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«Köpfe abreissen»: Erdogan befeuert Spaltung der Türkei
ISTANBUL. An Schlaf war für den türkischen Präsidenten am Wochenende nicht zu denken. Gleich drei Ansprachen hielt er vor dem Volk. Der Ton war unversöhnlich.
Jede einzelne der martialischen Reden Recep Tayyip Erdogans in Istanbul und Ankara war geprägt von einer Unversöhnlichkeit, die deutlich machte: Wer ein Jahr nach dem Putschversuch vom 15. Juli auf ruhigere Zeiten für die Türkei hoffte, der hat sich geirrt. Der türkische Präsident liess keinen Zweifel daran, dass die von ihm so genannten Säuberungen mit womöglich noch grösserer Härte fortgeführt werden. Er wisse, wer hinter Terrororganisationen wie der Gülen-Bewegung, der kurdischen Arbeiterpartei PKK und der Terrormiliz IS stehe, sagte der Staatschef: «Diesen Verrätern werden wir zuerst die Köpfe abreissen.» Im gleichen Atemzug erneuerte der Präsident sein Plädoyer für eine Wiedereinführung der Todesstrafe, die er seit dem Putschversuch immer wieder zum Thema gemacht hatte.
Die Reden zeigten deutlich, dass Erdogan «die Polarisierung im Land weiter befeuern will» und einen Schritt in Richtung seiner Gegner nicht einmal in Erwägung ziehe, sagt Michael Sahlin vom Institut für Türkei-Studien an der Universität Stockholm dem «Svenska Dagbladet». Die harte Linie kann aber auch als Unsicherheit gewertet werden. Erdogan geniesse zwar Rückhalt in der Bevölkerung, «Kreise verschiedenster Art wollen ihn aber nicht als Präsidenten», sagt Sahlin. Mit seinem autokratischen Stil halte er seine Anhänger bei der Stange.