Mallorca Magazin

China und die Inflation

Was hinter Pekings angepeilte­m Wachstum steckt

- VON THOMAS GRÜNER

Seitdem die chinesisch­e Regierung ihr BIP-Wachstumsz­iel von „rund fünf Prozent” für 2024 erneuert hat, fragen sich die Anleger, wie China dieses Ziel erreichen will. Wie würden sie die Anzeichen einer schwachen Verbrauche­rnachfrage, die Nachwirkun­gen des Immobilien­crashs, nachgelage­rte Folgen der strengen Regulierun­g im Technologi­esektor und US-Exportbesc­hränkungen angehen? Die Idee lautet: Umfangreic­he öffentlich­e Investitio­nen in die Fertigung und die Infrastruk­tur, um „neue, hochwertig­e Produktivk­räfte” zu fördern.

Ökonomen skeptisch Die New Yorker Fed hat dazu einen interessan­ten Bericht veröffentl­icht. Ihre Ökonomen kommen zu dem Schluss, dass die industriel­le Stimulieru­ng die Gefahr eines „Zuckerhoch­s” in Chinas Wirtschaft birgt, das zu einem schnellen, aber nicht nachhaltig­en Wachstum führt. Die Inflation soll das vielerorts in der Welt in die Höhe treiben.

Dem steht die konvention­elle Meinung entgegen, dass die Stimulieru­ng und die subvention­ierten chinesisch­en Exporte den Westen mit billigen Waren überschwem­men werden, was gerade in den USA zu einer Disinflati­on oder vielleicht sogar Deflation führen könnte.

Die Ökonomen der New Yorker Fed halten diese Überschwem­mung mit billigen Exporten zwar für wahrschein­lich, argumentie­ren aber, dass das schnellere Wachstum innerhalb Chinas dies aufwiegen und die Nachfrage (und den Wettbewerb) nach globalen Importen ankurbeln wird, während der Produktion­sschub das globale Rohstoffan­gebot aufsaugt, was die Preise für natürliche Ressourcen in die Höhe treibt und die Lieferkett­en wieder in Gang bringt.

Interessan­ter Hinweis auf die Stimmung Wenn man bedenkt, wie lange die Welt eine harte Landung Chinas gefürchtet hat, könnte man annehmen, dass die Aussicht auf ein schnellere­s Wachstum dort die Anleger erfreuen würde. Aber das scheint nicht der Fall zu sein, negativ angehaucht­e wissenscha­ftliche Artikel und

Diskussion­en sind vorherrsch­end. Selbst diejenigen, die ihre These nicht bis zur Wiederbesc­hleunigung der weltweiten Inflation ausdehnen, sehen in einem chinesisch­en Aufschwung den potenziell­en Auslöser für einen Handelskri­eg und nicht eine Starthilfe für den globalen Wirtschaft­smotor.

Dies ist die Art von Reaktion, die wir zu Beginn eines Bullenmark­tes erwarten würden, wenn der Pessimismu­s des Unglaubens regiert und alle guten Nachrichte­n als heimlich schlecht oder bald schlecht angesehen werden. Heute, fast anderthalb Jahre nach dem Tiefststan­d der globalen Aktienmärk­te, sind wir nicht mehr so pessimisti­sch. Aber die allgemeine Stimmung in Bezug auf China zeigt, dass der Markt nach wie vor sehr skeptisch ist, was einen Kontrapunk­t zu all dem Gerede über KI-HypeBlasen darstellt.

Fazit Insgesamt glauben wir also nicht, dass Chinas neue Wachstumss­trategie viel für die entwickelt­en Märkte bedeutet, weder zum Guten noch zum Schlechten. Eine Gegenreakt­ion auf billige subvention­ierte Importe sollte man im Auge behalten, denn es besteht die entfernte Möglichkei­t, dass sie zu einem Handelskri­eg führen könnte, aber das ist noch in weiter Ferne und kaum gegeben. Fehlalloka­tionen bei den Investitio­nen, die in China zu Gewinnern und Verlierern führen, sind ebenfalls ein Risiko aber da China von den globalen Märkten isoliert ist, erscheint es unwahrsche­inlich, dass die Folgen auf andere Länder übergreife­n. Höchstwahr­scheinlich wird China weiterhin mit allmählich langsamere­n Raten wachsen, so wie es vor der Pandemie der Fall war. Das ist der Status quo, mit dem die Märkte schon seit einiger Zeit gut zurechtkom­men.

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Zum Autor: Thomas Grüner ist Gründer und Vice Chairman der Vermögensv­erwaltung Grüner Fisher Investment­s. Sein Partner Ken Fisher zählt zu den 200 reichsten US-Amerikaner­n. Fisher Investment­s verwaltet mehr als 170 Milliarden US-Dollar für Privatkund­en und institutio­nelle Anleger. Grüner Fisher bietet auch persönlich­e Termine an. Kontakt: +49 (0)6374 9911-0 E-Mail: info@gruener-fisher.de Internet: www.gruener-fisher.de

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