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«Das komplette Schelfeis könnte instabil werden»
BREMERHAVEN. Ein Eisberg, so gross wie der Kanton Bern, hat sich vom Larsen-C-Schelfeis gelöst. Was mit dem Giganten passiert, ist schwer zu sagen.
Was geschieht mit dem Eisberg?
Er wird driften. Wie weit, hängt laut Thomas Rackow vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) auch von der Beschaffenheit des Meeresgrundes ab: «Er könnte ganz erhalten bleiben oder in kleinere Stücke zerfallen.» Im ersten Fall dürfte er etwa ein Jahr entlang der Antarktischen Halbinsel treiben und dann Kurs in Richtung SüdSandwichinseln nehmen und zunehmend schmelzen.
Was, wenn er zerbricht?
Wegen seiner länglichen Form geht Polarforscher Konrad Steffen von der Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft der ETH Zürich davon aus, dass es so kommen wird. Dennoch könne er in Einzelteilen zwei bis vier Jahre überdauern, bis er vollständig geschmolzen ist.
Was passiert mit dem verbleibenden Larsen-C-Schelfeis?
Experten befürchten, es «könnte instabil werden»: «Die Eisplatte steht unter Spannung. Bricht an einer Schlüsselstelle ein Stück ab, können sich – wie bei Sicherheitsglas – in weiteren Teilen Risse bilden», sagt Glaziologin Daniela Jansen vom AWI. Dies könnte zum kompletten Zusammenbruch des Schelfeises führen.
Was hätte das für Konsequenzen?
Der Zerfall würde indirekt zu einem Anstieg des Meeresspiegels führen: Weil dann das Schelfeis fehlt, das normalerweise eine Barriere bildet, könnten die landeinwärts ins Meer mündenden Gletscher schneller abfliessen. Sollte das eintreffen, könnte der weltweite Meeresspiegel bis zu zehn Zentimeter ansteigen.
Welche Rolle spielte der Klimawandel beim jüngsten Abbruch?
Das Kalben – das Abbrechen von Eisbergen vom Schelfeis – ist nichts Besonderes. Es passiert regelmässig. Doch möglicherweise habe der Klimawandel diesen Prozess beschleunigt, meinen die AWI-Forscher.