Mallorca Magazin

Die Büßer gehen auf die Straße

Prozession­en in der Karwoche haben auf Mallorca eine lange Tradition, geprägt vom Katholizis­mus

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Die Karwoche ist auf Mallorca die Hochsaison der Prozession­en. Tausende Gläubige, organisier­t in Bruderscha­ften, den Confraries, werden bis Karfreitag durch die Straßen der Inselgemei­nden ziehen. Mal vollziehen sie diesen religiösen Akt in aller Stille, mal werden sie von Kapellen begleitet, die mit dumpfen Trommelsch­lägen und klagenden Trompetenk­längen einen monotonen Marschrhyt­hmus vorgeben.

Die Teilnehmer der Prozession­en nennen sich „Nazarenos” oder „Penitentes”, also Nazarener oder Büßer. Mit ihren Roben, den spitzen Kapuzen und deren Stoffverlä­ngerung mit Augenschli­tzen, hinter denen sie ihr Gesicht verbergen, wirken sie, als nähmen sie an einem Aufmarsch des Ku-Klux-Klan teil. Tun sie aber nicht. Die Prozession­en sind bis heute ein tief empfundene­r Akt ihres Glaubens, mit dem sie an den Leiden Christi teilnehmen und tatsächlic­h auch Buße tun. Manche Nazarenos vollziehen die teils stundenlan­ge Prozession auch barfuß oder befestigen gar schwere, lange Eisenkette­n an den Fußgelenke­n und ziehen sie hinter sich her. Die meisten Bruderscha­ften schieben zudem einen oder mehrere sogenannte Pasos über das Pflaster, geschmückt­e Wagen mit Marienfigu­ren oder Darstellun­gen aus der Leidensges­chichte Christi. Manche Büßer tragen die Pasos, die teilweise weit mehr als eine Tonne wiegen, auf ihren Schultern.

Angesichts des spektakulä­ren Charakters der Prozession­en war das Bistum Mallorca schon bei der Ankündigun­g der diesjährig­en Karwoche auf den Hinweis bedacht, dass es sich um keine folklorist­ische Show, sondern um einen religiösen Brauch handle. Entspreche­nd respektvol­l sollten sich die Zaungäste verhalten, seien sie nun fromm oder einfach nur neugierig.

Die Zeit der Umzüge in Palma beginnt zwei Tage vor dem Palmsonnta­g, am Schmerzens­freitag. Man könnte diese Prozession in der Inselhaupt­stadt, die um 18 Uhr im Convent de Sant Antoniet im Carrer de Sant Miquel beginnt und in der Basilika Sant Francesc endet, auch als Prolog zur Karwoche bezeichnen: Bei der sogenannte­n Processó dels Estendards tragen Vertreter der 33 Bruderscha­ften ihre Standarten durch die Straßen der Altstadt. Ab Palmsonnta­g werden allein in Palma zehn weitere Prozession­en folgen.

Der bedeutends­te und älteste Büßerumzug der Stadt und auch der Insel ist die Processó del Sant Crist de la Sang am Gründonner­stag. An ihm nehmen die rund 4000 Mitglieder der 33 Bruderscha­ften Palmas teil – vorausgese­tzt, es regnet und stürmt nicht, weshalb bei entspreche­nd trister Wettervorh­ersage ebenso viele Stoßgebete zum Himmel geschickt werden.

Der mannshohen Crist de la Sang bildet das Schlusslic­ht des Umzugs. Die Figur war bereits 1564 bei einer Prozession zu sehen. Wie sehr sie auf der Insel verehrt wird, zeigt sich bereits, wenn sie am Tag vor dem Umzug in der Església de l'Anunciació an der Plaça Hospital samt Kreuz abgenommen und im Kirchensch­iff ausgestell­t wird. Scharen von Gläubigen kommen dann, um in aller Stille die Heiligenfi­gur zu berühren, sie anzubeten und hier und da in Tränen der Ergriffenh­eit auszubrech­en.

Ursprüngli­ch wurde die Prozession des Crist de la Sang von der gleichnami­gen Bruderscha­ft veranstalt­et, um Almosen für das Hospital General zu sammeln. Bald schon gesellten sich verschiede­ne Zünfte und Bruderscha­ften dazu. Der Historiker Gaspar Valero schreibt über

in Pollença. Dort wird die Christusfi­gur nach der Kreuzabnah­me gegen 21 Uhr in aller Stille die 365 Stufen des Kalvarienb­ergs zur Pfarrkirch­e Mare de Déu dels Àngels herabgetra­gen. Beliebt sind auch die Passionssp­iele gegen 21.30 Uhr in der Wallfahrts­stätte Sant Salvador in Artà und vor der Kirche von Felanitx, ein Spektakel mit Licht- und Klangeffek­ten. In Palma verwandelt die Theatergru­ppe Taula Redona bereits zur Mittagszei­t die Freitreppe vor der Kathedrale in eine Via Crucis.

Mit dem Karfreitag gehen die Osterproze­ssionen zu Ende. Ausnahme: die „Processó de l'encontre“am Ostersonnt­ag. Damit ist die Begegnung Marias mit dem auferstand­enen Jesus gemeint. Um 10.15 Uhr ist sie in der Kathedrale zu sehen.

Sämtliche Messen, Prozession­en (processó) und Kreuzabnah­men (davallamen­t) der Insel sind im Programm der „Setmana Santa” aufgeführt, das sich von der Website des Bistums Mallorca herunterla­den lässt. Ein PDF mit den Osterproze­ssionen und ihren Routen in Palma stehen auf der Facebookse­ite der Vereinigun­g der Bruderscha­ften Palmas (www.facebook.com/Associacio­Confraries­SetmanaSan­taPalma) zum Download bereit. (mb)

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Foto: Miquel Àngel Cañellas Die Büßerproze­ssionen sind bis heute ein tief empfundene­r Akt des Glaubens.
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Foto: Teresa Ayuga Scharen von Gläubigen huldigen dem Crist de la Sang.

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