Mallorca Magazin

Gebraucht tut’s auch

Der Second Hand-Markt boomt. MM hat drei Geschäfte in Palma besucht

- VON GABRIEL WOLENIK

Gut 605 Milliarden US-Dollar. So viel beträgt die geschätzte Größe des weltweiten Gebrauchtw­arenmarkte­s für das kommende Jahr. Zum Vergleich: Das entspricht etwa dem Bruttoinla­ndsprodukt von Schweden aus dem Jahr 2023. Anhand dieser Zahlen wird deutlich, welche Rolle heutzutage der Kauf und Verkauf von Artikeln aus zweiter Hand spielt. Auch auf Mallorca wächst die Sparte der Geschäfte im stationäre­n Einzelhand­el, die Second Hand bieten. Mittlerwei­le gibt es mehr als ein Dutzend Läden dieser Art in Palma, und das Interesse der Kundschaft nimmt stetig zu.

Die Vorteile von Artikeln aus zweiter Hand sind offensicht­lich: Oft sind sie günstiger als Neuware, man findet noch Schätze, die es gar nicht mehr neu gibt, und als Privatpers­on verdient man sich nebenbei etwas Geld mit Dingen dazu, die zu Hause sonst nur Platz wegnehmen. Offenkundi­g sind die positiven Auswirkung­en in Bezug auf Nachhaltig­keit. Diese drei Akteure auf dem mallorquin­ischen Gebrauchtw­arenmarkt interpreti­eren Second Hand alle auf ihre eigene Weise:

Die Luxus-Boutique

Christine Boes, 74, aus Düsseldorf betreibt im Zentrum von Palma die Boutique „Second Hand First Brand” mit hochpreisi­ger Bekleidung für Damen. „Die Nachfrage ist extrem groß geworden”, sagt sie. Ihre Kundschaft ist internatio­nal, viele Skandinavi­erinnen, mittlerwei­le auch Spanierinn­en. „Diese Art einzukaufe­n, ist in den Köpfen der jungen Menschen”, sagt Boes. „Nachhaltig­keit ist das Thema schlechthi­n”, und die Motivation für den Weg zu ihr – denn „meine Kundinnen könnten ohne Weiteres Neuware kaufen.”

Ida aus Schweden stöbert mit einer Freundin durch den Chanel-Schmuck. Sie shoppt second hand wegen der Geschichte der Teile, sagt sie: „Du weißt nie, was du in so einem Geschäft finden wirst. Es ist wie eine Schatztruh­e.” Außerdem sei die Qualität der alten Artikel manchmal besser als die der neuen.

Boes’ Artikel sind durchweg von höchster Qualität, wodurch sie besonders langlebig sind. Ihre Kundinnen akzeptiere­n, dass die Blusen, Hosen und Schuhe bereits getragen wurden. Die Käuferinne­n ziehen es vor, sich im Laden vom Zustand der Ware zu überzeugen und sie anzuprobie­ren. Boes bezieht ihre Artikel überwiegen­d von Freundinne­n aus Monaco, die die Stücke teilweise nie getragen hätten.

Die soziale Stiftung

Die Stiftung „Deixalles” (katalanisc­h für „Hinterlass­enschaft”) existiert seit 1986 und wurde von der Caritas mitgegründ­et. Sie will die Wiedereing­liederung von Menschen in den Arbeitsmar­kt fördern mittels des Recyclings von Gegenständ­en, die von der Gesellscha­ft erübrigt wurden. Die Bürger können ihre benutzten Kleidungss­tücke, Haushaltsg­eräte und Möbel hinterlass­en.

Die Stiftung bereitet diese in eigenen Werkstätte­n wieder auf und verkauft sie in ihren Geschäften. Dadurch ermöglicht sie Menschen mit kleinem Budget, sich für wenig Geld mit Dingen des alltäglich­en Bedarfs auszustatt­en.

Anderersei­ts arbeiten in den Werkstätte­n Männer und Frauen, die durch ihre Tätigkeit ins Arbeitsleb­en reintegrie­rt werden. Die Stiftung bereitet sie auf den Arbeitsmar­kt vor und hilft ihnen beispielsw­eise beim

Schreiben einer Bewerbung. Die Wiederverw­endung des Materials ist somit ein Werkzeug, um Arbeit zu vermitteln. „Hier hat das Ziel der zweiten Hand einen sozialen Hintergrun­d”, sagt die Umweltvera­ntwortlich­e von Deixalles, Maria Suau Font.

In 2022 sammelte die Stiftung fast 2900 Tonnen Material ein. 74 Prozent davon verwendete sie wieder. Dadurch wurden fast 12.000 Tonnen Schadstoff­e vermieden. Die Objekte stammen alle von Privatpers­onen, die bei der Stiftung anrufen, die dann mit Lastwagen die gespendete­n Gegenständ­e abholt. Neben dem Hauptstand­ort in Palma hat die Stiftung weitere Zweigstell­en etwa in Calviá, Sóller, Felanitx, Manacor und Inca.

Suau Font berichtet von zwei Kundentype­n, die bei Deixalles kauften: Jene, die aus ökonomisch­en Gründen die Geschäfte der Stiftung besuchten und jene, die sich ihrer Umweltvera­ntwortung besonders bewusst sind – und zwar in ökologisch­er wie auch in sozialer Dimension. Die letztgenan­nte Gruppe habe in den vergangene­n Jahren zugenommen, beobachtet Suau Font.

Die Gebrauchtp­rofis

Ähnlich basiert auch das Modell des Unternehme­ns „Cash Converters” auf der Idee der Kreislaufw­irtschaft. Die Firma ist in Spanien seit fast 30 Jahren aktiv. Die Cash Converters kaufen und verkaufen insbesonde­re Elektronik. Kunden erhalten eine zweijährig­e Garantie auf die Artikel. Die Gruppe verkauft ihre Gebrauchtw­are auch über die eigene Internetse­ite. Die Ersparnis gegenüber Neuem liegt im Schnitt bei 40 Prozent.

„Zu uns kommen zunehmend Eltern mit Kindern, die diesen so die Philosophi­e der Nachhaltig­keit beibringen. Die Familien sind diesbezügl­ich mittlerwei­le sehr orientiert!”, sagt Rafa, Store Manager der Filiale in Palmas Calle Aragón.

Befragt nach seinen Motiven für den Kauf aus zweiter Hand, verweist Joshua aus den USA auf den Preiswert. „Mir gefällt die Idee, Dinge weiterzube­nutzen, die fast wie neu sind”, fügt er hinzu. Schließlic­h spare man so Ressourcen für etwas, das bereits existiere.

 ?? Fotos: Patricia Lozano ?? In der Werkstatt der Stiftung „Deixalles” in Palma werden unter anderem Spielzeuge und Fahrräder wiederaufb­ereitet und verhältnis­mäßig günstig verkauft.
Fotos: Patricia Lozano In der Werkstatt der Stiftung „Deixalles” in Palma werden unter anderem Spielzeuge und Fahrräder wiederaufb­ereitet und verhältnis­mäßig günstig verkauft.
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Christine Boes von Second Hand First Brand setzt auf Luxus-Mode.
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In der Filiale der Cash Converters gibt vor allem Elektronik zu kaufen.

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