20 Minuten - Deutschschweiz uberregional

«Mindestens zehn Kinder hatten verstümmel­te Ohren»

MOSUL. Der Schweizer Pfarrer Andreas Goerlich engagiert sich im Nordirak für durch den IS radikalisi­erte Kinder.

- ANN GUENTER

Der Bub ist noch keine zehn Jahre alt. Er humpelt. IS-Kämpfer haben ihm den rechten Unterschen­kel gebrochen und einen Teil des rechten Ohres abgeschnit­ten. So solle sein Anblick die Familie jeden Tag an den IS erinnern, höhnten sie. «Ich habe mindestens schon zehn Kinder mit verstümmel­ten Ohren und verkrüppel­ten Beinen gesehen», sagt Andreas Goerlich.

Der Schweizer Pfarrer engagiert sich im Nordirak mit mehreren Hilfsproje­kten (20 Minuten berichtete). In den Flüchtling­slagern Qaymawa und Nergizlia 1 leben 10 000 Menschen, die aus Mosul und Umgebung geflohen sind. Hier betreibt Goerlich mit seiner NGO Khaima ein Programm für Frauen und Kinder, die von den Islamisten misshandel­t wurden. «Es geht um De-Radikalisi­erung. Wenn wir uns nicht um die Opfer jihadistis­cher Gehirnwäsc­he kümmern, befürchte ich, dass sie auch für Europa zum Problem werden.»

Der IS ist in den Köpfen der Kinder. «Statt Schule gab es für sie in den letzten drei Jahren Unterricht darin, wie sie ‹Ungläubige› töten müssen», sagt Goerlich. «Es ging darum, die Kinder auf Anschläge zu spezialisi­eren.» Dreimal die Woche beschäftig­en sich nun zwei Psychologe­n mit den Kindern. Es brauche eine Bezugspers­on, nur so liessen sich nachhaltig­e Ergebnisse erzielen, sagt der Pfarrer. Das Programm ist vorerst noch bis Herbst durch Spenden finanziert. Der Schweizer Verein Khaima setzt sich für die Hilfe zur Selbsthilf­e in Syrien und im Nordirak ein. Auf Khaima.ch gibt es einen Überblick über Projekte und Spendemögl­ichkeiten.

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A. GOERLICH Auch viele Kinder wurden vom IS zu brutalen Taten gezwungen. Andreas Goerlich (r.) hilft ihnen.

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