Touristen-Abwasser für’s Hinterland
Eine private Pipeline soll Wasserversorgung für Málagas Hinterland und seine Olivenbäume sichern
Antequera – mar. Der Plan klingt nicht gewagt, sondern aberwitzig. Eine Olivenöl-Kooperative will mit einer Doppel-Pipeline jährlich 60 Kubikhektometer Wasser von der Küste Málagas über 60 Kilometer, 500 Höhenmeter und durch 14 Gemeindegebiete in die Hochebene Antequeras pumpen. Das Projekt soll „binnen weniger Jahre“betriebsbereit sein, 700 Millionen Euro kosten, sich aber bereits nach fünf Jahren rechnen. Denn, so heißt es in der Projektstudie „Futuraqua“, das Wasser würde die Produktivität der Oliven- und Ölproduktion um jährlich 150 Millionen Euro verbessern und zudem in Dürrejahren garantieren.
60 Kubikhektometer Wasser, das entspricht dem eineinhalbfachen Jahresbedarf der 600.000 Einwohner von Málaga Stadt oder einem „Würfel“Wasser mit einer Kantenlänge von sechs Kilometern. Dass Wasser das Öl des 21. Jahrhunderts ist, bekommt hier einen Doppel- und einen Wortsinn.
Futuraquas Versprechungen
Verkündet wurde das Projekt nicht von irgendeiner Kooperative, sondern von DCOOP, dem weltweit größten Produzenten von Olivenöl „extra virgen“. Dieses Milliardenkonglomerat hat an seinem Hauptsitz in Antequera gerade eine neue, private Bewässerungsgesellschaft gegründet, die 1.100 Olivenbauern mit zusammen 34.000 Hektar Anbaufläche vereint. Auf amtliche Lösungen kann der Global Player nicht warten, denn die Konkurrenz schläft nicht und die USA wie China – nach der EU wichtigste Exportkunden – sind bei der Wahl ihrer Lieferanten wenig romantisch.
Das Projekt „Futuraqua“, das sozusagen durchsickerte und erst im Mai so richtig öffentlich werden soll, ist als Public-Private-Partnership für Spanien ziemliches Neuland.
In Israel oder Kalifornien existieren solche Arrangements seit Jahren erfolgreich. In der Axarquía läuft ein solches für die Tropfenfrüchte gerade an, allerdings in viel, viel kleinerem Maßstab.
DCOOP will die großen Aufbereitungsanlagen der Costa del Sol anzapfen und dort das Wasser kaufen. Man wirbt mit dem Argument, dass die gewünschte Menge recht genau jener entspräche, die von den Anlagen wegen mangelnder Vernetzung oder unzureichender Ausstattung jährlich ins Meer geleitetet würde. So brauchte es also weder Entsalzungskapazitäten, noch entziehe man der Küste sonst Wasser.
Auf dem Weg erhielten auch die Kommunen Wasser, durch welche die Pipelines verlaufen, was für Bürgermeister, die seit 2023 auf dem Trockenen sitzen, einen enormen Anreiz darstellt, das Projekt zu unterstützen, Grundstücke zu spenden
und Landschaftsschutz zu minimieren. Hier winken EU-Millionen, auch für die notwendige Nachrüstung der Aufbereitungsanlagen.
„Wir garantieren mit dem Projekt nicht nur den Bauern ihre Ernten, sondern dem Hinterland Málagas langfristig die Trinkwasserversorgung“,
rühmt sich „Futuraqua“. Auch die Bauern des GuadalhorceTals würden von dem Wasser profitieren, das so „der Landflucht entgegenwirke“, wirbt DCOOP.
Der Olivenölkonzern wiederum verrechnet die verbleibenden Wasserkosten mit den Oliven, die seine Bauern zur Ölverarbeitung anliefern. Da diese aufgrund der stabilen
Bewässerung von hoher Qualität und guter Menge sein werden, haben sie keine Einbußen zu befürchten, eher im Gegenteil. Ein „jährlicher Zuwachs von 30 Millionen Kilogramm Olivenöl“verspricht die Projektstudie allein für den Kreis Antequera, in dem übrigens nachweislich seit mindestens 2.400 Jahren durchgehend Oliven angebaut werden. Ob dieses erhöhte Angebot auch die Preise für Endkunden senkt, bleibt sehr offen.
Würde das Projekt so genehmigt, hieße das eine Teilprivatisierung der Trinkwasserversorgung, eine riskante Präzedens, die zumindest kritisch durchleuchtet gehört. Die Behörden müssten das öffentliche Interesse durch Vertragsklauseln bei Liefersicherheit und Preisen absichern. Es gibt aber nicht wenige, die dem Privatinvestor in diesen Fragen mehr Vertrauen vorschießen als der Politik.
Global Player wie DCOOP können bei der Dürre nicht auf amtliche Lösungen warten