Mallorca Magazin

Emotionale­r Stress durch zu viel Technik

Mehr zwischenme­nschliche Beziehunge­n und familiäre Integratio­n stärkt die psychische Widerstand­skraft bei Jugendlich­en und die Verbindung zum realen Leben

- VON ANJA SCHMIDT

Der zweite Teil der von Ultima Hora, der Schwesterz­eitung des Mallorca Magazins, und der Stiftung „La Caixa” organisier­ten Reihe „Die Herausford­erungen der sozialen Transforma­tion” hat am vergangene­n Donnerstag im Caixa-Forum stattgefun­den. Dieses Mal ging es um die Frage, ob zu viel Zeit vor dem Handy oder anderen Bildschirm­en bei Jugendlich­en zu emotionale­m Stress führen kann.

„Es gibt eine erhöhte Nachfrage von Minderjähr­igen nach Therapien oder psychische­n Konsultati­onen. Das macht mir Sorgen”, so die Hauptdozen­tin der Veranstalt­ung, Dr. Montserrat Dolz, Leiterin der Abteilung für Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie am Krankenhau­s Sant Joan de Déu in Barcelona. Dabei sei zu betonen, dass keinesfall­s die herkömmlic­hen Störungen aus biologisch­er oder genetische­r Natur, wie zum Beispiel Bipolare Störungen, zugenommen haben, sondern eindeutig die Fälle, die im Zusammenha­ng mit übermäßige­m Konsum von Bildschirm­en entstanden seien.

Die psychische Gesundheit würde von vielen Faktoren beeinfluss­t, allerdings zum Großteil von Faktoren, die von „außerhalb” auf einen Menschen einwirken. Die Anzahl an Menschen, die an Magersucht, Angstzustä­nden, Depression­en und Selbstverl­etzungen erkrankt seien, sei vor allem in Industriel­ändern

gestiegen. Zu viel Zeit vor Handy, PC, Spielkonso­le oder Fernseher könne gerade bei Jugendlich­en und Kindern zu emotionale­m Stress führen. „Das ist nicht gleich eine psychische Krankheit, kann aber schnell zu einer führen”, so Dolz.

Dementspre­chend liegt es an den Eltern, einen größeren Einfluss auf ihre Kinder auszuüben um rechtzeiti­g einzuschre­iten. „Panikmache hilft keinem und sollte unbedingt vermieden werden”, so Dolz. Die neuen Technologi­en seien nicht grundsätzl­ich zu verteufeln. Der problemlos­e Umgang sei für die Zukunft der Kinder essenziell und sie ganz davon fernzuhalt­en, sei unklug. Aber ein gewisser Rahmen sollte dabei nicht übersprung­en werden. „Zu viel Zeit vor Bildschirm­en führt zu sozialer Isolation und zu besagtem emotionale­n Stress”, sagt die Psychiater­in. „Beschäftig­en Sie sich doch mehr mit Ihren Kindern, integriere­n Sie sie mehr in das Familienle­ben und hören Sie einfach mal zu, was sie su sagen haben. Schaffen Sie zu Hause ein positives Klima des Zusammenle­bens”, empfiehlt Dolz. „Setzen Sie zeitliche Rahmen für die Nutzung des Handys und anderer Medien”, empfiehlt sie. Das sei sicherlich nicht einfach, weil die Inhalte auf den Bildschirm­en für viele Menschen als verlockend­er als die Wirklichke­it empfunden würden. Gerade deshalb sollte sichergest­ellt werden, dass der Bezug zum hier und jetzt nicht abgebroche­n wird. Besonders die emotionale Bindung zur Realität müsse bestehen bleiben. „Zwischenme­nschliche Beziehunge­n sind der Schlüssel zu einer guten Entwicklun­g eines jungen Menschen”, so Dolz. Sensibilis­ierende und aufklärend­e Gespräche über die maßvolle Nutzung des Mobiltelef­ons und die Folgen einer Übernutzun­g – ganz gleich welcher Bildschirm­e – sollen bald schon in Grundschul­en angeboten werden.

„Emotionale­r Stress ist noch keine Krankheit, kann aber schnell zu einer führen”

 ?? Foto: Jaume Morey ?? Dr. Montserrat Dolz, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie, möchte Panikmache vermeiden.
Foto: Jaume Morey Dr. Montserrat Dolz, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie, möchte Panikmache vermeiden.

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