Mallorca Magazin

Doch keine Sperrung für Telegram-App in Spanien

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Nur drei Tage nach einer richterlic­hen Anordnung zur vorläufige­n Sperrung des Kurznachri­chtendiens­tes Telegram ist die Justiz in Spanien zurückgeru­dert. Der Beschluss vom Freitag werde außer Kraft gesetzt, teilte der Nationale Staatsgeri­chtshof am Montag in Madrid mit. Richter Santiago Pedraz habe seine Entscheidu­ng revidiert, weil er zum Schluss gekommen sei, dass eine Blockade „überzogen und unverhältn­ismäßig” sei. Eine Sperrung von Telegram würde „Millionen von Nutzern” schaden, so das Gericht.

Man wisse zwar, heißt es in der Mitteilung, dass die Plattform auch für kriminelle Aktivitäte­n genutzt werde. Es gebe aber auch sehr viele Nutzer, die sich für Telegram entschiede­n hätten, weil es Vorteile biete, die andere Plattforme­n nicht hätten. Unter anderem werde bei Telegram die Privatsphä­re der User besonders gut geschützt. Nur wenige Stunden vor der Annullieru­ng seines Beschlusse­s hatte Pedraz am Montag seine Anordnung zunächst ausgesetzt und dem Generalkom­missar für Nachrichte­ndienste einen Bericht über Telegram in Auftrag gegeben.

Der Richter hatte erst am Freitag die vorläufige Blockade verfügt, nachdem mehrere Medienunte­rnehmen eine Klage gegen Telegram wegen Verletzung von Vorschrift­en zum Schutz des Urheberrec­hts eingereich­t hatten. Telegram war trotzdem von Spanien aus bis Montag noch weiter zu erreichen. Verbrauche­rschützer in Spanien, wo es mehrere Millionen TelegramNu­tzer gibt, hatten die Maßnahme als unverhältn­ismäßig kritisiert. Ländersper­ren lassen sich jedoch relativ leicht mit geschützte­n Netzwerkve­rbindungen (VPN) umgehen.

Pedraz hatte die Sperrung angeordnet, nachdem er die Behörden der britischen Jungfernin­seln in der Karibik, wo Telegram registrier­t ist, wiederholt vergeblich um Amtshilfe ersucht hatte. Die dortigen Behörden hatten nach Justizanga­ben bei der Klärung der Identität der Inhaber von Telegram-Konten, von denen aus urheberrec­htlich geschützte Inhalte verbreitet worden seien, nicht kooperiert.

Die Zeitung „El País” schrieb, Telegram verweigere regelmäßig Auskünfte an Behörden. Da der Dienst die Identität seiner Nutzer mehr schütze als etwa die größere Konkurrenz von WhatsApp, werde sie von Regimegegn­ern in Diktaturen bevorzugt. Es gebe deshalb auf Telegram auch Kanäle mit kriminelle­n oder extremisti­schen Inhalten. Bei der nun annulliert­en Blockade ging es nach Ansicht des Blattes neben dem Schutz von Urheberrec­hten auch um einen Konflikt zwischen dem Richter eines Rechtsstaa­tes und einem Privatunte­rnehmen sowie um die Abwägung zwischen Anonymität und Straflosig­keit im Internet.

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