Shopping: Bewährungsprobe für die Freundschaft
Die beiden Damen waren mittleren Alters, gut blondiert, frisch gelockt, wohl gewandet und – auf Raubzug. Auch wenn das Wetter noch nichts verspricht: Der Frühling steht vor der Tür. Darauf sollte frau vorbereitet sein.
In den Schaufenstern von Boutiquen, Läden und Kaufhäusern breitet sich bereits aus, wie wir in nur wenigen Wochen auszusehen haben. Shopping ist angesagt. Also machten sich die beiden Damen auf den Weg.
Mit gierigen Blicken, vermeintlich uninteressiert. Das wirkt cooler. Nur keine Begeisterung! Aber sie nahmen in der Boutique fast jedes Stück in die Hand, entfalteten es, inspizierten Schnitt und Stoff, Passform und Fall.
Nicht unbedingt zur Freude der Verkäuferinnen, die in gemessenem räumlichen und zeitlichen Abstand die Dinge alle wieder sorgfältig zusammen falteten und an ihren Platz legten. Dann verließen die Damen die Boutique wieder. Der nächste Laden liegt gleich nebenan. Und wenn man bis zum Mittagessen bis ans Ende der Straße gelangen will, muss man sich sputen. Es gibt viel zu tun für Frauen dieses Typs.
Die beiden Damen sprachen über dies und das – über Mode, über die Männer, über das Wetter. Das Gespräch plätscherte leicht und – offenbar – freundschaftlich vor sich hin.
Bis eine der Damen fündig wurde. Sie hielt eine Hose in der Hand und war gewillt anzuprobieren. Doch die kam nicht mal bis zu Umkleidekabine. Die Stimme ihrer Begleiterin stoppte sie: „Ich würde lieber eine Nummer größer nehmen – bei deinen Schenkeln!“
Die Dame ließ die Hose fallen wie eine heiße Kartoffel und konterte: „Dieser Laden hier ist sowieso nur für ganz junge Mädchen. Kein Wunder, dass du zum ersten Mal hier bist.“
Das Ende einer wunderbaren Freundschaft? Weit gefehlt: wenig später saßen die Damen beim Mittagessen. Ich konnte leider nicht hören, worüber sie sprachen. Doch ein Spruch sagt: Die Freundschaft zweier Frauen sei meistens nur die Verschwörung gegen eine dritte.