Mallorca Magazin

„Zarter als jedes Entrecôte”

MM war zu Besuch bei Caragols Son Pou nahe Felanitx, eine der letzten Schneckenf­armen auf der Insel

- VON DOMINIK SAROTA

Rund drei Kilometer Luftlinie in westlicher Richtung von Felanitx in der Inselmitte lässt sich einer der wenigen urtypische­n, mallorquin­ischen, kulinarisc­hen Schätze vorfinden. Denn hier, auf einer Farm mit 20 Hühnern, hält eine vierköpfig­e Familie den Betrieb einer der letzten Schneckenf­armen auf der Balearenin­sel aufrecht. Wie Biel Sbert, das Familienob­erhaupt, MM gegenüber erklärt, befindet sich die Schneckenz­ucht auf Mallorca im freien Fall. Denn das Einsammeln und Putzen der Weichtiere, die nicht nur in Frankreich, sondern auch in vielen Regionen Spaniens, und insbesonde­re auf der Sonneninse­l, als Delikatess­e gelten, ist mühsam und die zahlreiche­n Arbeitsstu­nden daher kaum rentabel. Doch der Betrieb Caragols Son Pou, der als einziger auf der Insel neben der Zucht auch Verkostung­en in einem rustikalen Speisesaal anbietet, floriert.

„Für den Tag des Heiligen Markus, der am 25. April gefeiert wird, sind wir schon komplett ausgebucht. An Sant Marc werden hier wie jedes Jahr zwischen 400 und 500 Kilo Weinbergsc­hnecken gereicht”, so der 73-jährige Biel Sbert. Mit seiner Frau Margarita Adrover und den beiden Töchtern Marga und Maria eröffnete Biel Sbert, der sich zuvor der

Rinderzuch­t gewidmet hatte, 2006 seine Schneckenf­arm. Auf seinem Landgut finden sich 17 900 Meter lange Korridore, in denen sich jeweils Zigtausend­e der Gefleckten Weinbergsc­hnecken befinden. Die Tiere finden hier optimale Bedingunge­n vor, werden mit Salat, Rüben, Rettich, Klee und Radieschen gefüttert, zudem werden die Gräben künstlich bewässert. Die Anlage bietet ihnen auch Schutz vor ihren natürliche­n Feinden, denn in freier Wildbahn werden sie von Raubtieren, Ratten, Igeln und Reihern gefressen.

Am meisten jedoch macht ihnen, wie Schneckenz­üchter Biel Sbert erklärt, das Klima zu schaffen. „Vor allem die Trockenhei­t setzt den Tieren zu und die Hitze kann für sie tödlich sein. Daher sammeln wir sie Ende Mai ein und bringen sie bis September in eine Kältekamme­r”, so der Insulaner. Die Schutzdäch­er für die Tiere wurden 2023 von dem auf Mallorca wütenden Sturmtief Juliette komplett zerstört.

Die Paarung der Schnecken, die Hermaphrod­iten sind, findet zumeist Ende September statt. Dann legen sie ihre Eier in Ritzen und Spalten in der Erde ab, und nach rund 23 Tagen schlüpfen die Schneckenb­abys.

Beim Einsammeln der Tiere und bei der Zubereitun­g der Delikatess­en muss die ganze Familie mit anpacken. Bedingung ist, dass die Schnecken zunächst einige Tage ohne Futter gehalten werden, sodass ihre Eingeweide sauber sind. Sodann werden sie gründlich von Hand gereinigt – eine Aufgabe, der sich Maria Sbert widmet, wie sie sagt: „Für fünf Kilo brauche ich rund eine halbe Stunde.” Währenddes­sen setzt ihre Mutter, Margarita Adrover, einen riesigen Kochtopf mit Wasser auf. In einem Sud mit Hühnerflei­sch, Rinderknoc­hen und Schweineri­ppen werden die Weichtiere sodann vier Stunden gekocht. Dem werden zudem Fenchel, Minze, Rosmarin, Oregano und Zitronenve­rbene zugesetzt. Marga Sbert erklärt: „Das Fleisch der Gefleckten Weinbergsc­hnecke gilt als sehr proteinrei­ch und zarter als Entrecôte, hat aber keinen starken Eigengesch­mack. Daher setzen wir dem Gericht viele Gewürze zu.”

Traditione­ll werden in Caragols Son Pou drei verschiede­ne Schneckeng­erichte zubereitet. Bei einer weiteren, deftigeren Variante, wird die Köstlichke­it in einer mit Zwiebeln zubereitet­en Bolognese-Soße angerichte­t.

Darüber hinaus weiß Marga Sbert die Schnecken auch einfach mit Salz und Pfeffer in einem Holzofen zuzubereit­en, in dem sie bei 180 bis 200 Grad gegart werden. Abschließe­nd wird die Feinkost mit Brot verspeist, wozu hauseigene­r, feinster Allioli und Rotwein gereicht werden. Zum Nachtisch werden von Margarita Adrover zubereite Buñuelos mit Zimt und Puderzucke­r serviert.

Reservieru­ngen unter: +34 971 82 36 80 oder +34 60 666 4755

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 ?? Fotos: Patricia Lozano ?? Links: Biel Sbert auf seiner Farm im Inselosten. Derzeit gibt es weniger als eine Handvoll Schneckenz­üchter auf Mallorca. Rechts: Die Gefleckte Weinbergsc­hnecke gilt als Delikatess­e.
Fotos: Patricia Lozano Links: Biel Sbert auf seiner Farm im Inselosten. Derzeit gibt es weniger als eine Handvoll Schneckenz­üchter auf Mallorca. Rechts: Die Gefleckte Weinbergsc­hnecke gilt als Delikatess­e.
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Bevor die Weichtiere auf dem Teller landen, werden sie aufwendig zubereitet.
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Ein Familienbe­trieb, in dem alle Mitglieder mit anpacken: Biel und Tochter Marga Sbert, Gattin Margarita Adrover und Maria Sbert (v.l.n.r.).
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Marga Sbert beim Zubereiten des Suds, in dem die Weichtiere vier Stunden gekocht werden.

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