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Neues Album «4:44»: Warum Jay-Z kein Ablaufdatum hat
Jay-Z, « 4:44 », Roc Nation.
RAP. Dem eine Milliarde schweren Hip-Hop-Mogul Jay-Z kann man durchaus einen Mangel an künstlerischer Inspiration und einen Überschuss an Geschäftssinn unterstellen. So erscheint sein neues Album «4:44» nur auf seiner eigenen Streaming-Plattform Tidal. Mit der nicht minder erfolgreichen Beyoncé an seiner Seite scheint das Carter-Knowles- Imperium fast unantastbar.
Umso mehr erstaunt es, dass sich Jay-Z auf «4:44» von seiner verletzlichen Seite zeigt – behaftet mit Reue, Scham und Demut. «Family Feud» etwa bezieht sich auf seine Affäre, die Beyoncé selbst auf ihrem Erfolgsalbum «Lemonade» erstmals ausschlachtete. Schon auf dem Opener «Kill Jay-Z» rechnet er mit seinem Ego ab und reflektiert über Unehrlichkeit und Verantwor- tung. Der Reichtum wird zwar stets thematisiert, aber nicht glorifiziert. Vielmehr wird er als gesellschaftliche Botschaft verpackt, etwa in «Moonlight» oder «The Story of O.J.», die beide die Polemik rund um die afroamerikanische Identität behandeln. Der Klischeesatz des «bisher ehrlichsten Albums» dürfte für einmal wirklich zutreffen. «4:44» ist ausserdem kein musikalisches Feuerwerk mit reisserischen Clubhits. Das Klangbild zeichnet sich eher aus durch ausgewählte Soul-Samples von Künstlern wie Nina Simone und Donny Hathaway, die alle vom alleinigen Produzenten No I.D. solide verarbeitet wurden. Mit nur zehn Songs und 36 Minuten Spielzeit reduziert sich «4:44» auf das Wesentliche und der 47-jährige Jay-Z legitimiert sich wieder einmal selber, indem er auf Weisheit statt Protzerei setzt.