„Dies mag meine letzte Ausstellung sein”
„Only the Best”: Unter diesem Titel stellt Nils Burwitz in der Galerie Sa Tafona in Deià bis 22. April Werke aus verschiedenen Schaffensperioden aus. Jedes Bild hat seine besondere Geschichte
Es gibt wenige Deutsche, die so sehr in die mallorquinische Gesellschaft integriert sind wie der Künstler Nils Burwitz. Man könnte dafür vieles vorbringen. Zum Beispiel die Einbindung in seine Wahlheimat Valldemossa, wo er sich nach fast zwei Jahrzehnten Südafrika mit seiner Familie 1976 niedergelassen hat, ebenso den Umstand, dass er katalanisch und spanisch spricht, auch zahlreiche Ehrungen oder seine außergewöhnlich vielen Bleiglasfenster, die unter anderem in Mallorcas ältester Kirche Santa Eulalia in Palma, in Mallorcas Kathedrale, der Basilika von Lluc und in der Kartause zu sehen sind.
Malerei und Drucke von Burwitz kann man bis Montag, 22. April, täglich von 11 bis 21 Uhr in der Galerie Sa Tafona in Deià sehen, die sich im Belmond Hotel La Residencia befindet. Es ist seine vierte Schau dort, und der 83-jährige Künstler merkt an: „Dies mag wohl meine letzte Ausstellung sein.”
„Only the Best” ist die Schau überschrieben. „Es ist zwar ein kleiner Saal, aber jedes Stück hat etwas Besonderes und eine besondere Geschichte”, sagt Burwitz. Die vielleicht existenziellste Geschichte ist in zwei Werken enthalten. Das Ölgemälde „Zauberstab” (2007) geht auf ein Erlebnis kurz nach Kriegsende zurück.
Nicht alle Exponate der Ausstellung in der Galerie Sa Tafona sind erwerbbar
Burwitz war damals vier Jahre alt. In seiner Heimatstadt Swinemünde, heute Swinoujscie, lag an der Kaimauer ein Kahn, auf dem deutsche Kriegsgefangene unter der Aufsicht eines Sowjetsoldaten Kohle schippten. Der kleine Nils sprang von der Kaimauer auf den Kahn, vom Kahn auf die Kaimauer und wieder zurück. Noch heute hat Burwitz im Ohr, wie der Soldat „Dawai” rief. Der Junge sprang, doch die Barke war etwas abgetrieben. Er knallte an die Mauer, fiel ins Wasser und sank. In der immer dunkler werdenden Tiefe sah er noch, wie sich eine lange Stange in das Dunkel senkte. Er schaffte es, sich an den Staken zu klammern, und wurde aus dem Wasser gezogen.
Auf die Thematik stieß er wieder, als er um die Jahrtausendwende ein Kirchenfenster für die Kartause von Valldemossa gestaltete. Der Entwurf zeigt die Heilige Catalina Tomàs, die 1531 in Valldemossa geboren wurde. Der Legende nach war sie bei Dunkelheit auf ihrer Rückkehr ins Dorf einen Abhang heruntergestürzt. Nach inbrünstigem Gebet erschien ihr der heilige Bruno, der Gründer des Kartäuserordens. Er senkte seinen Bischofsstab den Abhang hinunter und zog sie auf den sicheren Weg hoch.
Fenster für die Kirche der Kartause zu machen, hatte Burwitz den Bewohnern Valldemossas 1992 am Ende seiner Rede zum Auftakt des Festes der Santa Catalina Tomàs versprochen. Die damalige Kulturdezernentin und heutige EU-Parlamentarierin, Rosa Estaràs, hatte den Künstler gebeten, sie zu halten. Warum er dieses Motiv für das Fenster gewählt hatte, begündet Burwitz so: „Es bezieht sich ganz persönlich auf mich und auch auf jeden anderen, der aus dem Dreck gezogen wird.”
Ob die zauberhaften Bilder von Mallorcas Buchten, das freche Zitat von Michelangelos „Erschaffung Adams” in dem knallgrünen Gemälde „Fulguration”, gemeint sind Entwicklungssprünge, in dem Schöpfung und Zerstörung enthalten sind, Motive wie die Umarmung und die „Hoffnungsleiter”: wer sich den Exponaten öffnet, dem wird der kleine Saal recht groß.
Nicht alle Exponate der Schau sind verkäuflich. Einige sind Teil der Sammlung der Stiftung Nils
Burwitz. Etwa das Aquarell zum 100. Geburtstag von Robert Graves. Als der Künstler 14 war und noch in Pirmasens lebte, schenkte ihm seine Mutter Graves historischen Roman „Ich, Claudius, Kaiser und Gott”. Damals konnte er nicht ahnen, dass er den Autor 22 Jahre später persönlich kennenlernen und mit zwei seiner Söhne bei Projekten zusammenarbeiten würde.
Einige dieser Geschichten finden sich in der geschlossenen Serie „Marias Terrassen”, Aquarelle mit Briefen an Burwitz’ 2019 verstorbene Frau, von denen zwei Werke ebenfalls in Sa Tafona ausgestellt sind. Der Kunstband „Marinas Terrassen“mit einer Auswahl von 100 Bildern aus der Sammlung liegt in der Galerie zur Betrachtung aus und kann erworben werden
Die mehr als 300 Originale, die Burwitz in über 40 Jahren stets vom selben Standpunkt aus gemalt hat, sind dagegen unverkäuflich: Sie sollen zusammenbleiben. „Das war damals eine trotzige Haltung gegenüber der Galerien-Welt. Das Leckerste könnt ihr nicht kaufen!”, erklärt der Künstler verschmitzt, dessen Werke sich unter anderem in Sammlungen wie der Albertina in Wien, dem Albertinum in Dresden, dem Museum Ludwig in Köln, der Library of Congress in Washington, dem Museum of Modern Art in Tokio, dem British Museum und dem Victoria & Albert Museum in London befinden. Der Künstler, dem nicht der reine Kommerz des Marktes, sondern die „L’art pour l’homme”, die Kunst für den Menschen´, zum Leitmotiv geworden ist.