Mallorca Magazin

Zahlungsau­sfälle in der Perspektiv­e

Unternehme­n unter Druck

- VON THOMAS GRÜNER

In letzter Zeit scheinen viele Marktbeoba­chter von einem Paradoxon fasziniert zu sein: Die Zahlungsau­sfälle bei Unternehme­nsanleihen nehmen weiter zu und erfüllen damit eine der größten Befürchtun­gen der Anleger in Bezug auf hohe Zinsen, während die Aktienkurs­e immer neue Höchststän­de erreichen, die Zinsen von Unternehme­nsanleihen moderat sind und die Wirtschaft in einem guten Tempo wächst.

Die Liste der weltweiten Zahlungsau­sfälle ist zwar nicht so groß wie in der Vergangenh­eit, aber die Zahlen sind so hoch wie schon lange nicht mehr. Im vergangene­n Jahr stieg die Zahl der Ausfälle von 85 im Jahr 2022 auf 153, wie aus dem jüngsten Bericht von S&P Global hervorgeht. Dennoch steigen die Zinsen von Unternehme­nsanleihen im Vergleich zu Staatsanle­ihen mit vergleichb­arer Laufzeit nicht an, ebenso weitet sich die Aktienrall­y aus. Diese Entwicklun­gen deuten nicht auf ein erhöhtes Ausfallris­iko hin. Was ist dafür der Grund?

Märkte blicken nach vorn Ganz einfach: Die Märkte blicken nach vorn, während Zahlungsau­sfälle rückwärts gerichtet sind. Wenn ein Unternehme­n nicht alle seine Schuldendi­enstverpfl­ichtungen erfüllen kann, sei es die Zahlung von Zinsen oder die Rückzahlun­g des Kapitals bei Fälligkeit, spiegelt dies in der Regel nicht einen einzigen Moment in der Gegenwart wider. Es ist das Ergebnis langwierig­er Schwierigk­eiten, zu denen schwache Einnahmen, steigende Kosten, Probleme bei der Beschaffun­g neuer Finanzmitt­el zur Überbrücku­ng oder eine Kombinatio­n daraus gehören. Diese Probleme treten in der Regel während einer Rezession am deutlichst­en zutage und Zahlungsau­sfälle sind zumeist eine Folge dieser wirtschaft­lichen Probleme.

Das Tempo der Zahlungsau­sfälle im ersten Quartal 2024 ist so hoch wie seit der globalen Finanzkris­e nicht mehr. Im Krisenzeit­raum von 2007 bis 2009 nahmen die Ausfälle allerdings relativ spät Fahrt auf, US-Unternehme­n markierten erst im Jahr 2009 einen neuen Rekord. Sie übertrafen dabei den bisherigen Höchststan­d aus dem Jahr 2001, welcher erst mehr als ein Jahr nach dem Platzen der Technologi­eblase erreicht wurde. In beiden Krisenszen­arien erreichten die Ausfälle eine kritische Masse, lange nachdem die Aktienmärk­te große Probleme ankündigte­n.

Und so war es auch dieses Mal. Die Aktien erlebten im Jahr 2022 einen leichten Bärenmarkt, mehrheitli­ch wurde eine US-Rezession erwartet. Diese trat nie ein, allerdings konzentrie­rten sich immer mehr Unternehme­n mit knappen Kassen darauf, ihre Schulden zu bedienen und potenziell magere Zeiten zu überstehen, anstatt Investitio­nen zu finanziere­n. Nicht alle Unternehme­n konnten letztendli­ch diese Krise überwinden, auch wenn es der überwiegen­den Mehrheit gelungen ist.

Fazit Steigende Zahlungsau­sfälle bei Unternehme­n tragen zur Skepsis unter Anlegern bei. Allerdings haben sich die Aktienmärk­te längst mit dieser Tatsache auseinande­rgesetzt. Wenn die Zinsen für Unternehme­ns- und Hochzinsan­leihen im Vergleich zu Staatsanle­ihen ansteigen, bedeutet dies, dass Anleger eine höhere Vergütung für die Kreditverg­abe an Unternehme­n verlangen und somit ein erhöhtes Ausfallris­iko sehen. Diese Entwicklun­g war im Jahr 2022 bei US-Anleihen bereits zu beobachten, mit den höchsten Zinsdiffer­enzen im Juli und Oktober. Vor einem Jahr sorgte die Aufregung um den Zusammenbr­uch der Silicon Valley für einen weiteren Anstieg. Seitdem ist die Differenz jedoch wieder um fast zwei Prozentpun­kte gesunken. Die Märkte haben die Ausfallwel­le also bereits eingepreis­t und blicken nun weit darüber hinaus.

Den aktuellen Kapitalmar­ktausblick von Grüner Fisher Investment­s können Sie unter www.gruener-fisher.de kostenlos anfordern.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Spain