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Arbeiten wir bald ohne Chefs?

ZÜRICH. Swisscom will die klassische­n Chefs aus der Hierarchie streichen. Ein Experte sagt, was das den Angestellt­en bringt.

- PASCAL MICHEL

Die Angestellt­en der SwisscomAb­teilung Softwarent­wicklung programmie­ren ohne klassische Chefs, seit der Telecomrie­se die Abteilung umgebaut hat. Demnach werden klassische Führungsau­fgaben wie Meetings leiten oder Personal rekrutiere­n auf verschiede­ne Mitarbeite­nde verteilt. Laut «Blick» will die Swisscom bis in zehn Jahren die Hälfte ihrer 18 000 Angestellt­en nach dem Grundsatz der «agilen Organisati­on» führen.

Noch weiter geht das Modell der Holokratie, das laut Sprecherin Sabrina Hubacher bei der Swisscom in der Personalab­teilung bereits umgesetzt ist: Abteilunge­n werden dabei in sogenannte­n Kreisen organisier­t. Innerhalb des Kreises können die Angestellt­en gleichbere­chtigt entscheide­n. Einen direkten Chef gibt es zwar nicht mehr, doch jeder Kreis muss dem ihm übergeordn­eten Kreis über seine Arbeit Rechenscha­ft ablegen.

Personal-Experte Matthias Mölleney begrüsst es, dass mit Swisscom ein gewichtige­r Arbeitgebe­r auf neue Arbeitsfor­men setzt und sich darüber Gedanken macht, wie man in der digitalen Arbeitswel­t Talente anlocken kann. Ein Vorteil des holokratis­chen Modells sei, dass die Angestellt­en mehr mitbestimm­en könnten. Im Gegenzug fordere es aber viel Disziplin und Eigenständ­igkeit und entspreche nicht jedem Angestellt­en. Er glaubt deshalb, dass nur eine Minderheit der Firmen, etwa Werbeagent­uren und IT-Firmen, dieses Modell wählen werden. «Auf dem Bau oder im Detailhand­el, also bei Tätigkeite­n mit starren Abläufen, wird es weiterhin traditione­lle Hierarchie­n brauchen», sagt Mölleney.

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