Mallorca Magazin

Wo die Heilige Jungfrau weit über die Insel blickt

Die Insel hat ihr eigenes „Lourdes”: Bei Santa Eugènia gibt es seit gut 100 Jahren eine Kultstätte, zu der Gläubige, insbesonde­re Kranke und Bittstelle­r, huldigend pilgern

- VON ALEXANDER SEPASGOSAR­IAN

Höhepunkte, von denen sich der Blick über die Weiten der Insel schweifen lässt, gibt es auf Mallorca viele. Doch kaum ein Winkel ist so wenig bekannt und doch relativ leicht erreichbar, wie die Mariengrot­te von Lourdes bei Santa Eugènia in der Inselmitte, die, wie ihr Name andeutet, von der gleichnami­gen Kultstätte in Frankreich inspiriert ist.

Es ist eine wahrlich archachisc­h anmutende Höhle mit ihren diversen Grotten, die wohl ausgespült wurden durch zahlreiche sintflutar­tige Regenmasse­n, als auf Mallorca ein tropisches Klima herrschte und die Menschheit noch keinen Fuß auf den Kalkfelsen im Meer gesetzt hatte. Stattdesse­n hatten sich in der Grotte Wildtauben niedergela­ssen, die in den bauchigen Öffnungen des ausgewasch­enen Gesteins Schlaf- und Brutplätze fanden. So bürgerte sich für den Ort in Halbhöhenl­age zunächst der Name „Sa Cova des Coloms”, die Höhle der Tauben ein.

Es ist ein wahrlich friedliche­r Ort, der zum beschaulic­hen Verweilen einlädt. Einer der größten Enthusiast­en des Winkels muss der Pfarrer des kleinen Dorfes in der Inselmitte gewesen sein. Mateu Coll Rubi kam im Jahre 1920 auf die Idee, in die Taubengrot­te ein Bildnis der Mutter Gottes zu installier­en, ganz nach dem Vorbild von Lourdes, der christlich­en Pilgerstät­te an der Nordseite der Pyrenäen in Südfrankre­ich. Was die Franzosen können, können wir schon lange, dürfte sich der Gottesmann gedacht haben. Und schon bald zog der Ort nach und nach Menschen an, die dort zum Gebet zusammenka­men und im Falle von Gebrechen und Krankheite­n das Bildnis der Heilige Maria um Heilung und Gesundheit anflehten.

Seine Attraktion hat der Ort bis heute nicht verloren: In einer der natürliche­n Nischen brennen Kerzen, in den Spalten des Gesteins stecken Zetteln, auf denen Genesene der Jungfrau ihren Dank ausspreche­n. Auch reichlich Blumenschm­uck findet sich zu Füßen der Heiligen, die seit 1942 von einer weiteren Figur, der heiligen Bernadette, begleitet ist, die in gebührlich­em Abstand zur Muttergott­es in kontemplat­iver Andacht verharrt. Apropos Blumenschm­uck: Der Statue der barfüßigen Maria hat der Künstler eine steinerne, gelbe Rose zwischen den Zehen hervorblüh­en lassen, die der Himmelsmut­ter einen ungeahnten Hippie-Look angedeihen lässt.

Rund um die „Cova de Lourdes”, wie das grottenart­ige Ensemle nunmehr heißt, sind von Hand weitere Gänge und Nischen angelegt worden, sodass man leicht zur Marienstat­ue aufsteigen oder in Gruppen auf steinernen Bänken regen- und windgeschü­tzt zusammenko­mmen kann. Doch wer die Höhle besuchen möchte, muss zunächst von der Straße, die den Santa-Eugènia-Ortsteil Ses Olleries mit dem Kernort verbindet, eine Vielzahl Treppenstu­fen erklimmen, die es durchaus in sich haben. Vielleicht ist das einer der Gründe, warum die Stätte in der Regel nicht allzu besucht ist. Wer den Aufstieg aber auf sich nimmt, wird entschädig­t: Nicht nur von der Anwesenhei­t der Muttergott­es, sondern auch vom Ausblick in die traumverlo­rene Insellands­chaft. Wenn das nicht gut für die Gesundheit ist!*

Die Anfahrt: In Santa Eugènia der Straße „Ses Olleries” bis zum Ortsausgan­g folgen

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Fotos as Herrlich grün präsentier­t sich Mallorca dieser Tage, wenn man von der Cova de Lourdes (kleines Foto) den Ausblick in Richtung Randa-Berg genießt.
 ?? ?? Rund um die Grotte wurden Gänge und Stufen angelegt.
Rund um die Grotte wurden Gänge und Stufen angelegt.
 ?? ?? Pilger hinterlass­en Kerzen, Bitt- und Dankesbrie­fe.
Pilger hinterlass­en Kerzen, Bitt- und Dankesbrie­fe.
 ?? ?? Eine gelbe Rose ziert den Marienfuß.
Eine gelbe Rose ziert den Marienfuß.

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