jahrhundert durch Züchtung auf den Tisch. Und waren so teuer, dass sie zunächst den Königshöfen vorbehalten blieben. Trockenerbsen wurden erst durch moderne Konservierungstechniken wie Eindosen und Tiefkühlen vom Speisezettel verdrängt.
Zarte junge Saubohnen (habitas) und grüne Erbsen sind übrigens die einzigen Hülsenfrüchte, die man roh essen kann. Man unterscheidet verschiedene Erbsenarten (Pisum sativum), die wichtigste ist die Unterart Pisum sativum sativum. Darunter fallen für den menschlichen Verzehr die Palerbsen, deren trockene Körner meist zum Kochen verwendet werden, und die süßen Markerbsen, die in Dose oder Kühltruhe wandern.
Zuckererbsen wiederum, auch Zuckerschoten, Kefen oder Kaiserschoten genannt, sind mit ihrer Hülse essbar. Die zarten Zuckerschoten (tirabeques) sind schnell in der Pfanne sautiert oder im Dampf gegart. Sie machen sich auch gut in einem lauwarmen Salat.
Gar nicht unscheinbar
Man stelle sich vor: das heutige Brno in Tschechien in einem Frühling Mitte des 19. Jahrhunderts. Im Garten des Augustinerklosters experimentiert Gregor Mendel mit 27.000 verschiedenen Erbsenpflanzen und entdeckt durch ihre Kreuzung die Regeln der Vererbung. Die unscheinbaren, einfachen Erbsen legten den Grundstein für das Wissen um die Genetik im 20. Jahrhundert.
Das hat die uralte Kulturpflanze kräftig aufgewertet. Denn häufig waren die grünen Perlen wie die anderen Mitglieder aus der Familie der Hülsenfrüchte – Bohnen, Linsen, Saubohnen – gastronomischem Spott ausgesetzt. Sie galten als Brot der Armen.
Perfekt in der Form und glänzend grün
Die hatten mit der Erbse alles, was sie brauchten. Erbsen sind reich an Eiweiß. Kalium ist in hoher Konzentration
enthalten. Sie sind mit ihren Kohlenhydraten sehr energiereich und besitzen Vitamine der Gruppen B und C sowie Ballaststoffe. Erbsen regulieren den Zucker- sowie den Cholesterinspiegel. Nebenbei stärken sie noch unser Nervenkostüm. Es lohnt sich also, Ausschau zu halten nach den frischen grünen Boten des Frühlings. Denn so fein wie zur Zeit kommen sie so schnell nicht mehr auf den Tisch. Sie sind auch nicht lange haltbar, ein Grund, weshalb sie heute überwiegend gefroren oder in Dosen auf den Markt kommen.
Um wirklich gute Erbsen zu bekommen, ist beim Einkauf darauf zu achten, dass die Schoten eine fast perfekte Form und eine glänzend grüne Farbe haben, die Spitzen sollen fest und gerade sein.
Penne mit Erbsen und Schinken
Für 4 Pers.: 1 Dose grüne Erbsen (guisantes, 260 g, oder auch tiefgefroren oder frisch), 1 EL Butter (mantequilla), 1 TL Thymian (tomillo, getrocknet), 1 Zwiebel (cebolla), 100 g Schinken (jamón york), 180 g Sauerrahm, 500 g Nudeln (pasta wie Penne Rigate), Muskatnuss (nuez moscada), Salz, Pfeffer
Penne in reichlich Salzwasser al dente kochen.
Erbsen abtropfen lassen und kalt abspülen. Schinken in Streifen schneiden. Zwiebel fein hacken. Alles in Butter bei mittlerer Hitze dünsten. Mit Sauerrahm verfeinern. Sauce warm halten.
Penne abgießen und tropfnass mit der Sauce vermischen. Mit Salz, Pfeffer und ein wenig Muskatnuss abschmecken. Mit Thymian bestreut servieren.
Erbsen mit frischer Minze und Wurst
Als Tapa für 4 Pers.: 3 EL Olivenöl virgen extra, 1/2 Tasse gehackte Zwiebeln (cebolla, etwa eine halbe große Zwiebel), eine mittelgroße Stange Lauch, gut gewaschen, ohne die äußeren Blätter (puerro, gehackt), 50 g Speck (beicon, circa eine dicke Scheibe, in Würfel geschnitten), 1 Butifarra (katalanische Bratwurst, oder andere Wurst, ohne Pelle und zerteilt, 1 EL Mehl (harina), 2 EL Anislikör (anís), 1/2 Tasse Hühnerbrühe (caldo de pollo) oder Wasser, 1 Minzzweig und 12 kleine Blättchen (menta, gewaschen), 1 1/2 Tassen frisch gepulte Erbsen (guisantes, entspricht in etwa 3/4 kg in Schoten), 125 g frischer Spinat (espinacas oder Blütenstiele der Erbsen, wenn es gibt), Salz
In einem mittelgroßen Topf auf mittelstarkem bis kleinem Feuer Olivenöl erhitzen, darin Zwiebeln und Lauch anschwitzen, ab und zu umrühren, bis die Zwiebeln weich und leicht gebräunt sind (zehn bis 15 Minuten).
Einen Esslöffel Wasser zufügen, um die Zwiebeln weicher zu machen. Das Wasser wird verdampfen, und die Zwiebeln sind perfekt, ohne anzubrennen. Den Speck zufügen und die Wurst langsam braten, bis die Butifarra gebräunt ist. Das dauert etwa vier Minuten.
Mit Mehl bestreuen und Anis dazugeben, rund eine halbe Minute anschwitzen.
Hühnerbrühe zugießen, die Hitze erhöhen. Minzzweig hineingeben und das Ganze zum Kochen bringen. Danach die Hitze auf Minimum stellen, Erbsen und Spinat zufügen und köcheln, bis sie weich sind. Nach Belieben mit Salz abschmecken.
Tipp: Wenn es keine frischen Erbsen gibt, gefrorene verwenden, diese aber nicht zu lange kochen. Findet man keine gute Butifarra, eignet sich jede frische Wurst vom Schwein. Man könnte aber auch Wurst und Speck einfach weglassen, das Ergebnis wird immer noch schmecken.
Fischgratin mit Erbsen
Für 4 Pers.: 1 Zwiebel, 12 Forellenfilets ohne Haut (filetes de trucha, sin piel, ca. 800 g), 200 ml Sahne (nata liquida), 2 Eier (huevos), 250 g Erbsen, tiefgekühlt (guisantes, congelados), 3 EL Butter, ca. 100 ml Weißwein (vino blanco), Salz und Pfeffer
Zwiebel fein hacken. Erbsen und Zwiebeln in zwei Esslöffeln Butter dünsten. Mit Weißwein ablöschen. Mit dem Stabmixer pürieren, mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Backofen auf 180 Grad vorheizen. Feuerfeste Form mit der restlichen Butter ausstreichen. Forellenfilets
trockentupfen, mit Salz und Pfeffer würzen. Mit der Erbsenfarce gleichmäßig bestreichen. Aufrollen und in die Gratinform geben. Eier und Rahm mischen. Mit Salz und Pfeffer würzen. Über die Fischröllchen gießen. Circa 30 Minuten in der Ofenmitte gratinieren.
Erbsencremesuppe mit Austernpilzen
Frische Erbsen (guisantes), Austernpilze (setas de cardo), Schalotten (escalonias), Crème fraîche (crema de leche), Öl und Butter, Hühnerbrühe (caldo de pollo), Knoblauch, Salz, Selleriesalz (sal de apio), weißer Pfeffer,Zitronensaft, Worcestershiresauce (salsa Perrín), frische Minze (menta)
Fein gehackte Schalotten in Butter weich dünsten. Frische Erbsen zufügen, Crème fraîche und Hühnerbrühe aufgießen und garen. Die Erbsen pürieren, mit Salz, Selleriesalz und Pfeffer würzen.
Die vom Strunk befreiten Pilze in schmale Streifen schneiden und mit einer zerdrückten Knoblauchzehe in einer Mischung aus Butter und Öl braten.
Suppe aufkochen, mit Zitronensaft und Worcestershiresauce abschmecken. Auf Teller verteilen, mit den Pilzstreifen garnieren. Als Dekoration ein paar Minzblättchen drangeben.
Erbsen-Vinaigrette
100 g Erbsen (guisantes), 1 klein geschnittene Schalotte (escalonia),
Olivenöl, Pfeffer, Salz, 1 Stängel frische Petersilie (perejil), 200 ml Gemüse- oder Hühnerbrühe (caldo vegetal oder de pollo), weißer Balsamessig (vinagre de Modena blanco)
Erbsen kurz blanchieren und mit der Schalotte in Olivenöl anschwitzen. Mit Salz und Pfeffer würzen, die klein gehackte Petersilie dazu und dann die Brühe angießen. Alles zusammen fünf Minuten köcheln lassen. Im Mixer pürieren.
Nun das Olivenöl einschlagen und dann zum Schluss den Essig zufügen.
Die Vinaigrette soll schön sämig sein. Damit aber keine Erbsenschalen
stören, gießen wir das Sößchen durch ein Sieb.
Noch mal abschmecken und Kräuter wie Kerbel (perifollo), Minze (menta) oder Zitronenmelisse (torronjil) und auch ein paar Erbsen als Einlage hineingeben.
Diese Vinaigrette würde gut zu einem Stück weißen Fisch passen, oder zu gebratenem Schinken.
Erbsenschaumsüppchen
Als Vorspeise für 4 Pers.: 1 Schalotte (escalonia), 400 g frische Erbsen (guisantes, ausgepult), 1 TL Butter (mantequilla), 2 Petersilienstiele (perejil), 4 Minzblättchen (menta), 300 ml Gemüsebrühe (caldo vegetal), Kräutersalz (sal de hierbas), 100 ml Vollmilch (leche entera) und als Garnitur ein paar Grissini
Schalotte hacken, mit den Erb sen in Butter dünsten. Petersilie und Minze abzupfen, zwei Minzund vier Petersilienblättchen zurücklegen, den Rest zu den Erbsen geben. Mit Gemüsebrühe ablöschen und die Erbsen weich kochen.
Samt ihrer Flüssigkeit pürieren und durch ein feinmaschiges Sieb streichen. Suppe nochmals aufkochen. Mit Kräutersalz abschmecken. Wenn die Suppe zu dick ist, mit mehr Gemüsebrühe verdünnen.
Kurz vor dem Servieren die beiseite gelegten Kräuter ganz fein hacken. Die Milch erwärmen, mit einem Milchschäumer aufschäumen und die Kräuter zufügen. Kräuterschaum auf das Süppchen geben, dazu die Grissini servieren. Tipp: Statt der Milch schaumig geschlagene Sahne nehmen.