Mallorca Magazin

Edelsteine sammeln am Strand ...

Ein Inselkenne­r lässt die Vergangenh­eit Revue passieren (Teil 35): Wie Axel Thorer am Strand von Formentor auf „Rubine” und „Smaragde” stieß

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Meine Edelsteine sind so wenig Edelsteine, wie die sogenannte­n Edelsteine Steine sind. Ich weiß nicht, wer den Begriff so falsch eingeführt hat. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, einen Rubin, Smaragd oder einen Diamanten Stein zu nennen ...

Die Edelsteine, von denen ich erzählen möchte, sind Scherben. Die das Meer veredelt hat. Das ist seine Kunst und vielleicht sogar seine Aufgabe: Müll durch Vernichtun­g in Nichts zu veredeln oder Unzerstörb­ares schöner zu machen. Daran glaube ich.

Nun wird man sagen: So viele Worte für zersplitte­rtes Glas, das vom Meer an Land gespuckt wurde. Alte Flaschen und Gläser, achtlos und fast kriminell ins Meer geworfen oder geraten. Ja, es sind Edelsteine, weil das, was das Meer an Land gespuckt hat, Ähnliches durchgemac­ht hat wie Diamanten.

Kräfte, die endlos wirken, haben die Scherben bearbeitet und ihnen einen neuen Charakter gegeben. Eine neue Schönheit und Bedeutung. Nutzloses ist attraktiv geworden. Banales wurde einmalig. Und wenn die Scherben dann in einem Glasbehält­er gesammelt sind und in der Sonne stehen, dann meint man, echte Smaragde, Rubine, Diamanten und Saphire zu sehen. Steine, die durchsicht­ig sind, grün, rot, blau, braun oder orange, und mit dem stumpfen Glanz von Milchglas.

Diese Edelsteine sind nichts wert, sagt man. Für mich schon, weil das Meer sie so lange bearbeitet hat. Für mich sind sie Geschenke aus der Ewigkeit, weil das Meer so gütig war, sie an Land zu spülen. Begreifen Sie jetzt, was ich sagen will?

Die besten Stücke findet man an Landzungen und die allerbeste­n an Landzungen, die aus Inseln ragen. Deshalb ist mein Schatzstra­nd jener rund um die MallorcaHa­lbinsel Formentor. Ich denke, jede Stunde fliegt allerhand Glas ins Meer, Touristen und Boatpeople sind da ziemlich haltlos. Aber würden sie es nicht tun, könnte mir das Meer keine Edelsteine schenken ...

„Die besten Stücke findet man an Landzungen”

Der Autor ist Journalist und Publizist im Ruhestand mit Finca im Inselosten. Nach Mallorca kam er erstmals im Jahre 1958

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Foto: Archiv Axel Thorer Feingeschl­ieffene Glasscherb­en, angespült an einem Mallorca-Strand.
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