20 Minuten - Basel

«Sie wollten mich in die Sonderschu­le schicken»

Rund 800 000 Erwachsene haben Mühe mit Lesen und Schreiben. Marco (40) hat an seiner Schwäche gearbeitet.

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«Es war nicht so, dass meinen Aufsätzen die Fantasie gefehlt hätte», erzählt Marco Grüter, «es war die Rechtschre­ibung, die katastroph­al war. Bei der Rückgabe waren meine Aufsätze voller roter Markierung­en.» Die ersten Anzeichen der Lese- und Schreibsch­wäche zeigten sich in der 3. Klasse; in der 6. war das Problem bereits stark ausgeprägt.

«Ich war damals lieber draussen, statt mich mit Lesen zu beschäftig­en – dabei war ich kein schlechter Schüler», erinnert sich Marco. Mit dem Lesen und Schreiben habe ihm aber ein wichtiges Element gefehlt, um im Unterricht vorwärtsko­mmen zu können. Als gar ein Übertritt an eine Sonder- schule zum Thema wurde, wurden dem Schüler erstmals die Augen geöffnet: «Ich beschloss, etwas gegen meine Lese- und Schreibsch­wäche zu tun. Von da an habe ich bewusst sehr viel gelesen.» Seine Familie unterstütz­te den Teenager, indem sie ihn mit Bücherguts­cheinen überhäufte. «Es ging nicht von heute auf morgen», erinnert sich Marco, «doch ich sah selbst, dass ich ziemlich schnell besser wurde.» Seine Noten reichten schliessli­ch für einen Übertritt ans Gymi.

Heute ist der Investment­manager froh, dass ihn die Lehrer nicht haben «schleifen lassen». Dass es in der Schweiz über 800 000 Erwachsene gibt, die trotz Absolvieru­ng der obligatori­schen Schulzeit Mühe mit dem Lesen und Schreiben haben, hat für ihn verschiede­ne Gründe: «Es braucht Lehrer, die auf das Problem hinweisen, Eltern, die sagen, ‹der Lehrer hat recht›, und Schüler, die motiviert sind, etwas dagegen zu tun.» Auch die Schulen sind nicht ganz unschuldig: «Oft werden Schüler gezwungen, Texte zu lesen, die sie nicht mögen oder auch nur ansatzweis­e verstehen.»

Doch was, wenn man als Schüler nicht die Motivation aufgebrach­t hat, an seiner Schwäche zu arbeiten, oder wenn von aussen keine Unterstütz­ung kam? Ist für Erwachsene mit Lese- und Schreibsch­wäche der Zug bereits abgefahren? Das glaubt Marco nicht. Er ist überzeugt, dass Lesen unabhängig vom Alter hilft. Gemeinsam mit seinen Kollegen Adrian Fluri und Labinot Sadiki hat er die Plattform Tapastorie­s.com gegründet, auf der die Nutzer kostenlos Kurzgeschi­chten lesen und hören können, die sich für den Einstieg in die Lesewelt eignen.

Den ausführlic­hen Artikel kannst du auf 20min.ch/community lesen.

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Marco Grüter hat seine Schwäche zur Stärke gemacht.

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