«IV-Betrug ist sicher kein Menschenrecht»
BERN. Die IV kann vorerst keine Detektive mehr auf verdächtige Bezüger ansetzen – trotz Erfolgen.
Laut dem Bundesgericht gibt es keine genügende gesetzliche Grundlage für die verdeckte Überwachung von IV-Bezügern. Das geht aus einem gestern veröffentlichten Entscheid hervor. Die Richter lehnen sich dabei an ein ähnliches Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Strassburg an.
Die IV-Stellen haben bereits reagiert und stoppen den Einsatz von Detektiven. Das hat Folgen: Im vergangenen Jahr halfen Observationen, 180 Missbrauchsfälle aufzuklären. Insgesamt flogen 650 IV-Bezüger auf. Damit wurden hochgerechnet 178 Millionen Franken eingespart – bei einem Aufwand von 8 Millionen.
Gemäss Ralf Kocher vom Bundesamt für Sozialversicherungen sind Observationen ein wichtiges Puzzle-Teil im Kampf gegen Missbrauch. Die IV-Stellen hoffen denn auch, dass die bereits geplante Gesetzesgrundlage für Observationen bald in Kraft treten kann (siehe Interview).
Das verlangt SVP-Natio- nalrat Thomas de Courten. Er versteht das Urteil nicht: «IVBetrug ist sicher kein Menschenrecht.» Solange eine Person vom Staat unterstützt werde, müsse dieser überprüfen können, ob Missbrauch betrieben werde oder nicht. Ansonsten kämen all jene unter Generalverdacht, «die einen echten Anspruch haben». Auch SPVizepräsidentin Barbara Gysi sagt, sie unterstütze «den massvollen Einsatz von Detektiven». Sie geht aber davon aus, dass diese frühestens im Frühjahr 2018 wieder eingesetzt werden können. «Es ist richtig, dass die Observationen gestoppt werden, solange die Rechtsgrundlage unzureichend ist.»